Einmal durch die Republik: Die erste voll funktionsfähige Ariane-6-Oberstufe war in der Nacht auf den 29. Januar in einem Transportcontainer zu ihrer Reise nach Süddeutschland gestartet und ist am Valentinstag am Standort Lampoldshausen des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) angekommen.
Über die Weser und die Nordsee wurde die Oberstufe zunächst nach Rotterdam geschickt, von dort ging es weiter über die niederländische Waal in den Rhein. In Mannheim bog das Transportschiff in den Neckar ab, bevor die Schiffsreise in Bad Wimpfen endete. Ein Schwertransporter brachte den rund 57 Tonnen schweren Container dann nach Lampoldshausen. Die ursprünglich für den 7. Februar geplante Ankunft verzögerte sich aufgrund des Hochwassers.

Meilenstein vor dem Erstflug
In Lampoldshausen wird das HFM in den kommenden Monaten auf dem eigens neu gebauten Prüfstand P5.2 installiert und anschließend auf Herz und Nieren getestet. Im Rahmen der mehrmonatigen Versuchskampagne seien ein reiner Be- und Enttankungs-Test sowie vier "heiße" Testläufe geplant, so das DLR. Mit diesen Heißlauftests, die im zweiten Quartal stattfinden sollen, wird die Oberstufe als flugtauglich qualifiziert.

Die Oberstufe der Ariane 6 ist 11,6 Meter hoch und hat einen Durchmesser von 5,4 Metern. Ihr neu entwickeltes, kryogenes Vinci-Triebwerk hat eine Brenndauer von mehr als 14 Minuten und kann bis zu vier Mal gezündet werden. Dadurch können mehrere Nutzlasten in verschiedenen Orbits ausgesetzt werden. Betrieben wird es mit flüssigem Sauerstoff und flüssigem Wasserstoff. In der Oberstufe befindet sich zudem die Steuerungselektronik, die die Ariane 6 auf Kurs bringt und hält.
"Dass es mit der Oberstufenentwicklung und den dazugehörigen Tests vorangeht, ist ein wichtiges Signal. Denn eigentlich sollte die im Dezember 2014 auf der ESA-Ministerratskonferenz in Luxemburg beschlossene, neue europäische Trägerrakete im Jahr 2020 zum ersten Mal in den Weltraum starten", so Dr. Walther Pelzer, Vorstand und Leiter der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR, die im Auftrag der Bundesregierung das deutsche ESA-Budget steuert. Mit den Tests in Lampoldshausen komme man dem Erstflug der Ariane 6, der nun frühestens im zweiten Quartal 2022 geplant ist, einen bedeutenden Schritt näher.
Weitere Oberstufen in der Produktion
In Bremen stehen schon die beiden nächsten Ariane-6-Oberstufen kurz vor ihrer Fertigstellung: das sogenannte Combined Test Model (CTM), das im zweiten Halbjahr 2021 für gemeinsame Tests mit der Hauptstufe auf der neuen Startrampe am europäischen Weltraumbahnhof in Kourou eingesetzt werden soll, sowie das sogenannte Flight Model 1 (FM-1) für den Erstflug.

Die Bodenanlagen für die Ariane-6-Startrampe werden derzeit von der französischen Raumfahrtbehörde CNES gebaut, während im Werk der Arianegroup im französischen Les Mureaux neben der Hauptstufe für den Erstflug (FM1) auch die Hauptstufe für kombinierte Tests (ein weiterer Teil des CTM) integriert wird.