3, 2, 1, allumage Vulcain: Erste Ariane 6 fliegt

Erstflug der neuen europäischen Trägerrakete
3, 2, 1, allumage Vulcain: Erste Ariane 6 fliegt

Veröffentlicht am 09.07.2024

Die Erleichterung bei der europäischen Weltraumorganisation ESA, der französischen Raumfahrtbehörde CNES, dem Raketenhersteller ArianeGroup und dem Stardienstleister Arianespace dürfte groß gewesen sein, als die erste Ariane 6 am Dienstag, 9. Juli, um 16 Uhr Ortszeit (21 Uhr MESZ) vom europäischen Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana abhob. Damit startete die neue europäische Trägerrakete ein gutes Jahr nach dem letzten Flug ihrer Vorgängerin Ariane 5 und vier Jahre später als ursprünglich geplant.

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Der Start, die Abtrennung der beiden Booster und der Nutzlastverkleidung, die Stufentrennung und schließlich die erste Zündung des Vinci-Oberstufentriebwerks knapp acht Minuten nach dem Start klappten wie geplant. Das Vinci feuerte etwa elf Minuten lang. Während der sogenannten Coasting-Phase, so etwas wie der Reiseflug, allerdings ohne gezündetes Triebwerk, lief die neue APU (Auxiliary Power oder Propulsion Unit) mehrmals erfolgreich. Sie ist für das Tankdruckmanagement zuständig, wenn das Oberstufentriebwerk nicht läuft, und ermöglicht die Wiederzündung von Vinci. Die APU liefert bei Bedarf auch zusätzlichen Schub. Die Oberstufe flog einen kreisrunden Orbit in bis zu 580 Kilometern Höhe und einer Inklination von 62 Grad. 56 Minuten nach dem Start zündete das Vinci zum zweiten Mal, diesmal nur für 22 Sekunden.

Problem während der Demonstrationsphase

Nach etwas mehr als einer Stunde wurde die acht mitgeführten CubeSats in drei Wellen ausgesetzt, zum Einsatz kamen dafür zwei Deployer. Fünf Experimente blieben auf der Oberstufe fixiert. Nach dem Aussetzen der CubeSats sagte der ESA-Generaldirektor Josef Aschbacher sichtlich gelöst: "Es ist elektrisch hier, die Stimmung ist so gut. Ein großes Danke an alle, die an dieser Trägerrakete gearbeitet haben. Wir schreiben heute Geschichte, wir haben Erfolg. Wir haben immer noch ein bisschen Arbeit vor uns, um genau zu sein. Aber wir haben wichtige Schritte gemacht, wir haben den dritten Trennungsbefehl für die Nutzlast gegeben, die APU und das Vinci wurden ein- und ausgeschaltet. Alles ist nominal, alles läuft so gut, das ist so ein schöner Moment."

Nach dem Aussetzen der CubeSats folgte die Demonstrationsphase, während der das Verhalten der Oberstufe in Mikrogravitation untersucht wurde. Zwei Stunden und 37 Minuten nach dem Start sollte das Vinci ein drittes Mal zünden, diesmal für knapp 30 Sekunden. Das sollte die Oberstufe in die Atmosphäre lenken, damit sie verglüht. Das ist eine Neuheit im Vergleich zur Ariane 5, deren Oberstufen in einen stabilen Friedhofsorbit flogen, wo sie mindensten 25 Jahre die Erde umkreisen, bevor sie schließlich verglühen. Allerdings gab es kurz nach dem zweiten Anschalten der APU eine Anomalie und sie wurde aus Sicherheitsgründen wieder ausgeschaltet. Wegen des Problems konnten zwei Wiedereintrittskapseln nicht wie geplant ausgesetzt werden und auch das Deorbit-Manöver der Oberstufe war nicht möglich.

"Wir wissen noch nicht, warum sich die APU ausgeschaltet hat", sagte Martin Sion, CEO von ArianeGroup, in einer Pressekonferenz nach dem Erstflug. Die Daten werden nun analysiert, in ein bis zwei Wochen ist mit ersten Ergebnisse zu rechnen. Die Anomalie der APU hat nach Angaben des Arianespace-Chefs Stéphane Israel weder Auswirkungen auf den geplanten Produktionshochlauf noch auf die Planungen für den nächsten Start. Der soll im Dezember stattfinden und den französischen Aufklärungssatelliten CSO-3 in den Orbit bringen.