Die neue Schwerlastrakete New Glenn des Raumfahrtunternehmens Blue Origin von Amazon-Gründer Jeff Bezos ist am Donnerstag, 13. November, zu ihrem zweiten Flug (NG-2) aufgebrochen. Der Start erfolgte um 15.55 Uhr Ortszeit (22.55 Uhr MEZ) vom Launch Complex 36 der Cape Canaveral Space Force Station in Florida. An Bord trug die New Glenn die beiden ESCAPADE-Raumsonden der NASA, die den Mars untersuchen sollen.
Diesmal war auch die Landung der Erststufe der New Glenn erfolgreich. Der Aufstieg, die Abschaltung der Haupttriebwerke und die Stufentrennung verliefen wie geplant. Ähnlich wie bei Landungen der Erststufe der Falcon 9 von SpaceX zündete die New Glenn zunächst drei Triebwerke, um für den Wiedereintritt in die Erdatmosphäre abzubremsen. Kurz vor der Landung wurden alle Triebwerke zum Bremsen aktiviert. Rund neun Minuten nach dem Start landete die Erststufe namens GS1 autonom, mithilfe eines Triebwerks, auf dem Blue-Origin-Drohnenschiff Jacklyn im Atlantik.
Beim Erstflug der New Glenn am 16. Januar war die Erststufe während des Abstiegs zerstört worden. Die Triebwerke hatten nicht erneut gestartet, deshalb konnte die erforderliche Wiedereintrittszündung nicht durchgeführt werden. Die Oberstufe hatte damals aber wie geplant den Orbit erreicht.
Die Oberstufe flog am Donnerstag nach der Stufentrennung wie geplant weiter und ließ nach 33 Minuten die ESCAPADE Zwillingssonden im Abstand von 30 Sekunden frei. ESCAPADE steht für Escape and Plasma Acceleration and Dynamics Explorers, die Raumsonden sollen untersuchen, wie der Mars von der Sonne und den Sonnenstürmen beeinflusst wird. Gebaut wurden die Mars-Sonden vom neuseeländisch-amerikanischen Unternehmen Rocket Lab. Geleitet wird die ESCAPADE-Mission von der University of California in Berkeley.
Ankunft am Mars 2027
"Die ESCAPADE-Mission ist Teil unserer Strategie, die Vergangenheit und Gegenwart des Mars zu verstehen, damit wir die ersten Astronauten sicher dorthin schicken können", sagte Nicky Fox, stellvertretende Administratorin der Wissenschaftsdirektion im NASA-Hauptquartier in Washington. "Das Verständnis des Weltraumwetters auf dem Mars hat für zukünftige Missionen höchste Priorität, da es uns hilft, Systeme, Roboter und vor allem Menschen in extremen Umgebungen zu schützen." Ironischerweise sorgten heftige Sonnenstürme in den vergangenen Tagen dafür, dass sich der Start der New Glenn verzögerte.
Die beiden Mars-Sonden werden nun zunächst zum Lagrange-Punkt L2 fliegen, der rund 1,5 Millionen Kilometer außerhalb der Erdbahn liegt. Im November 2026, wenn Erde und Mars günstiger zueinander stehen, werden die ESCAPADE-Sonden zum Mars aufbrechen und zuvor bei einem Swingby-Manöver an der Erde Schwung holen. Der Flug zum Mars dauert zehn Monate, die Sonden sollen im September 2027 ankommen und im Juni 2028 ihre wissenschaftlichen Beobachtungen beginnen.
Die New Glenn trug zudem eine Kommunikationsdemonstration des Satellitendienstleisters Viasat als Nutzlast. Dabei wurden Telemetriedaten der Raketenoberstufe über das geostationäre Satellitennetzwerk von Viasat zur Erde übertragen.
Nächster Start Anfang 2026
Für Blue Origin war die Mission NG-2 ein voller Erfolg. "Noch nie zuvor in der Geschichte hat ein so großer Booster beim zweiten Versuch die Landung geschafft. Dies ist erst der Anfang, denn wir steigern rasch unsere Flugfrequenz und liefern weiterhin für unsere Kunden", sagte Dave Limp, CEO von Blue Origin.
Nach Angaben von Blue Origin befinden sich mehrere New-Glenn-Raketen in Produktion und das Auftragsbuch sei für mehrere Jahre gefüllt. Zu den Kunden gehören neben NASA und Viasat auch Amazon mit der Satellitenkonstellation Project Kuiper, AST SpaceMobile und weitere Telekommunikationsanbieter. Blue Origin lässt die New Glenn auch für militärische Starts zertifizieren. Der nächste Start könnte Anfang 2026 stattfinden und einen Prototyp von Blue Origins Mondlandefähre Blue Moon Mark 1 auf den Weg zum Mond bringen.
Die New Glenn ist eine zweistufige Trägerrakete mit einer Höhe von 98 Metern. Die Erststufe wird von sieben BE-4-Triebwerken von Blue Origin mit je 2450 kN Schub angetrieben, als Treibstoff werden Flüssigmethan und Flüssigsauerstoff verwendet. Die Erststufe ist Blue Origin zufolge für mindestens 25 Flüge ausgelegt. In der Oberstufe kommen zwei wiederzündbare BE-3U-Triebwerke mit je 778 kN zum Einsatz, sie werden mit Flüssigwasserstoff und Flüssigsauerstoff betrieben. Die Nutzlastverkleidung hat einen Durchmesser von sieben Metern, die Nutzlastkapazität beträgt mehr als 13 Tonnen in den geostationären Transferorbit (GTO) und 45 Tonnen in den niedrigen Erdorbit (LEO). Zum Vergleich: Die Falcon 9 von SpaceX, deren erste Stufe ebenfalls wiederverwendbar ist, ist 70 Meter hoch, hat einen Nutzlastverkleidungsdurchmesser von 5,2 Metern und kann 8,3 Tonnen in den GTO und 22,8 Tonnen in den LEO befördern.





