Ariane 6: Vinci-Endmontage künftig in Lampoldshausen

Oberstufentriebwerk der Ariane 6
Vinci-Endmontage künftig in Lampoldshausen

ArtikeldatumVeröffentlicht am 24.10.2025
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Vinci-Endmontage künftig in Lampoldshausen
Foto: ArianeGroup

ArianeGroup Deutschland wird das Vinci-Oberstufentriebwerk der Ariane 6 in Zukunft in Lampoldshausen in Baden-Württemberg, am Standort des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), fertigen. Die DLR-Einrichtung Raumfahrtantriebe wird im Anschluss die finalen Triebwerkstests auf dem Prüfstand P4.1 durchführen. Das DLR und ArianeGroup haben am 24. Oktober eine entsprechende Vereinbarung unterzeichnet. Künftig können nach Angaben von ArianeGroup bis zu zwölf Vinci-Triebwerke jährlich in Lampoldshausen produziert werden.

Bisher fanden Endmontage und Systemintegration, einschließlich der Flugabnahmetests des Vinci am ArianeGroup-Standort im französischen Vernon statt. Die neue Arbeitsteilung geht auf eine im Dezember 2024 zwischen Deutschland, Frankreich, Italien und der Europäischen Raumfahrtagentur ESA geschlossene Vereinbarung zurück, die wiederum auf Entscheidungen der vorangegangenen Ministerratskonferenzen der ESA-Mitgliedsstaaten basiert. "Das Vinci-Triebwerk ist ein großartiges Beispiel für die deutsch-französische DNA von ArianeGroup. Die Konzeption des Triebwerks und wichtige technologische Bausteine kommen aus Vernon in der Normandie. Die Entwicklung und die Produktion der Schubkammern findet im Kompetenzzentrum Ottobrunn bei München statt. Die Integration der Vinci-Triebwerke in Lampoldshausen ist Ausdruck der guten Zusammenarbeit mit dem DLR und der Europäischen Weltraumorganisation ESA und unterstreicht unser Bekenntnis zu einem souveränen und vereinten Europa in der Raumfahrt", so Jens Franzeck, Chief Industrial Officer (CIO) von ArianeGroup. Die Integration des Triebwerks in die Oberstufe der Ariane 6 erfolgt weiterhin in Bremen.

DLR

Das Vinci-Oberstufentriebwerk war eigentlich für die Ariane 5 ME (Midlife Evolution) vorgesehen. Die Arbeiten an Vinci begannen bereits um die Jahrtausendwende, wurden jedoch nach dem Fehlstart der Ariane 5 im Jahr 2002 zurückgestellt. Nachdem die von Deutschland favorisierte Weiterentwicklung der Ariane 5 Ende 2014 zugunsten der von Frankreich bevorzugten Ariane 6 gestrichen wurde, bekam das kryogene Oberstufentriebwerk eine neue Chance.

Mehrfach wiederzündbar

Vinci funktioniert nach dem Expander-Cycle-Verfahren: Der flüssige Wasserstoff umströmt zur Kühlung zuerst die Brennkammer, wird dabei verdampft und treibt dann eine Turbopumpe für die Treibstoffförderung an. Als Oxidator dient flüssiger Sauerstoff. Das Besondere an Vinci: Es ist bis zu fünf Mal wiederzündbar. Dadurch kann die Ariane 6 Nutzlasten in andere Orbits befördern, als das bisher möglich war. Interessant ist das unter anderem für das Aussetzen von Satellitenkonstellationen und für Missionen in den tieferen Weltraum. Eine wichtige Rolle für die Wiederzündbarkeit des Vinci spielt die neue Hilfsantriebseinheit (Auxiliary Propulsion Unit, APU). Sie übernimmt das Tankmanagement, während das Triebwerk ausgeschaltet ist, sorgt für die richtigen Drücke und Temperaturen und überwacht den Füllstand. Bei Bedarf steuert die APU zusätzlichen Schub zu Vinci bei. Wie viel genau darüber schweigt ArianeGroup. Das Vinci selbst liefert 180 kN Schub.

Im DLR-Testzentrum für Raketentriebwerke in Lampoldshausen wurden in der Vergangenheit bereits zahlreiche Entwicklungs- und Qualifikationstests des Vinci durchgeführt. "Mit unserer einzigartigen Infrastruktur und dem großen Engagement unserer Teams leisten wir hier einen entscheidenden Beitrag zur Zukunft der europäischen Raumfahrt. Die enge Zusammenarbeit von DLR und ArianeGroup in Lampoldshausen zeigt, wie Wissensaustausch, Transfer und industrielle Fertigung ineinandergreifen. Gemeinsam arbeiten wir an der Weiterentwicklung dieses außergewöhnlichen Raumfahrtstandorts – und stärken damit nicht nur Deutschlands, sondern auch Europas Rolle im Weltraum", sagte die DLR-Vorstandsvorsitzende Prof. Dr.-Ing. Anke Kaysser-Pyzalla.

DLR

Deutschland hat sich mit rund 800 Millionen Euro an der Entwicklung der neuen Trägerrakete Ariane 6 beteiligt. Sie absolvierte ihren Erstflug am 9. Juli 2024. Damals war es zu einer Fehlfunktion der APU gekommen, die eine dritte Zündung des Vinci und eine Deorbitierung der Oberstufe verhinderte. In diesem Jahr ist die Ariane 6 bisher zweimal gestartet: Am 6. März mit dem französischen Militärsatelliten CSO-3 und am 12. August mit dem europäischen Wettersatelliten Metop-SGA1 und seiner Erdbeobachtungsnutzlast Sentinel-5A. Am 4. November ist die nächste Mission der Ariane 6 geplant, dann soll sie den Copernicus-Satelliten Sentinel-1D in den Orbit bringen. Bis Ende des Jahres ist noch ein vierter Start der Ariane 6 mit zwei Galileo-Satelliten vorgesehen. Ein genauer Termin steht noch nicht fest.