Die erste Nachricht aus Russland klang eher unspektakulär: Eine Mikojan-Gurewitsch MiG-31 sei in der Oblast Nowgorod beim Startlauf von der Runway "gerutscht", meldeten russische Agenturen am 29. Januar. Die Besatzung habe vom Fliegerhorst Solzy zu einem geplanten Trainingsflug aufbrechen wollen, die MiG sei jedoch aufgrund einer "technischen Störung" über die Bahn hinausgeschossen. Die Piloten seien unverletzt, auch Verletzte oder Schäden am Boden gebe es keine. "Nach der technischen Inspektion und Wartung wird das Flugzeug schnellstmöglich wieder in Betrieb genommen", so die Meldung abschließend. Alles halb so wild also – oder?
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Ziemlich kaputt
Eher nicht: Fotos der verunfallten MiG-31, die wenig später in den sozialen Medien auftauchten, lassen erahnen, dass zumindest der letzte Satz der offiziellen Mitteilung ziemlich optimistisch formuliert war. Denn offenbar ist der Schaden an dem robusten Kampfjet doch deutlich größer, als man als Außenstehender zunächst hätte denken können. Die Fotos zeigen die MiG-31 bäuchlings im Schnee, mit gerupftem rechtem Flügel – und teilweise zerstörter, vom Rest des Rumpfes komplett abgetrennter Frontpartie. Schwer zu glauben, dass dieses Wrack bald wieder als funktionsfähiges Flugzeug "in Betrieb genommen" werden kann – auch wenn "schnellstmöglich" ein dehnbarer Begriff ist.

Kinschal-Träger
Wie genau sich der Startunfall in Solzy zutrug, darüber gibt es auch Tage danach keine Informationen. Die Untersuchungen laufen noch. Jedenfalls sieht es nicht danach aus, als hätten die Piloten ihre Schleudersitze betätigt. Allerdings verraten die Fotos des Wracks etwas über das Flugzeug selbst. Denn anhand der am Heck schemenhaft lesbaren Kennung RF-95217 lässt sich ermitteln, dass es sich bei dem Jet um eine MiG-31K handelt – eine speziell optimierte Variante der MiG-31, die als Träger der riesigen Hyperschallrakete Ch-47M2 Kinschal dient.

Die Kinschal ist für die NATO noch immer in weiten Teilen ein Mythos, sind doch bis heute kaum Details zu ihr bekannt. Sie richtet sich gegen Bodenziele, vornehmlich Schiffe, soll bei Tests bereits Mach 10 erreicht haben, mehr als vier Tonnen schwer und etwa sieben Meter lang sein. Die MiG-31K sei "am besten geeignet, um die Rakete in den erforderlichen Höhen auf die erforderlichen Geschwindigkeiten zu beschleunigen", wie Russlands Stellvertretender Verteidigungsminister Juri Borisow schon im Jahr 2018 erklärte. Damals waren ihm zufolge bereits zehn MiG-31K "im experimentellen Kampfeinsatz" – allesamt stationiert beim Staatlichen Flugforschungszentrum "Waleri Tschkalow", das am Nordrand von Achtubinsk (Oblast Astrachan) für die Erprobung neuer Waffensysteme zuständig ist.
Wie viele MiG-31K inzwischen zu den von Borisow genannten zehn Maschinen hinzugekommen sind, ist unbekannt. Es dürften jedoch nicht allzu viele sein.