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JUICE nimmt Jupiter und seine Eismonde ins Visier

    Start wegen Wetter verschoben
    JUICE nimmt Jupiter und seine Eismonde ins Visier

    Die ESA-Sonde Juice soll herausfinden, ob es auf den Jupiter-Monden Bedingungen für die Entstehung von Leben gibt. Vorerst wurde der für Donnerstag geplante Start mit einer Ariane 5 in Kourou aber aus Wettergründen um zunächst einen Tag verschoben.

    JUICE nimmt Jupiter und seine Eismonde ins Visier
    Foto: Sonde: ESA/ATG medialab; Jupiter: NASA/ESA/J. Nichols (University of Leicester); Ganymed: NASA/JPL; Io: NASA/JPL/University of Arizona; Callisto und Europa: NASA/JPL/DLR

    Eigentlich hätte JUICE (JUpiter ICy Moons Explorer) am Donnerstag um 14.15 Uhr vom europäischen Weltraumbahnhof in Kourou, Französisch-Guayana starten sollen. Doch das Wetter spielte nicht mit: Über Kourou hingen am Donnerstag tiefe, dunkle Regen- und Gewitterwolken, zu groß war die Gefahr für Blitzschlag. Die europäische Raumfahrtagentur ESA und der Startdienstleister Arianespace gingen kein Risiko für die Trägerrakete Ariane 5 und ihre wertvolle Nutzlast ein und verschoben den Startversuch auf Freitag, 14.14 Uhr MESZ.

    Unsere Highlights

    JUICE ist die bisher komplexeste interplanetare Mission der ESA. Sie führt ins Jupiter-System, wo neben dem Gasriesen selbst auch die drei Monde Ganymed, Callisto und Europa näher untersucht werden sollen. Sie besitzen eine Eiskruste, unter denen Ozeane aus flüssigem Wasser vermutet werden. Die an JUICE beteiligten Wissenschaftler wollen wissen, ob es auf den Eismonden die Zutaten für die Entstehung von Leben gibt.

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    Für die ESA ist JUICE aus mehreren Gründen wichtig: "Zum einen ist die Mission von wissenschaftlicher Seite enorm interessant. Nach möglichem Leben zu suchen auf einem anderen Planeten in unserem Sonnensystem oder auf einem Eismond ist unglaublich herausfordernd", sagt der ESA-Generaldirektor Josef Aschbacher im Gespräch mit der FLUG REVUE, die zum Start nach Kourou eingeladen war. "Auf technischer Seite ist JUICE eine Mission, die unglaublich komplex ist, die einzigartige Technologie an Bord hat, die bisher nicht geflogen ist."

    An Bord der Sonde befinden sich zehn wissenschaftliche Instrumente, drei davon entstanden mit deutscher Beteiligung. Das Institut für Planetenforschung im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) verantwortete den Bau des Laser-Höhenmessers GALA (GAnymede Laser Altimeter) und war Teil des italienisch geführten Konsortiums beim Kamerasystem JANUS. Mit dem Spektrometer namens Sub-millimeter Wave Instrument (SWI) kommt ein weiteres Instrument an Bord von JUICE aus Deutschland, die Hauptverantwortung liegt beim Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Göttingen. Zudem hat die Deutsche Raumfahrtagentur im DLR mit 21 Prozent den größten finanziellen Einzelbeitrag eines ESA-Mitgliedsstaates zur Mission beigesteuert.

    Vier planetare Vorbeiflüge, um Schwung zu holen

    "Wir brauchen viel Energie und Geschwindigkeit, um die richtige Stelle an Jupiter zu erreichen", sagte Andrea Accommazzo, ESA-Flugbetriebsdirektor, bei einer virtuellen Pressekonferenz vergangene Woche. Mit einer Rakete in der Größenordnung des Space Launch System (SLS) sei ein Flug zum Jupiter in zwei Jahren möglich, aber das wäre für eine Wissenschaftsmission wie JUICE zu teuer. Die Ariane 5 bringt die Sonde in eine Umlaufbahn um die Sonne.

    Von dort aus wird JUICE auf dem Weg zum Jupiter vier Flyby-Manöver durchführen, um Geschwindigkeit aufzubauen: Im August 2024 ist ein naher Vorbeiflug an Mond und Erde geplant, ein Jahr darauf geht es vorbei an der Venus, bevor die Sonde im September 2026 und im Januar 2029 nochmal an der Erde Schwung holt.

    Im Juli 2031 wird JUICE schließlich am Jupiter ankommen. Bis November 2034 soll die Sonde 35 Vorbeiflüge an den drei Eismonden absolvieren, zwei an Europa, 21 an Callisto und zwölf an Ganymed. "Es ist eine komplexe Mission, weil wir ein komplexes System untersuchen", so Carole Mundell, die neue ESA-Wissenschaftsdirektorin, am Mittwoch bei einem Briefing in Kourou. Von Dezember 2034 bis September 2035 wird JUICE Ganymed umrunden und dort schließlich gezielt zum Absturz gebracht.

    Höllenhitze, Eiseskälte und Strahlung

    JUICE wird auf dem Flug zum Jupiter-System und am Ziel selbst sehr unwirtlichen Bedingungen ausgesetzt. Die Sonde muss Temperaturen von +250 Grad Celsius (an der Venus) und -230 Grad Celsius (im Schatten Jupiters) sowie die starke Strahlung des riesigen Gasplaneten aushalten. Deshalb wurden verschiedene Maßnahmen getroffen: Die High-Gain-Antenne wird als Schutzschild gegen die Hitze genutzt, zudem verfügt die Sonde über kleinere Schutzschilder. Zusätzlich wurde JUICE mit einer neuartigen Isolierung aus mehreren Schichten einer Silikon-Aluminium-Legierung ausgestattet. "Wenn wir an Jupiter sind, hilft uns das Material, die innere Wärme der Sonde zu halten", sagte Nicolas Altobelli, Leiter der JUICE-Mission auf Seiten der ESA, bei der Pressekonferenz vergangene Woche.

    Um sich gegen das Plasma (ein Gemisch aus freien Elektronen, Ionen und neutralen Teilchen) zu wappnen, das Jupiter mit großer Energie von sich wegschleudert, wurde JUICE mit zwei Kammern versehen, innerhalb derer sich die empfindliche Elektronik befindet. Die Wände wurden mit einer Aluminium-Blei-Legierung verstärkt. "Das Ganze wiegt 200 Kilogramm", so Altobelli.

    Die komplette Sonde wiegt rund 6,5 Tonnen, davon sind allein 2,8 Tonnen Treibstoff. Um das Licht der am Jupiter 740 Millionen Kilometer entfernten Sonne einzufangen und die Instrumente mit Energie zu versorgen, nutzt JUICE riesige, 85 m2 große Solarpanels – die größten, die jemals für eine interplanetare Sonde gebaut wurden. "Wir brauchen 900 Kilowatt Leistung, das ist ein bisschen weniger als ein Föhn", erklärte Altobelli.

    Trotz Corona fast im Zeitplan

    Die gesamte JUICE-Mission kostet 1,6 Milliarden Euro. "Eine große Zahl, aber ziemlich vernünftig", so Aschbacher am Mittwoch in Kourou. Er hob auch hervor, dass die Sonde beinahe pünktlich und im Kostenrahmen geliefert worden sei. Das ist nicht selbstverständlich, denn der Bau von JUICE begann im April 2020, als die Corona-Pandemie fast weltweit zum Stillstand führte.

    Beteiligt sind an JUICE 18 Institutionen und 83 Unternehmen aus 23 Ländern. Hauptauftragnehmer ist Airbus Defence and Space. Auch die NASA, die JAXA und die israelische Raumfahrtagentur ISA haben Instrumente und Hardware bereitgestellt. Insgesamt wirken mehr als 2000 Menschen an JUICE mit. Aschbacher bezeichnete JUICE gar als "Mission des Jahrzehnts".

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    Erscheinungsdatum 05.05.2023