Für Argentiniens Luftwaffe war es ein Offenbarungseid: Als der damalige US-Präsident Barack Obama im März 2016 zum Staatsbesuch nach Buenos Aíres kam, mussten F-16 der US Air Force den Geleitschutz der "Air Force One" im argentinischen Luftraum übernehmen. Die Gastgeber hatten schlichtweg keine eigenen Flugzeuge verfügbar, die auch nur annähernd für diese Aufgabe geeignet waren. Daran hat sich auch sechs Jahre später wenig geändert: Seit Argentinien im November 2015 seine letzten Mirages in Rente schickte, besitzt das Land keinen einzigen Überschall-Kampfjet mehr.

Die Briten blockieren
Versuche, diese Scharte auszuwetzen, gab es einige. Aber entweder scheiterten die Vorhaben am knappen Budget der Regierung – oder am Druck Großbritanniens. So verunmöglichten die Briten mit ihrem Veto etwa den Kauf lizenzgefertigter Saab Gripen aus Brasilien, sowie die Beschaffung südkoreanischer TA-50 "Golden Eagle". In beiden Fällen ging es um Komponenten britischer Herkunft, die in den Mustern verbaut waren und deren Freigabe für Argentinien die britische Regierung verweigerte. So rückte schließlich die von Pakistan und China gemeinsam entwickelte, gezielt als "Billigangebot" vermarktete JF-17 Thunder in den Fokus. Im Herbst 2021 erhielt Argentinien ein offizielles Angebot für die JF-17 – woraufhin die argentinische Regierung die Summe von 664 Millionen US-Dollar freigab, um insgesamt zwölf neue Kampfjets zu kaufen.

Argentinische Piloten testen die JF-17
Passiert ist seitdem nicht allzu viel. Einen Deal jedenfalls gab es bislang nicht. Allerdings besuchte im Mai eine Delegation aus Piloten und Technikern des argentinischen Militärs das Flugzeugwerk in Chengdu, wo die Endmontage der JF-17 erfolgt. Dabei ging es um eine umfassende technische Evaluation des Kampfjets, inklusive Bewertungsflügen und einiger Stunden im Simulator. Chinas Regierung stellte Argentinien außerdem ein Darlehen in Aussicht, über das sich die Beschaffung der JF-17 finanzieren ließe. Kurze Zeit später reisten ranghohe argentinische Militärs zu Gesprächen nach Islamabad in Pakistan. Pakistan fertigt rund 60 Prozent der JF-17-Komponenten – auch für Exemplare, die später in Chengdu endmontiert werden. Eine weitere Endmontagelinie findet sich beim Pakistan Aeronautical Complex (PAC) in Kamra.

Argentinien als Türöffner
Die Argentinier liebäugelten in der Vergangenheit stets mit einer Lizenzfertigung der JF-17 im eigenen Land, was jedoch in Pakistan bislang auf taube Ohren stieß. Gut möglich, dass sich das bald ändert – nicht zuletzt auf Druck von China, wie das Portal MercoPress schreibt. Die Chinesen nämlich haben weniger die wirtschaftliche, sondern eher die geopolitische Dimension im Fokus. Denn nach chinesischer Lesart könnten in Argentinien endmontierte JF-17 auch für andere Nationen in Lateinamerika interessant sein, deren Regierungen dem Westen kritisch gegenüberstehen – etwa für Bolivien, Kuba, Peru oder Venezuela. Das wäre für Chinas Einfluss in dieser Weltregion nachhaltig von Nutzen.
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JF-17 Block 3
Sollte das Geschäft tatsächlich bald über die Bühne gehen, würde Argentinien wohl Flugzeuge des modernsten Standards Block 3 erhalten. Diese seit 2016 entwickelte Version der JF-17 besitzt unter anderem ein leistungsstarkes AESA-Radar aus chinesischer Produktion, das KLJ-7A. Auch ein stärkeres Triebwerk ist im Gespräch. Aktuell nutzt die JF-17 ein russisches Klimow RD93 als Antrieb, das ihr mit Nachbrenner 81,4 kN Schub verleiht. In jedem Fall böte die JF-17 Block 3 den Argentiniern ein zeitgemäß ausgestattetes Kampfflugzeug für schmales Geld. Nur mit dem Schleudersitz müssten die beteiligten Parteien sich etwas einfallen lassen: der kommt bei der JF-17 nämlich bisher von Martin-Baker – "made in Britain".