Seit dem 16. Oktober sind Matthias Maurer und seine NASA-Kollegen Raja Chari, Tom Marshburn und Kayla Barron bereits in Quarantäne. Das heißt aber nicht, dass der gebürtige Saarländer nichts zu tun hätte: "Wir machen noch verschiedene Übungen, gehen den Ablauf bis zum Start durch", sagte der 51-Jährige bei seiner vorerst letzten Presskonferenz auf der Erde am 29. Oktober. Aufgeregt sei er zu seinem eigenen Erstaunen noch nicht. "Die Aufregung wird wohl spätestens kommen, wenn die Rakete zündet."
Darauf muss Maurer nun noch ein paar Tage länger warten als geplant. Zunächst wurde der für den 31. Oktober geplante Start wegen eines großen Sturmsystems, das durch den Nordosten der USA wanderte, auf den 3. November verschoben. Am 1. November teilte die NASA mit, dass es ein kleineres medzinisches Problem bei einem der Crew-Mitglieder gebe. Es handle sich aber nicht um einen medizinischen Notfall und es gebe auch keinen Zusammenhang zu COVID-19. Welcher Astronaut betroffen ist, teilte die US-Raumfahrtbehörde nicht mit. Am 4. November gab die NASA bekannt, dass der Start erneut wegen schlechten Wetters verschoben werden müsse. Zuletzt musste wegen der Rückkehr der Crew-2-Mission mit dem französischen ESA-Astronauten Thomas Pesquet noch einmal umgeplant werden.
Maurer, Chari, Marshburn und Barron sollen im Rahmen der Crew-3-Mission nun frühestens am Mittwoch, 10. November um 21.03 Uhr Ortszeit (Donnerstag, 11. November, 2.03 Uhr MEZ) vom Launch Complex 39A des Kennedy Space Centers in Florida starten. Eine Falcon-9-Trägerrakete wird die brandneue Crew Dragon "Endurance" – beides von SpaceX – in den Erdorbit bringen. Der Flug zur ISS dauert rund 22 Stunden.
Außenbordeinsatz am russischen Segment
Matthias Maurer wird als 600. Mensch ins All fliegen. Während seiner sechs Monate auf der ISS wird der ESA-Astronaut mehr als 100 Experimente durchführen, davon 36 aus Deutschland. Im Rahmen seiner Mission namens "Cosmic Kiss" wird Maurer auch Wartungs- und Upgradearbeiten an der ISS übernehmen. Er soll beispielsweise mithelfen, den neuen europäischen Roboterarm (ERA) am russischen Segment in Betrieb zu nehmen. Damit ist er der erste Europäer seit Thomas Reiter, der in einem russischen Raumanzug einen Außenbordeinsatz durchführen wird.
Für den promovierten Materialwissenschaftler ist es der erste Raumflug – und die Erfüllung eines Lebenstraums, wie er selbst sagt. Doch es war ein langer Weg bis dahin: Bei der Astronautenauswahl 2008/2009 war Maurer einer der zehn Top-Kandidaten, am Ende klappte es aber aufgrund mangelnder Flugmöglichkeiten nicht. "Das ist, als würde einem der Boden unter den Füßen weggezogen. Eine Silbermedaille gibt es bei der Astronautenauswahl ja leider nicht", so Maurer in einem Interview mit der FLUG REVUE im Frühjahr. 2015 wurde er schließlich doch in das europäische Astronautenkorps aufgenommen, 2018 schloss er seine Raumfahrergrundausbildung ab.
Maurer tritt aus europäischer Sicht die Nachfolge des Franzosen Thomas Pesquet auf der ISS an. Pesquet und die NASA-Astronauten Shane Kimbrough und Megan McArthur sowie der japanische Raumfahrer Aki Hoshide sollen nach 199 Tagen im All am Montag, 8. November, mit der Crew Dragon "Endeavour" zur Erde zurückkehren. Die SpaceX-Kapsel soll um 8.05 Uhr (MEZ) von der ISS abdocken und gegen 4.33 Uhr (MEZ) am 9. November vor der Küste Floridas wassern. Die ursprünglich geplante persönliche Übergabe auf der ISS zwischen Pesquet, der seit dem 4. Oktober die Rolle des Kommandanten auf der ISS innehatte, und Maurer wird nicht stattfinden.