Die Auszählung der Stimmen hatte sich bis gegen 17 Uhr hingezogen, und es war ganz knapp. Lange Zeit lagen die Kampfjet-Gegner sogar leicht in Front, bevor sich das Blatt gerade noch wendete: 1604899 Ja-Stimmen gegen 1595156 Nein-Stimmen waren es letztlich, ein Plus von gerade einmal 9743 Stimmen.
Die Frage auf den Stimmzetteln lautete: "Wollen Sie den Bundesbeschluss vom 20. Dezember 2019 über die Beschaffungneuer Kampfflugzeuge annehmen?"
Bundesrat und Parlament hatten ein "Ja" empfohlen: "Bundesrat und Parlament wollen die Menschen in der Schweiz weiterhin vor Bedrohungen aus der Luft schützen. Dazu braucht es neue Kampfflugzeuge, da die jetzige Flotte um 2030 ausser Betrieb genommen werden muss. Die neuen Flugzeuge sind nötig für die langfristige Sicherheit der Schweiz und stärken unsere Neutralität", so die Argumentation.
Nach Ansicht des Referendumskomitees "gibt der Bundesbeschluss Bundesrat und Parlament eine Blankovollmacht, überflüssige Luxus-Kampfjets zum Preis von 6 Milliarden Franken zu kaufen". Das Geld werde dafür im Gesundheitswesen, im Katastrophenschutz oder bei der Bekämpfung des Klimawandels fehlen.
"Es ist ein großer Erfolg für die Grünen und die SP – und ein großes Misstrauensvotum gegenüber Bundesrätin Viola Amherd und jene Parteien, welche sich für die Beschaffung eingesetzt hatten", sagte .die grüne Nationalrätin Regula Rytz. Man habe in der Kampagne aufzeigen können, dass die Sicherheit der Schweiz nicht primär von Kampfjets abhänge. "Die Schweiz will, dass man dort investiert, wo es nötig ist – vor allem bei der Bekämpfung der Klimakrise".
FDP-Präsidentin Petra Gössi hingegen war dankbar, dass es trotz Corona und den Diskussionen um die Kosten heute ein Ja für die Kampfjets gab. "Man hat gezeigt, dass man den Luftraum geschützt wissen will." Sie glaubt, dass Verteidigungsministerin Viola Amherd einen sehr guten Abstimmungskampf gemacht hatte. Sie geht aber davon aus, dass die linken Parteien ihre Unterstützer sehr gut mobilisieren konnten.
Trotz des denkbar knappen Ausgangs kann das Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport unter Viola Amherd nun des Kampfflugzeugprogramm sowie die (nicht dem Volksentscheid unterworfene) Beschaffung von Flugabwehrsystemen wie geplant fortführen.
"Das Ja bedeutet eine langfristige Investition in die Sicherheit der Schweizer Bevölkerung und der Infrastruktur dieses Landes", sagte Verteidigungsministerin Amherd in der Pressekonferenz des Bundesrates um 17:45 Uhr. Die Schweizer Armee werde so auch in Zukunft ihre Aufgaben erfüllen können.
"Es ist ein großer Betrag, und deshalb müssen wir den Beschaffungsprozess transparent, korrekt und sauber weiterführen", so Amherd weiter. Auf eine mögliche ablehnende Volksinitiative könne man nicht warten. Es gelte nach wie vor, eine genügende Anzahl an Kampfflugzeugen zu beschaffen und innerhalb des Kostenrahmens den besten Anbieter zu wählen. Einzelne Kandidaten vorab auszuschließen komme nicht in Frage.
Typenentscheidung im zweiten Quartal 2021
Die zweiten Offerten für neue Kampfflugzeuge und für neues System der bodengestützten Luftverteidigung grösserer Reichweite sollen im November eintreffen. Nachdem Saab mit der Gripen E ausgeschieden ist sind noch der Eurofighter, Boeing mit der F-18E/F, die Dassault Rafale und die Lockheed Martin F-35 im Rennen.
Mit den Informationen aus der zweiten Offerte und den Erkenntnissen aus den verschiedenen Erprobungsaktivitäten wird der Gesamtnutzen jedes Systems ermittelt. Die Resultate fliessen zusammen mit einer umfassenden Risikoanalyse in den Evaluationsbericht, in dem der jeweilige Gesamtnutzen des neuen Kampfflugzeugs bzw. des neuen Systems der bodengestützten Luftverteidigung grösserer Reichweite den Beschaffungs- und Betriebskosten für 30 Jahre gegenübergestellt wird.
Die Erarbeitung der Evaluationsberichte wird für das erste Quartal 2021 angepeilt, so dass im zweiten Quartal der Bundesrat den Typenentscheid für einen Kampfjet und für neues System der bodengestützten Luftverteidigung treffen kann. Die Beschaffung würde dann mit der Armeebotschaft 2022 eingeleitet, mit Lieferungen ab 2025.
Die Ergebnisse in den einzelnen Kantonen
Aargau 56.9% Ja
Appenzell A. Rh. 51.7% Ja
Appenzell I. Rh. 57.5% Ja
Basel-Landschaft 49.7% Ja
Basel-Stadt 36.7% Ja
Bern 51.4% Ja
Fribourg 45.7% Ja
Genf 37.2% Ja
Glarus 60.3% Ja
Graubünden 53.0% Ja
Jura 31.4% Ja
Luzern 54.9% Ja
Neuenburg 38.4% Ja
Nidwalden 65.7% Ja
Obwalden 62.3% Ja
Schaffhausen 51.2% Ja
Schwyz 62.7% Ja
Solothurn 53.8% Ja
St. Gallen 53.3% Ja
Tessin 47.2% Ja
Thurgau 55.6% Ja
Uri 62.0% Ja
Waadt 41.1% Ja
Wallis 52.0% Ja
Zug 59.9% Ja
Zürich 50.3% Ja