Für Saab-Marketingchef Per Alriksson ist der Fall bereits klar: Im Wettbewerb mit der Konkurrenz um Kanadas neuen Standard-Kampfjet sieht er das hauseigene Produkt, die Gripen E, deutlich im Vorteil: Schließlich sei die Gripen speziell für den Einsatz unter arktischen Bedingungen entwickelt worden – und deshalb der perfekte Fighter für die Nordamerikaner: „Wir haben in Schweden Luftwaffenbasen im äußersten Norden, und unsere Flugzeuge sind dort täglich im Einsatz. In die Gripen ist von Haus aus arktische DNA eingebaut.“
Fertigung in Kanada möglich
Um den Kanadiern den schwedischen Jet noch ein Stück schmackhafter zu machen, hat Saab nun angekündigt, man könne sich auch einen Lizenzbau der Gripen E in Kanada vorstellen. Dies berichtet das kanadische Nachrichtenportal National Post, das den Vizechef von Saab Canada, Patrick Palmer, entsprechend zitiert: „Wir denken, dass dies für Kanada ein sinnvolles Modell ist.“ Sollte die kanadische Regierung es wünschen, sei es ohne weiteres möglich, die benötigten Flugzeuge im Inland zu produzieren. Als vergleichbares Beispiel führt Saab in dem Zusammenhang Brasilien an. Die Südamerikaner hatten 2015 bei Saab zunächst 28 Gripen E und acht Doppelsitzer Gripen F geordert, von denen 15 komplett und 21 teilweise bei Embraer gefertigt werden sollen. Kanadas liberale Regierung hatte bereits verlauten lassen, dass Vorteile für die einheimische Industrie bei der Vergabe des Zuschlags eine wichtige Rolle spielen würden.
88 Flugzeuge bis 2032
Der Auftrag, der in Kanada winkt, geht über die brasilianischen Dimensionen allerdings hinaus: Insgesamt hat die kanadische Luftwaffe einen Bedarf von 88 neuen Fightern angemeldet. 19 Milliarden US-Dollar (17 Milliarden Euro) will sich das Land in Amerikas Norden laut National Post die Modernisierung seiner Fighter-Flotte kosten lassen. Die ersten Flugzeuge sollen zwischen 2025 und 2026 ausgeliefert werden. Spätestens 2032 möchte man alle 88 Maschinen einsatzbereit haben – steht dann doch die planmäßige Ausmusterung der CF-18 an.
Neben Saab bewerben sich aktuell drei weitere Flugzeughersteller um den lukrativen Deal: Boeing schickt die F/A-18 E/F Super Hornet ins Rennen, wogegen Lockheed Martin seinen 5th-Generation-Bestseller F-35A anpreist. Auch der Eurofighter Typhoon ist noch unter den Kandidaten, wogegen Dassault sich mit seiner Rafale bereits Ende 2018 aus dem Wettbewerb zurückgzog. Als Vertreter der nächsten Hornet-Generation wäre die F/A-18 E der wohl logischste Nachfolger für die CF-18, allerdings werden auch der F-35 realistische Chancen eingeräumt. Immerhin gilt Kanada bereits als Partnerland bei der Entwicklung der „Lightning II“ – und die kanadische Luftwaffe selbst liebäugelt offenbar besonders mit dem Stealth-Fighter.
Saab sieht Gripen E im Vorteil
Die Gripen E ist unter allen vier Kandidaten das neueste Flugzeug – die ersten Serienmaschinen für die schwedische Luftwaffe werden erst im Laufe dieses Jahres einsatzreif sein, wogegen die F-35A im Irak bereits ihre Feuertaufe erhalten hat. Saab-Mann Alriksson jedenfalls ist sicher, dass Schwedens Vorzeige-Fighter perfekt zu den Anforderungen der Kanadier passt: „Die Gripen E kann auf ablegegenen Flugplätzen operieren und benötigt dafür weniger als 800 Meter Start- und Landebahn. Sie ist in zehn Minuten betankt und aufmunitioniert. Das sind ideale Voraussetzungen für den Einsatz von verstreuten Standorten, wie man sie in Kanada vorfindet.“
Noch bis Mitte Juli haben die Mitbewerber Zeit, ihre offiziellen Vorschläge bei der kanadischen Regierung einzureichen. Eine Entscheidung wird Ende 2021 erwartet.