Deutliche Worte sind es, die Thomas Pretzl vom bayerischen Manching aus Richtung Berlin entsendet. Pretzl ist Chef des Gesamtbetriebsrats von Airbus Defence – und Kraft seines Amtes unzufrieden mit dem, was die Bundesregierung rüstungstechnisch erreicht hat, seit Kanzler Scholz im Parlament vollmundig eine "Zeitenwende" ankündigte. Schließlich soll auch Airbus einen Teil von dem "Sondervermögen" abbekommen, das die Regierung vergangenes Jahr im Angesicht des russischen Angriffs auf die Ukraine beschloss, und das der Stärkung der Bundeswehr zugutekommen soll.

Was kommt nach "Quadriga"?
Ausdrücklich geht es Pretzl um die Zukunft des Eurofighter. Dessen neueste Version Tranche 4 befindet sich aktuell im Bau. Die damalige Regierung Merkel unterschrieb im November 2020 im Rahmen des Projekts "Quadriga" für 38 neue Maschinen dieser Ausführung. Die Tranche 4-Eurofighter erhalten ein AESA-Radar von Hensoldt, zukunftssichere Hard- und Software sowie erweiterte Mehrzweck-Fähigkeiten zur Bekämpfung von Luft- und Bodenzielen. Sie sollen ab 2025 an die Luftwaffe ausgeliefert werden. Die Übergabe des letzten "Quadriga"-Eurofighter ist für 2030 geplant. Für Airbus heißt das, dass spätestens ab dann schon die nächste Tranche in der Mache sein muss, will man die Fertigung des Eurofighter in Deutschland weiter aufrechterhalten. Betriebsratschef Pretzl nimmt Kanzler Scholz und seine Kabinettskollegen deshalb in die Pflicht: "Die Bundesregierung der 100 Milliarden Euro" dürfe ihre Amtsperiode nicht beenden, "ohne dass die Tranche 5 unter Dach und Fach ist", sagte Pretzl am Montag laut der Nachrichtenagentur dpa bei einer Betriebsversammlung in Manching.

Brücke zu FCAS
Airbus Defence erwarte dringend den Startschuss für den Zukunfts-Eurofighter, der schreibt die dpa weiter. Dessen Entwicklung, Bau und Wartung stelle zwischen den heutigen Eurofighter-Modellen und dem gemeinsam mit Frankreich und Spanien geplanten FCAS, einem Kampfjet der sechsten Generation, eine unverzichtbare Brücke dar – technologisch wie wirtschaftlich. Pretzl merkte an, dass im März die Planung des Bundeshaushalts für das kommende Jahr beginne. Somit sei mit zeitnahen Entscheidungen für die Finanzierung künftiger Rüstungsprojekte zu rechnen.
F-35-Wartung in Manching?
Der Betriebsratsvorsitzende forderte außerdem, dass Airbus Defence künftig in die Wartung der Lockheed Martin F-35A involviert werde, von denen die Luftwaffe ab 2026 insgesamt 35 Stück als Ersatz für den Panavia Tornado erhält. Damit am Standort Manching keine Arbeitsplätze wegfielen, müssten die Stealth-Jets der Luftwaffe dort gewartet werden, unterstrich Pretzl. Airbus will 2023 in Deutschland 3.500 neue Arbeitskräfte einstellen, 600 davon in Manching. Dort soll sich ein Team von Ingenieuren künftig auch mit der interaktiven Kommunikation zwischen dem Eurofighter und der F-35A befassen.