Die Nordatlantische Allianz hat ihre Pläne zur Anschaffung von Boeing E-7A Wedgetail-Aufklärungsflugzeugen fallen gelassen. Diese Entscheidung gab das niederländische Verteidigungsministerium bekannt. Die USA waren im Juli aus dem gemeinsamen Programm ausgestiegen. Die NATO muss ihre veraltete AWACS-Flotte (Airborne Early Warning and Control System), die derzeit noch aus Boeing E-3A Sentry besteht, bis 2035 durch moderne Systeme zu ersetzen. Als Nachfolgemuster sollten deshalb ab 2031 die E-7A angeschafft werden.
Strategische Grundlage weggebrochen
Ursprünglich hatten sieben NATO-Partnerländer – Niederlande, Belgien, Deutschland, Luxemburg, Norwegen, Rumänien und die USA – gemeinsam sechs E-7-Maschinen erwerben wollen. Der Rückzug Washingtons führte jedoch zu grundlegenden Veränderungen, wodurch dem Vorhaben die strategische und finanzielle Basis entzogen wurde, so das niederländische Verteidigungsministerium.
Der niederländische Staatssekretär für Verteidigung, Gijs Tuinman, betonte bei der Entscheidung die Notwendigkeit europäischer Eigenständigkeit. Der amerikanische Ausstieg unterstreiche die Wichtigkeit, verstärkt in die europäische Rüstungsindustrie zu investieren.
Gerade unter Präsident Trump waren neue Unsicherheiten anderer NATO-Partner aufgetreten, verbunden mit der Einschätzung, man könne sich in vielen Bereichen nicht mehr auf die Unterstützung der USA verlassen.
Konkurrenz aus dem Hause Saab
Als aussichtsreichster Kandidat für die AWACS-Nachfolge gilt nun das schwedische Unternehmen Saab mit seiner GlobalEye-Plattform. Auch vor zwei Jahren war GlobalEye in der engeren Auswahl der NATO-Partner. Das System basiert auf einem umgebauten Bombardier Global 6000/6500-Geschäftsreiseflugzeug und hat bereits wichtige Fürsprecher gewonnen. Als europäisches Rüstungsunternehmen entspricht Saab auch dem Wunsch vieler EU-Staaten, die europäische Industrie zu stärken und mehr Eigenständigkeit zu schaffen.
Frankreich als großer Verteidiger europäischer Verteidigungsbeschaffung hat im Sommer auf der Pariser Luftfahrtschau bereits eine Absichtserklärung mit Saab unterzeichnet, um zwei GlobalEye-Flugzeuge plus zwei Optionen zu erwerben. Auch Schweden hat Bestellungen für die Maschine aufgegeben.
Zeitdruck und operative Anforderungen
Die gegenwärtig 14 Boeing E-3A Sentry der NATO, stationiert auf der Luftwaffenbasis Geilenkirchen in Deutschland, erreichen 2035 das Ende ihrer Nutzungsdauer. Die alternden Maschinen werden zudem wegen ihrer Lärmbelästigung kritisiert.
2023 hatte die NATO nach umfassenden Prüfverfahren noch festgestellt, dass die E-7 das einzige verfügbare System sei, das die operativen Anforderungen innerhalb des benötigten Zeitrahmens erfüllen könne. Diese Einschätzung wurde nun revidiert.
Wachsende Bedrohungslage
Das Interesse an Aufklärungsflugzeugen in Europa wächst derzeit stark – direkte Folge einer Politik, die Russland als zunehmende Bedrohung sieht, sowie anderer operativer Herausforderungen, die großräumige Überwachung und Luftraumkontrolle erfordern.
Jedenfalls muss – so oder so – möglichst schnell eine Beschaffungsentscheidung gefällt werden, bevor die bisherige Sentry-Flotte nicht mehr einsatzfähig ist.





