Bevor die USS „Nimitz“ eine 17-monatige Überholungsphase beginnt, stand für den ältesten aktiven Flugzeugträger der US Navy noch eine wichtige Fahrt auf dem Plan. Anfang November diente die CVN 68 als Plattform für die erste Testphase der Lockheed Martin F-35C auf See. Der Beginn des DT-I-Programms (Developmental Test I) hatte sich wegen diverser technischer Probleme immer wieder verzögert, und es war unklar, ob wirklich beide für die Versuche vorgesehenen Prototypen bereit stehen würden.
Ende Oktober machten sich dann die CF-03 und die CF-05 der Air Test and Evaluation Squadron 23 (VX-23) von Patuxent River in Maryland auf den Weg an die Westküste. Nach einer Zwischenstation beim Herstellerwerk in Fort Worth flogen sie am 3. November 2014 von der Marine-Corps-Basis Yuma in Arizona zur „Nimitz“, die vor der südkalifornischen Küste kreuzte. Commander Tony Wilson war es schließlich vorbehalten, um 12:18 Uhr mit der CF-03 die historische erste Landung einer F-35C auf einem Flugzeugträger zu machen. Die CF-05 mit Lt. Commander Ted Dyckman im Cockpit folgte eine Stunde später.
Schon bei den ersten Anflügen mit Durchstarten und bei der Landung lagen die Lightning II absolut stabil in der Luft und trafen genau den besten Aufsetzpunkt, bei dem der Fanghaken das dritte von vier Fangseilen erwischt. Für die Piloten war das laut Commander Wilson kein Problem, aber die ständig arbeitenden Landeklappen, Quer- und Höhenruder zeigten schon, dass die Flugsteuersoftware der F-35C einiges zu tun hatte, um den Fighter perfekt auf dem Gleitpfad zu halten.
„Die Ingenieure, die für die Programmierung der Flugsteuerregelung zuständig sind, haben einen phänomenalen Job gemacht“, lobte Wilson. „Die F-35C bot im Endanflug ein narrensicheres Verhalten.“ Vor allem erwähnte Wilson die Integrated Direct Lift Control (IDLC), die „eine Gleitwegkontrolle wie bei keinem anderen Flugzeug ermöglicht. Auch unterdurchschnittliche Piloten können nun in der ‚Top-Hook-Rangliste‘ konkurrieren.“ IDLC ist Teil des „Delta Flight Path“ genannten Flugsteuermodus der F-35. Statt wie bisher den Gleitpfad bei fester Klappenstellung mit dem Gashebel zu korrigieren, arbeitet die F-35C mit automatischer Schubregelung und nutzt die nominell auf 15 Grad gestellten Klappen für die Kontrolle.
Nach den ersten Landungen hatten die vier am DT I beteiligten Testpiloten „so viel Vertrauen in das Flugzeug, dass wir die Wetterminima auf die für den normalen Betrieb herabsetzten“, sagte Lt. Cmdr. Ted Dyckman. Sehr zufrieden zeigte sich die Testmannschaft auch mit einem alten Sorgenkind: Der Fanghaken, der bei ersten Tests an Land überhaupt nicht richtig funktioniert hatte, machte nach einer Umkonstruktion keine Probleme mehr. Er liegt ungünstig nahe am Hauptfahrwerk und benötigte deshalb einen stärkeren Dämpfer, der ihn besser aufs Deck drückt. Die Form des Hakens selbst ist nun spitzer.
Die Landungen am 3. November 2014 waren der Auftakt für ein umfangreiches Testprogramm. Nachdem eine kleine Panne mit der Instrumentierung behoben war, folgten am 4. November die ersten Katapultstarts. In den folgenden Tagen wurden weitere Landungen und Starts von allen vier Katapulten aus durchgeführt. Schrittweise änderte man die Parameter, um das Verhalten der F-35C bei verschiedenen Bedingungen zu testen. Zunächst wurde die Lightning II zum Beispiel mit einer Überschussgeschwindigkeit von 45 km/h katapultiert, was man dann auf 28 km/h reduzierte. Beim Start wird der Pilot durch ein automatisches Programm unterstützt, das die F-35 korrekt in der Steigflug bringt, ohne dass er die Hand am Steuerstick hat.
Neben den fliegerischen Versuchen wurde natürlich auch das Manövrieren an Deck untersucht. Dabei zeigte die F-35 ihren sehr engen Wenderadius. Schleppen und Anketten der Flugzeuge stellten die Mannschaft der „Nimitz“ offenbar vor keine Probleme. Auch Wartungsverfahren im Hangar unter Deck wurden geübt. Dazu war eine Prototypversion des ALIS-Computersystems mit an Bord. Zwei im Hangar installierte Container dienten der Testmannschaft zur Planung und Auswertung der Versuche.





Komplettes Programm wurde abgewickelt





Insgesamt kam man dabei schneller voran als gedacht. So blieb innerhalb der vorsichtig auf zwei Wochen terminierten Fahrt der „Nimitz“ auch noch Zeit, einmal den Betrieb bei Nacht durchzuspielen, was sonst immer erst beim zweiten Trägertest auf dem Plan steht. Am 13. November flog Lt. Cmdr. Dyckman mit der CF-03 ab 18 Uhr einige Touch-and-Go-Manöver, bevor er um 18:40 Uhr die erste Nachtlandung machte. Als die beiden F-35C am 14. November die CVN 68 wieder verließen, waren laut US Navy alle unbedingt notwendigen Testpunkte abgehakt. Die Statistik wies bei 39,2 Flugstunden 124 Katapultstarts, 222 Durchstartmanöver und 124 Landungen aus, bei denen die Fangseile nie verfehlt wurden. Das Fangseil Nummer 3 wurde so oft getroffen, dass es ausgetauscht werden musste, sagte Commander Tony Wilson.
Ein guter Anfang scheint also gemacht, um die US-Marine etwas mehr für die F-35C zu begeistern. Bis zu der momentan für Ende 2018 geplanten vorläufigen Einsatzbereitschaft mit einer Staffel sind aber noch zwei weitere Development Tests an Bord eines Flugzeugträgers zu absolvieren, und zwar im Herbst 2015 und im Frühjahr 2016. Dabei werden die Anforderungen hochgeschraubt und beispielsweise Starts mit Nachbrenner und Landungen mit Außenlasten gefordert.
Während die beiden F-35C vor der Küste Kaliforniens unterwegs waren, lief auf der Edwards AFB und in Patuxent River natürlich auch die Erprobung der F-35A und der F-35B (Kurzstart- und Senkrechtlandung) weiter. Beim Navy-Testzentrum in Maryland wurden zum Beispiel die ersten Flüge mit den von der Royal Air Force genutzten ASRAAM und Paveway IV durchgeführt. Der Integrationsprozess für die spezifisch britische Bewaffnung begann mit neun Flügen, für die zwei der Prototypen der F-35B benutzt wurden. Billie Flynn von Lockheed Martin und Squadron Leader Andy Edgell beurteilten dabei das Handling mit unterschiedlichen Außenlastkonfigurationen. Zunächst ging es nur um die Vermessung der Flattereigenschaften. Mit Abwurfversuchen soll Anfang 2015 begonnen werden.
Wie weit das zeitweilige Flugverbot nach einem Triebwerksschaden im Juni das Testprogramm zurückgeworfen hat, wird erst die bei Redaktionsschluss noch nicht veröffentlichte Jahresbilanz zeigen. Ob das große Ziel, mit der F-35B im Juli 2015 beim US Marine Corps die vorläufige Einsatzbereitschaft zu erreichen, geschafft wird, ist zumindest fraglich. Auch das IOC-Datum bei der USAF im August 2016 ist wohl gefährdet. Hier hat der Stolperstein aber ausnahmsweise nichts mit dem Flugzeug selbst zu tun – wenn die A-10 nicht, wie von der USAF gewünscht, außer Dienst geht, fehlt Wartungspersonal, das für die Umschulung auf die F-35 vorgesehen ist.
Navy-Version F-35C





Zwar wirbt Lockheed Martin immer damit, dass die drei Versionen der Lightning II in weiten Teilen gleich sind, doch abgesehen von der Avionik weist die F-35C doch erhebliche Änderungen gegenüber den landgestützten Varianten des Fighters auf.
So sind die Flügel deutlich größer (2,45 Meter mehr Spannweite und 62,1 statt 42,7 Quadratmeter Fläche), um für Landungen auf Flugzeugträgern noch akzeptable Geschwindigkeiten zu ermöglichen. Die äußeren Flächen lassen sich für enges Parken hochklappen. Das Fahrwerk musste für den Trägereinsatz ebenfalls angepasst werden, um die hohen Sinkraten bei der Landung abzufedern. Zudem erhielt das Bugfahrwerk nun zwei Räder und eine Stange zum Einhaken im Katapultschlitten. Da die US Navy einen größeren Einsatzradius benötigt, wurde die Tankkapazität der F-35C auf fast 9000 Kilogramm hochgesetzt. Dazu kommt, wie bei der F-35B, eine Luftbetankungssonde rechts vom Cockpit.
Die US Navy plant die Einführung der F-35C, die ihre F/A-18E/F Super Hornet und EA-18G Growler ergänzen soll, recht vorsichtig. Die erste Staffel soll im August 2018 einsatzbereit sein, drei Jahre nach der F-35B des US Marine Corps. Bisher sind nur knapp 30 F-35C bestellt. Geplant ist eine Flotte von 260 Maschinen plus 63 für Staffeln des Marine Corps.
FLUG REVUE Ausgabe 02/2015