Lockheed F-35B landen auf Deck der HMS Queen Elizabeth

Briten testen F-35B auf ihrem neuem Flugzeugträger
Zu Besuch bei der Queen

Report
Veröffentlicht am 15.02.2019

Mehr als acht Jahre ist es her, seit Korvettenkapitän James Blackmoore im November 2010 mit einem Harrier GR9 als Letzter vom Deck der „HMS Ark Royal“ abhob und damit die rund drei Jahrzehnte dauernde Ära der britischen Senkrechtstarter-Kampfjets bei der Royal Navy beendete. Nun ist „Wings“ Blackmoore als Fregattenkapitän zurück auf einem Flugzeugträger, und zwar als Kommandeur der fliegenden Gruppe der „HMS Queen Elizabeth“. Deren Kapitän ist Jerry Kyd, der damals die „Ark Royal“ befehligte.

Die beiden erfahrenen Marineoffiziere sind eng eingebunden in die Wiederauferstehung der britischen Flugzeugträgerkräfte, die am 25. September 2018 einen „monumentalen Meilenstein“ erreichte, als erstmals zwei F-35B auf dem Deck der „Queen Elizabeth“ aufsetzten. Commander Nathan Gray von der Royal Navy und Squadron Leader Andy Edgell von der Royal Air Force waren mit dem Prototyp BF-04 und einem Flugzeug der VX-23 vom US- Navy-Testzentrum in Patuxent River zu dem vor der Küste Virginias kreuzenden Träger gestartet.

Gründliche Vorbereitung auf die Testphase

Fighter jets join forces with British aircraft carrier to make history
LOCKHEED MARTIN

Damit hatte die erste von zwei sogenannten First of Class Flight Trials (Fixed Wing)begonnen. Während dieser FOCFT(FW)-Testphasen sind mehr als 500 Starts und Landungen bei unterschiedlichsten Wetterbedingungen vorgesehen. Neben Gray und Edgell waren in diesem Fall auch Peter „Wizzer“ Wilson von BAE Systems und Major Michael Lippert vom US Marine Corps beteiligt, das die F-35B ja bereits im Einsatz hat.

Die Versuche auf der „Queen Elizabeth“ wurden natürlich besonders gründlich vorbereitet, denn der Flugzeugträger hat einige Besonderheiten, wie die Startrampe am Bug sowie die beiden getrennten Aufbauten für die Schiffsführung und die Kontrolle des Flugbetriebs. „Die ersten Entwürfe des Testplans wurden Anfang 2017 geschrieben, und das Team verbrachte 2018 Monate damit, den Plan in unzähligen Arbeitsgruppen weiter auszuarbeiten, bis unser 362 Seiten starkes Meisterwerk nach zwei Tagen technischer Überprüfung und vier Stunden Kontrolle durch die Vorgesetzten fertig war“, erinnert sich Timothy Marge, der leitende Projektingenieur für die FOCFT(FW) bei der Integrated Test Force in Patuxent River.

Rollende Senkrechtlandungen mit der F-35B

Fighter jets join forces with British aircraft carrier to make history
FRPU (E) Royal Navy

Ein Teil der Deckmannschaft der „Queen Elizabeth“ kam bereits im Mai 2018 für drei Tage nach Patuxent River, um die F-35 bei Landungen und beim Rollen sowie bei der Betankung schon einmal „live“ zu erleben – vor allem im Hinblick auf den Lärm und die Hitzeentwicklung in der Nähe der Jets. Die Piloten bereiteten sich derweil im großen Schiff-/Flug-Simulator bei BAE Systems in Warton und im Simulator in Patuxent River weiter vor. Dazu kamen in den letzten Monaten erneut viele reale Flüge mit Senkrechtlandungen und Starts über die Rampe in Patuxent River.

Die Hauptaufgabe der Testpiloten ist es, auszuloten, wo die Grenzen des Flugbereichs der F-35 im Zusammenspiel mit dem Flugzeugträger sind – „wie weit wir dieses Flugzeug auf Deck pushen können“, so Squadron Leader Edgell. Eine besondere Herausforderung sind dabei die neuen „rollenden Senkrechtlandungen“, bei denen die F-35 mit geringer Vorwärtsfahrt aufsetzt. Die ersten Tests führte „Wizzer“ Wilson am 13. Oktober 2018 durch. Mit dem SRVL-Verfahren (Shipborne Rolling Vertical Landing) lässt sich die Landemasse erhöhen, was größere Kraftstoffreserven bedeutet und die Möglichkeit, nicht benutzte Bomben wieder zurückzubringen. Bei der Senkrechtlandung ist die F-35B nämlich ziemlich an der Grenze.

Landen bei Nacht – eine besondere Herausforderung

Noch vor den SRVL-Tests führten die F-35B erste Versuche bei Nacht durch. Zunächst wurde ohne Nachtsichtbrillen geflogen. „Bei Nacht, besonders wenn es sehr dunkel ist, gehen alle optischen Referenzen verloren, und die Piloten werden völlig abhängig davon, wie sie die Lichter des Schiffs in der jeweiligen Flugphase sehen“, erklärt Andrew Mack, einer der Testingenieure. Die „Queen Elizabeth“ ist mit speziell entwickelten LED-Lampen ausgerüstet.

Für die ersten beiden FOCFT(FW)-Phasen waren zusammen etwa elf Wochen angesetzt. Danach kehrte der 65 000 Tonnen schwere Träger mit seinen Merlin-Mk-2- und -Mk-4-Hubschraubern (820 und 845 Naval Air Squadron) und den Begleitschiffen „RFA Tiderace“ und „HMS Monmouth“ wieder über den Atlantik nach Großbritannien zurück. Dort steht nun der Einbau des Flugabwehrsystems Phalanxund eine Aufrüstung der Kommunikationssysteme auf dem Plan, während sich die 1500 Mann starke Crew etwas erholen kann.

Für den Herbst 2019 sind dann die dritte Testphase und anschließend ein Truppenversuch angesetzt – wieder vor der US-Ostküste. Dabei wollen die Briten neun ihrer eigenen F-35B verwenden. Bisher haben sie 16 Lightning II erhalten, von denen neun derzeit bei der No. 617 Squadron auf der RAF-Basis in Marham fliegen. Die anfängliche Einsatzbereitschaft der F-35B im maritimen Umfeld soll 2020 erreicht sein.

Essex 2018 Deployment
Navy Media Content Operations

„Queen Elizabeth“: Einsatzbereitschaft ab 2021

Die „Queen Elizabeth“ wird derweil 2020 weitere Übungen durchführen, auch mit Flugzeugen der Fighter Attack Squadron 211 des US Marine Corps an Bord vor Schottland. Ab 2021 will die Royal Navy dann wieder einen einsatzfähigen Flugzeugträger für weltweite Operationen bereit haben. Gegenüber der „Ark Royal“ und ihren Harriern spielt die „Queen Elizabeth“ als größtes je für die britische Marine gebaute Kriegsschiff in einer ganz anderen Liga. Bis zu 24 Lightning II können neben den Merlin-Hubschraubern an Bord des insgesamt 280 Meter langen Trägers genommen werden, dessen Deck nur etwa 20 Prozent kleiner ist als das der amerikanischen Supercarrier. „Großbritannien wird auf Jahrzehnte zu den führenden Seemächten gehören“, ist Captain Kyd überzeugt.