Es war lange ruhig um die letzte flugfähige Lockheed L-1011 TriStar, die als Satellitenstartplattform in den Diensten des amerikanischen Luft- und Raumfahrtkonzerns Northrop Grumman steht. Die letzte Mission, bei der sie eine Pegasus-XL-Rakete auf eine Höhe von rund zwölf Kilometern brachte und dann ausklinkte, fand am 13. Juni 2021 statt. Damals demonstrierte die dreistufige Pegasus XL im Rahmen der TacRL-2-Mission (Tactically Responsive Launch-2) einen schnellen, flexiblen Start für die US Space Force. Diese Fähigkeiten sind nun wieder gefragt – und zwar für eine Rettungsmission der besonderen Art.
Der 2004 gestartet NASA-Forschungssatellit Swift verliert an Höhe und könnte kommendes Jahr unkontrolliert auf die Erde stürzen. Deshalb hat die NASA das Unternehmen Katalyst Space Technologies damit beauftragt, Swift wieder in einen höheren Orbit zu bringen. Katalyst entwickelt dafür ein robotisches Service-Raumfahrzeug namens LINK, das sich Swift annähern und ihn mithilfe eines speziellen Mechanismus einfangen soll, ohne sensible Instrumente zu beschädigen.

Der kleine Service-Satellit LINK soll Swift einfangen und in eine höhere Umlaufbahn bringen.
Doch das ist nicht die einzige Herausforderung: Katalyst hat nur acht Monate Zeit, um den Start vorzubereiten. Das Budget, das das Unternehmen von der NASA für die Mission bekommt, beträgt 30 Millionen US-Dollar und umfasst auch den Bau des Satelliten und die Startkosten. Hinzukommt, dass Swifts Inklination von 20,6° von US-Startplätzen schwierig zu erreichen ist.
Perfekt für die Rettungsmission
Und hier kommen die TriStar mit dem Spitznamen Stargazer und die Pegasus XL ins Spiel: Sie sollen den Katalyst-Service-Satelliten in den Weltraum befördern. Denn das Flugzeug-Raketen-Gespann ist für die Swift-Rettungmission wie gemacht. "Pegasus ist genau die Art von einzigartiger Trägerrakete, die wir für diese Mission benötigen", so Ghonhee Lee, CEO von Katalyst. "Es ist die einzige Trägerrakete, die die Anforderungen hinsichtlich Umlaufbahn, Zeitplan und Kosten erfüllt, um mit neuer Technologie etwas noch nie Dagewesenes zu erreichen." Der Start ist für Juni 2026 geplant.
Der erste Pegasus-Raketenstart aus der Luft fand am 5. April 1990 statt, damals noch von einer B-52 der NASA. Seitdem wurden laut Northrop Grumman 45 Missionen durchgeführt und fast 100 Satelliten in den Weltraum gebracht. Die Pegasus XL hat eine Nutzlastkapazität von 454 Kilogramm.
Die L-1011 mit der Kennung N140SC wurde 1974 gebaut und ging im selben Jahr bei Air Canada in Dienst. 1992 wurde sie von Orbital Sciences gekauft und umgebaut; ihre erste Pegasus-Mission absolvierte die Stargazer am 27. Juni 1994. Seit der Übernahme von Orbital durch Northrop Grumman 2018 trägt sie die Lackierung des Konzerns. Das Flugzeug hat seine Basis am Mojave Air & Space Port in Kalifornien. Die dreistufige Pegasus XL wird von Stargazer auf 40.000 Fuß (12,2 km) gebracht. Um die Rakete aufzunehmen, erhielt die TriStar einen verstärkten mittleren Flügelkasten mit fünf hydraulisch betätigten Ausklinkhaken. Weitere Modifikationen sind eine Öffnung im unteren Rumpf für das Seitenleitwerk der Pegasus-XL, eine Nutzlast-Klimaanlage sowie externe Kameras.





