Griechenlands letzte Phantoms bei Nacht: F-4E-Action in Andravida

F-4E-Action in Andravida
Griechenlands letzte Phantoms machen die Nacht zum Tag

Veröffentlicht am 03.08.2024

Blauer Himmel, keine Wolke, trotz der frühen Uhrzeit ist es drückend heiß. Nirgends Schatten, über dem Asphalt brennt die Luft. Es ist Mittwochmorgen 0800 in Andravida, dem Standort des 117. Geschwaders der griechischen Luftwaffe. Hier ist die Heimat der 338 Mira – der letzten griechischen Phantom-Staffel!

Trotz der flimmernden Hitze rücken die Warte an und kurz darauf fahren auch die Crew-Busse vor, machen drei Phantoms fertig für die heutige Mission. Schwer vorstellbar, wie es sich unter dem Flieger-Overall und der schweren Ausrüstung anfühlen muss, schon in Shorts und T-Shirt ist es jedenfalls mehr als grenzwertig, Gott sei Dank weht ein leichter Wind.

Griechische Phantoms F-4E in Andravida.
Mathias Leischner

Wie viele Phantoms fliegen noch?

Die Crews winken uns freundlich zu, sie sind die Aufmerksamkeit gewohnt. Überall wo sie auftauchen, genießen sie mit ihren alten Jets Legendenstatus. Ein letzter kurzer Plausch mit den Warten und dann rein in die vorgewärmte Phantom-Stube. Kurze Zeit später hallt der Klang von drei Paar J79-Triebwerken übers Gelände. Alle drei F-4E AUP (Avionics Upgrade Program – auch Peace Icarus 2000 genannt) laufen tadellos. Die Ersatzmaschine kann im Schatten bleiben. Die zum Teil 50 Jahre alten Jets werden sorgsam gewartet, um die 15 Phantoms sind in Andravida noch einsatzbereit. Einige andere wurden als Reserve eingelagert, viele stehen offen auf dem "Friedhof". Wer öfter hier ist, merkt: Der Friedhof wächst.

Aber zurück zu den Lebenden! Die drei Phantoms rollen zum Start, heben nacheinander ab und nehmen mit ihren charakteristischen Rußfahnen direkt Kurs aufs Meer – Mission Time. Als kleines Goodie für unseren Besuch gibt es vor der Rückkehr einen simulierten Base Attack von zwei der drei Phantoms. Die Radar-Anlage der Basis wird ins Visier genommen. Grandios anzusehen, die alten Schlachtrösser können es noch immer.

Griechische Phantoms F-4E in Andravida.
Mathias Leischner

Wenn Nachbrenner die Nacht erhellen

Der Rest des Tages ist zum Großteil den irren Temperaturen untergeordnet. Das Thermometer kratzt mittlerweile an der 40-Grad-Marke. Das bedeutet: kein Flugbetrieb am Nachmittag. Aber dafür eine kleine Runde mit zwei Phantoms am Abend – Nachtflug!

Obwohl es abends kaum kühler ist, lässt die untergehende Sonne doch etwas verschnaufen und sicher ist es für die Besatzungen auch etwas angenehmer. Ansonsten die gleichen Abläufe wie am Vormittag. So arbeiten Profis.

Wie aber erleben die Phantom-Crews Ausritte bei Dunkelheit? Landungen sind kein Problem, erklärt unser Guide – der Flugplatz ist hell. Auch das Fliegen über Land macht keine Probleme, es gibt überall kleine Lichtquellen zur Orientierung. Nur bei Nacht über See, da wächst in den F-4-Cockpits die Anspannung. Die 338. Mira nutzt keine Nachtsichtgeräte, visuelle Hilfen draußen sucht man meist vergeblich. Oben wie unten – alles schwarz. Bei Neumond sei es am schlimmsten, sagt der Phantom-Pilot.

Für uns Außenstehende sind diese nächtlichen Tücken in diesem Moment aber weit, weit weg. Wir sind völlig verzückt von der Magie des Augenblicks. Die Phantoms bei Nacht starten zu sehen ist ein Traum! Wie die Nachbrenner der J79-Röhren meterweit hinter den wuchtigen Jets die Nacht erhellen – phantastisch! Und kaum sind die Nachbrenner nach dem Start abgeschaltet, verschwinden die F-4 im pechschwarzen Schlund der Nacht. Nur hören kann man sie noch.

Griechische Phantoms F-4E in Andravida.
Mathias Leischner

Phantom-Phaszination

Die Faszination für die altehrwürdigen Phantoms haben wir Zivilisten, die wir zu Besuch sind in Andravida, keineswegs exklusiv gepachtet. Im Gegenteil! Die Identifikation mit dem Muster F-4E AUP Phantom II vor Ort ist gigantisch! Fast jeder Soldat auf der Basis trägt in irgendeiner Form einen Phantom-Patch, ein Shirt oder irgendetwas anderes, auf dem das Phantom-Maskottchen "Spooky" abgebildet ist. Auch die Freundlichkeit, nein Herzlichkeit unserer Gastgeber ist unglaublich. Überall offene Türen und immer ein Lächeln. Das gilt auch innerhalb der Truppe, versichert man uns: "Wir achten sehr aufeinander und denken stets im wir – als Gemeinschaft" Ja, es kann so einfach sein.

Griechische Phantoms F-4E in Andravida.
Mathias Leischner

Wie lange dürfen sie noch fliegen?

Auf Fragen zur Zukunft der letzten Phantom-Staffel Griechenlands erntet man hingegen nur Achselzucken: "Das wird in Athen entschieden, wir wissen nichts – und wir glauben, in Athen weiß man es auch nicht". Fakt ist, der Nachfolger steht mit der F-35 Lightning II fest. 20 Exemplare des hochmodernen Stealth-Kampfjets sollen die F-4E beerben. Fakt ist aber auch, die Männer und Frauen der 338. Mira sind auf Zack, und die Phantoms sowieso. Auch nach 50 Jahren steckt noch immer Leben in den Jets. Und einfach aufgeben mag sie hier niemand.

Mag die Sonne über den Phantoms in Andravida sich langsam senken, aber untergegangen ist sie noch nicht.