Das Szenario der Operation Spinnennetz könnte auch aus einem Agententhriller stammen. Im Tscheljabinsk bei Swerdlowsk in Russland hatten ukrainische Agenten ein Gebäude angemietet. Dort sammelten sie Drohnen und montierten Container-artige Holzhäuser, die zum Beispiel als Jagdhütten sehr beliebt sind. In einem doppelten Boden unter den Dächern versteckten sie mit Sprengsätzen versehene Einwegdrohnen. Zum Schluss heuerten sie wohl unwissende russische LKW-Fahrer an, um die Anhänger in die Nähe der militärischen Ziele zu bringen. Zum gleichen Zeitpunkt am 1. Juni öffneten sich die Dächer, und insgesamt 117 ferngesteuerte Drohnen stiegen auf.
Das russische Verteidigungsministerium hat zwar Angriffe auf Ziele in den Regionen Amur, Irkutsk, Iwanowo, Murmansk und Rjasan bestätigt. Allerdings soll es nur auf zwei Fliegerhorsten zu beschädigten Flugzeugen gekommen sein. Laut dem Telegram-Kanal Fighterbomber, der dem russischen Militär nahesteht, liegt die Zahl der getroffenen Maschinen im einstelligen Bereich. Der Großteil der Drohnen hätte seine Ziele verfehlt. Die Ukraine gab dagegen die Ausschaltung von 34 Prozent der strategischen Bomber-Flotte an. Ein Mitglied des ukrainischen Sicherheitsrates sprach mittlerweile nur von mindestens 13 zerstörten Flugzeugen.
Belaja schwer getroffen
Die Wahrheit dürfte in diesem Bereich liegen. Satellitenbilder geben nun erste Hinweise. Allerdings sind derzeit aufgrund der dichten Wolkendecke über Russland meist nur SAR-Aufnahmen (öffentlich) verfügbar. Diese Radare mit synthetischer Apertur tasten die Oberfläche mit elektromagnetischen Wellen ab und liefern so entsprechende Abbildungen, deren Genauigkeit nicht mit optischen Methoden mithalten kann. Dennoch lassen sich auf dem Fliegerhorst Belaja bei Irkutsk vier Tupolew Tu-95MS Bear erkennen, die mindestens schwer beschädigt sind.
Blackjacks im Visier?
Die russischen Streitkräfte haben auch einen Teil der Tu-160-Flotte nach Belaja verlegt. Auf ihrer eigentlichen Basis in Engels bei Saratow schienen die Bomber zu gefährdet durch ukrainische Drohnenangriffe.

Die Drohnen waren in Holzcontainern versteckt.
Ein Video aus Beleja vom 1. Juni zeigt mindestens sechs abgestellte Blackjacks mit Rauch in der Nähe. Die großen Feuer brennen jedoch links davon. Vier Tu-22M3 Backfire sollen hier zerstört worden sein.
Bears in Olenja zerstört
In Olenegorsk/Olenja zeigen von den Drohnen übertragene Videoaufnahmen vier brennende Tu-95 und eine An-12. Ein Satellitenbild vom 3. Juni zufolge sollen drei Bears und der Antonow-Transporter zerstört sein. Auf Fotos der Basis in Rjasan sind keine größeren Schäden zu erkennen, und von Iwanowo gibt es noch keine veröffentlichten Aufnahmen. Damit scheinen aktuellen Erkenntnissen nach tatsächlich nur zwei der Angriffe auf die Fliegherhorste erfolgreich gewesen zu sein: in Belaja und Olenja. Unbestätigten Analysen zufolge liegen die russischen Verluste bis dato bei sieben zerstörten Tu-95 und vier Tu-22M3 sowie einer An-12.
Da sowohl die Bear als auch die Backfire nicht mehr gebaut werden und ein Nachfolgemuster in weiter Ferne ist, wäre dies ein herber Schlag für die russischen Fernfliegerkräfte. Von den fast 500 gebauten Exemplaren der Tu-22M befanden sich noch nur etwas weniger als 60 Maschinen im Inventar. Bei der Tu-95 waren es knapp 50 (von mehr als 500). Somit wiegt jeder Verlust besonders schwer. Als erste Reaktion auf die Angriffe kontrollieren die russischen Behörden verstärkt LKWs. Dadurch kommt es zu kilometerlangen Staus. Auf den Fliegerhorsten sollen nun improvisierte Zeltstrukturen die wertvollen Flugzeuge schützen.