Slowakische MiG-29-Spende an die Ukraine: Ist das „Hochverrat“?

Neue Regierung klagt an
Slowakische MiG-29-Spende an die Ukraine „Hochverrat“?

Veröffentlicht am 18.06.2024

In der Slowakei ist ein Streit entbrannt, in dessen Zentrum ein Kampfflugzeug steht, das es im Land gar nicht mehr gibt: die MiG-29. Aber gerade der Umstand, dass die Slowaken keine MiGs mehr fliegen, ist Kern der Vorwürfe, die Verteidigungsminister Robert Kaliňák von der Smer-Partei seinem Amtsvorgänger Jaroslav Naď aufs Brot schmiert. Der hatte, als Mitglied der geschäftsführenden Minderheitsregierung, im März 2023 die Spende von 13 slowakischen MiG-29 an die Ukraine veranlasst. Für den amtierenden Minister Kaliňák ist das vor allem eins: Verrat.

"Schwächung der Streitkräfte"

Mit markigen Worten brandmarkte Kaliňák nun gegenüber der slowakischen Presse die Schenkung der MiGs, die eine "verfassungswidrige Schwächung der Streitkräfte" nach sich gezogen habe. Tatsächlich kann die Slowakei seit der Außerdienststellung der MiG-29 Ende 2022 ihren Luftraum nicht mehr eigenmächtig schützen. Diese Aufgabe übernehmen seither Partnernationen der NATO, zwischen Herbst und Weihnachten 2023 unter anderem auch die deutsche Luftwaffe. Die Slowakei hat zwar in den USA F-16 Block 70 als MiG-Nachfolger bestellt, deren Auslieferung lässt allerdings auf sich warten.

Patrick Zwerger

Verfassungsrechtliche Fragen

Dass die neue slowakische Regierung unter Ministerpräsident Roberto Fico in Sachen Ukraine einen deutlich distanzierteren Kurs fährt als das Vorgänger-Kabinett, ist kein Geheimnis. Die Argumentation von Verteidigungsminister Kaliňák zielt indes vor allem auf formalrechtliche Hintergründe. Ihmzufolge hatte sein Vorgänger Naď im Frühjahr 2023 gar keine Berechtigung, die kostenlose Übergabe der MiG-29 an die Ukrainer zu veranlassen, da das damalige Kabinett bereits im Dezember 2022 durch ein Misstrauensvotum des Parlaments seine Legitimation verloren habe und nur noch interimsweise im Amt gewesen sei. Mithin sei Naď daher nicht befugt gewesen, eine solch "grundlegende außenpolitische Frage" eigenmächtig zu entscheiden. Stattdessen hätte das Parlament dem Beschluss zustimmen müssen – und dort besaß die damalige Regierung im März 2023 keine Mehrheit mehr.

Ex-Minister bereut nichts

Minister Naď hatte sich dieser Entscheidungsfindung seinerzeit entzogen, indem er sich auf eine rechtliche Analyse stützte, derzufolge es sich bei der Schenkung der MiGs um einen "Vertrag militärischer Natur" handle, für den die Zustimmung der amtierenden Regierung ausreiche. "Er hat gelogen, er hat schamlos vor Mitgliedern des Nationalrats gelogen", echauffierte sich darüber nun der amtierende Verteidigungsminister Kaliňák. Die Spende der MiG-29-Flotte an Kiew sei gegen den Willen der damalige Koalitionspartner erfolgt, Naď habe damit "nationale Werte verraten." Kaliňák kündigte deshalb eine Strafanzeige gegen seinen Vorgänger an.

Der Beschuldigte selbst steht derweil zu seiner Entscheidung von damals: Er freue sich sehr, dass die damalige Regierung der Ukraine MiGs gespendet hat, ließ Naď per Videoansprache verlauten. Die Jets würden über die Europäische Friedensfazilität erstattet, "sie retten Menschenleben, und wenn wir noch einmal die Möglichkeit hätten, würden wir keine andere Entscheidung treffen", so der Ex-Minister weiter.