Hydraulikausfall, Sicherheitslandung, die B-2A setzt auf. Aber das linke Hauptfahrwerk hat sich nicht verriegelt, es kollabiert. Mit der linken Fläche schrammt der Nurflügler funkensprühend über die Landebahn, rutscht schließlich über die Begrenzung. Sekunden später bleibt er liegen, in Schräglage, neben der Bahn im Gras.
So trug es sich zu, als die B-2 "Spirit of Georgia", Kennzeichen 89-0129, am 14. September 2021 von einer Übungsmission zu ihrer Basis, der Whiteman Air Force Base in Missouri, zurückkehrte. Nach dem ersten Schrecken und der Versorgung der Piloten, die glücklicherweise unverletzt blieben, machte sich ein Einsatzteam des Fliegerhorstes zügig an die Bergung der wertvollen Maschine. "Sie bargen das Flugzeug schnell, indem sie es mithilfe von Airbags so weit anhoben, dass das Hauptfahrwerk manuell verriegelt und das Flugzeug in den Hangar geschleppt werden konnte", erinnert sich Colonel Jason Shirley, leitender Materialverantwortlicher im B-2-Systemprogrammbüro des Air Force Life Cycle Management Center. "Anschließend erfolgten Schadensbewertungen und zerstörungsfreie Laser-Prüfungen, die Schäden hauptsächlich im Bereich des linken Hauptfahrwerkschachts und der Flügelunterseite aufdeckten."
Überführungsflug nach Palmdale
Nach eingehender Analyse und Erster Hilfe vor Ort entschieden sich die Verantwortlichen laut Colonel Shirley, die verunfallte B-2 für Strukturreparaturen und Instandsetzung zum Northrop Grumman-Werk nach Palmdale in Kalifornien zu überführen. Für dieses nicht ganz unriskante Unterfangen prüften die Techniker der Whiteman AFB die "Spirit of Georgia" noch einmal eingehend – und stellten fest, "dass kritische Bereiche wie die Befestigungselemente der Flugsteuerung und des Fahrwerkschachts innerhalb der zulässigen Toleranzen lagen", wie die US Air Force berichtet.
Anschließend habe man zur weiteren Inspektion "eine Finite-Elemente-Methode (FEM) eingesetzt, um eine mögliche Überschreitung der maximalen Belastung der Primärstruktur zu bewerten und die zerstörungsfreien Prüfungen auf kritische Bereiche der äußeren Tragflächenholme zu konzentrieren." Als auch diese Untersuchung zu einem guten Ergebnis führte, startete die "Spirit of Georgia" nach Air Force-Angaben am 22. September 2022, also gut ein Jahr nach der Bruchlandung, zu ihrem Überführungsflug nach Palmdale.
Die vier Phasen der Instandsetzung
Dort nahm Hersteller Northrop Grumman die B-2 unter seine Fittiche und unterzog sie einem vierphasigen Reparaturverfahren, das nach Angaben der US-Luftwaffe 23,7 Millionen US-Dollar kostete.
Die vier Phasen erstreckten sich demnach im Einzelnen auf
- die Erstellung eines konkreten Plans und Bestellung von benötigten Komponenten mit langer Lieferzeit
- regelmäßige Tests "zur Validierung des Reparaturkonzepts"
- die eigentliche Reparatur des Flugzeugs
- das Erstellen von Lufttüchtigkeitsnachweisen zur Zertifizierung der Arbeiten
Test-B-2 als Teilespender
Im Zuge des Wiederaufbaus der 89-0129 entschieden sich die Projektverantwortlichen, Segmente der Außenhaut aus der in Palmdale stehenden, nicht flugfähigen Test-B-2 mit der Werknummer 0998 zu transplantieren. Die Entnahme des 2,4 mal 1,2 Meter großen Stücks sei deutlich günstiger und weniger zeitaufwändig gewesen, als das benötigte Verkleidungsstück neu anzufertigen, erklärt die Air Force.
"Die Reparatur stellte die Funktionalität der unteren Flügelhaut der 89-0129 wieder her, die die Flügellasten, den Luftstrom und den internen Treibstofftankdruck trägt", so die US-Luftwaffe weiter. "Weitere Meilensteine waren der Austausch der linken Flügelspitze, des äußeren Flügel-Hauptverkleidungsblechs und der Scharniere der linken Hauptfahrwerksklappe, die Reparatur von Ablösungen der Verbundhaut und die Justierung der Klappe."

Die Northrop B-2 Spirit ist einer von drei strategischen Bombern im US-Arsenal - und der einzige mit Tarnkappe. Noch, denn der Nachfolger B-21 fliegt bereits.
Herausforderungen bei der Reparatur
Vor allem wegen der zu reparierenden Verbundwerkstoffteile der "Spirit of Georgia" waren die Techniker mit einigen Zusatzhürden konfrontiert, wie die Air Force in ihrer bemerkenswert detailreichen Pressemitteilung ausführt. So war es nach den Ausführungen von B-2-Strukturingenieur Matt Powers eine enorme Herausforderung, "die gezielte Wärmeverteilung in den auszuhärtenden Bereichen bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der lokalen Temperaturkontrolle" zu gewährleisten. Dies deshalb, "weil sich die Reparaturbereiche in geschlossenen, beengten Räumen und in unmittelbarer Nähe zu kritischen Verbindungen und Strukturen befanden", so Powers. Mithilfe speziell entwickelter Heizgeräte und einiger zusätzlicher Maßnahmen sei das Team der Problematik jedoch Herr geworden.
Zudem gelang es den Technikern laut Air Force-Angaben, "die Klebeflächen der Verbundwerkstoffe vor dem Aufbringen der Reparaturschichten auf einen nahezu laborüblichen Reinheitsgrad zu bringen." Naturgemäß seien Verbundwerkstoffe, "wie sie häufig in Treibstofftanks verwendet werden" stark mit Kohlenwasserstoffen und Silikon verunreinigt, was ihre Reparatur besonders anspruchsvoll mache.
Neues Harz, neue Verfahren
Für den Reparaturprozess nutzten die Verantwortlichen außerdem eine Reihe neuer Materialien und Verfahren. So kam laut Air Force beispielsweise ein neues Verbundharz zum Einsatz, das eigentlich für "eine andere Plattform" entwickelt wurde und erstmals bei einer B-2 Verwendung fand. "Dieses neue Harz hatte sich bereits für große Verbundreparaturen außerhalb eines Autoklavs bewährt", schreibt die US-Luftwaffe. "Dadurch wurden Monate an Zeit eingespart und das Risiko kostspieliger Nacharbeiten verringert."
Darüber hinaus habe man auf diese Weise wertvolle Erkenntnisse gesammelt, mit denen sich künftige Instandhaltungs- und Modernisierungsarbeiten an der B-2-Bestandsflotte deutlich effizienter gestalten ließen.

Dieses von der USAF veröffentlichte Foto, das die "Spirit of Georgia" nachts in Whiteman zeigt, ist auf den 6. November 2025 datiert - den Ankunftstag des Flugzeugs?
Rückkehr nach vier Jahren
Am 12. Mai 2025 erklärte Northrop Grumman die Strukturarbeiten an der "Spirit of Georgia" schließlich für beendet. Wann genau die B-2 aus Palmdale wieder auf die Whiteman AFB zurückkehrte, bleibt indessen unklar. Der Pressedienst der US Air Force veröffentlichte am 2. Dezember zwei bei Nacht aufgenommene Fotos der "Spirit of Georgia" in Whiteman. Als Aufnahmedatum ist wiederum der 6. November hinterlegt. Offen bleibt die Frage, ob die Fotos tatsächlich die Ankunft des Stealth-Bombers aus seinem vierjährigen Reparaturexil in Palmdale zeigen.
Andere B-2 hat weniger Glück
Klar ist derweil, dass die USA mit der Rückkehr der "Spirit of Georgia" in den aktiven Dienst wieder 19 B-2-Bomber in ihrer Flotte haben. Und da die 89-0129 nun vollends repariert wurde, herrscht auch endgültig Gewissheit darüber, dass es sich bei der beschädigten 20. B-2, die laut Regierungsdokumenten auf dem Schrott landet, weil ihre Reparatur als "unwirtschaftlich" angesehen wird, um die "Spirit of New York" (82-1068) handelt. Diese hatte am 10. Dezember 2022, ebenfalls in Whiteman, Bruch gemacht, war dabei allerdings – im Gegensatz zur "Spirit of Georgia" – auch noch in Brand geraten.





