Im Flugzeugwerk von Nowosibirsk haben sie alle Hände voll zu tun. Das liegt vor allem an der Suchoi Su-34, für deren Wartung, Instandsetzung und Endmontage die Fabrik, benannt nach dem Testpiloten Waleri P. Tschkalow, verantwortlich zeichnet. Denn spätestens mit Russlands Angriff auf die Ukraine Ende Februar 2022 und den sich seither hinziehenden Kämpfen nimmt die Su-34 im Arsenal der russischen Luftwaffe eine Schlüsselrolle ein. Die Jagdbomber mit dem Entenschnabel fliegen "täglich vier bis fünf Kampfeinsätze", wie Russlands Verteidigungsminister Sergei Schoigu im Oktober sagte. Das geht nicht ohne Verschleiß vonstatten – und auch nicht ohne Verluste. Die Lieferung neu gebauter Su-34 hat in Nowosibirsk daher Priorität.
Nebulöse "Charge"
Am Mittwoch meldete der Pressedienst des Staatskonzerns Rostec, zu dem auch Suchoi gehört, die Übergabe einer weiteren "Charge" des in Russland als "Frontbomber" bezeichneten Flanker-Derivats. Wie viele Su-34 diese Charge umfasst, schreibt Rostec nicht – konkrete Angaben über Lieferzahlen machen die Russen schon seit geraumer Zeit nicht mehr. Auf einem Video aus Nowosibirsk, das von der Rostec-Tochter UAC verbreitet wurde, ist lediglich eine Su-34 in frühwinterlicher Umgebung zu sehen. Vorangegangene Lieferungen, etwa im Juni sowie im Oktober dieses Jahres, umfassten mutmaßlich jeweils zwei Maschinen. Naheliegend scheint daher, dass die Luftwaffe auch dieses Mal wieder zwei Su-34 erhielt.
Neue Arten von Ausrüstung
Damit hätte das Tschkalow-Flugzeugwerk im laufenden Jahr bisher sechs neue Su-34 ausgeliefert. Sie sind Teil einer Bestellung aus dem Jahr 2020, die 20 Flugzeuge umfasst. Konkret geht es dabei um Exemplare der modifizierten Version Su-34NWO. Das Kürzel steht für "Nowije Widy Osnaschtschenija" – auf Deutsch: neue Arten von Ausrüstung. Die Su-34NWO gilt als Zwischenprodukt bis zur Serienreife der in Entwicklung befindlichen Zukunftsvariante Su-34M, die ihrerseits mit weiteren Verbesserungen aufwarten soll. Interessanterweise bezeichnen das Verteidigungsministerium und russische Medien mittlerweile die Su-34NWO jedoch ebenfalls als Su-34M.

Die Su-34NWO basiert hauptsächlich auf Erfahrungswerten, die Russland beim Einsatz der Su-34 in Syrien sammelte.
Kinschal-taugliche Su-34
Die Su-34NWO punktet im Vergleich zur "alten" Su-34 vor allem mit modernisierter Avionik. Diese umfasst zum Beispiel einen neuen Zentralrechner mit russischen Elbrus-Pozessoren für die Zielsuch- und Navigationssuite. Das verbesserte Radar Sch141M kommt mit automatischem Tiefflugsystem und digitaler Karte. Neue Lenkwaffen sowie kombinierte Aufklärungs- und Zielbehälter, die auch Signalaufklärung (SIGINT) umfassen, finden ebenfalls ihren Weg an die Su-34NWO. Zudem ist die Su-34NWO in der Lage, die Hyperschallrakete Kinschal abzufeuern – ein Privileg, das zuvor der Mikojan-Gurewitsch MiG-31K vorbehalten war. "Die Fähigkeiten des Flugzeugs ermöglichen den Einsatz fortschrittlicher Waffen, erhöhen die Reichweite der Zerstörung von Boden- und Oberflächenzielen und steigern die Genauigkeit von Bombenangriffen", formuliert Rostec die Vorzüge der Su-34NWO. Auch ältere Exemplare des Jagdbombers werden in Nowosibirsk deshalb auf den neuen Standard hochgerüstet.

Die Endmontage der Su-34 in Nowosibirsk läuft weiter. Parallel kümmert sich das Werk um Modernisierung und Instandsetzung von Bestandsexemplaren.
Erhöhung der Fertigungsrate?
Für das kommende Jahr erwartet die Rostec-Tochter UAC nach eigenen Angaben eine weitere Steigerung der Produktionsrate – ohne dies allerdings weiter zu präzisieren. Man habe "bereits mit der Umsetzung des Programms für das nächste Jahr begonnen, dessen Umfang deutlich erhöht wird", kommentierte UAC-Chef Juri Sljusar lediglich. "Die notwendige Produktionsreserve" für diese Vorgabe sei geschaffen worden. Plänen zufolge könnte die russische Luftwaffe bis Ende 2027 insgesamt 76 neue Su-34NWO (oder Su-34M) erhalten. Ob hierfür schon die nötigen Verträge unterzeichnet sind, ist allerdings nicht bekannt.