Sea Lion fliegt vorerst nicht bei der Marine

Über 150 „Unregelmäßigkeiten“ in der Dokumentation
Sea Lion fliegt vorerst nicht bei der Marine

Zuletzt aktualisiert am 28.11.2019
Am 24. Oktober 2019 wurde der erste Sea Lion für die Marineflieger an das Beschaffungsamt übergeben.
Foto: Airbus Helicopters

Der erste von 18 neuen Marinehubschraubern, die den Sea King ablösen sollen, war am 24. Oktober in Donauwörth vom Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) übernommen worden. „Die Übernahme durch das BAAINBw war erforderlich und sinnvoll, um gemeinsam mit dem späteren Nutzer, der Marine, zu überprüfen, ob alle Voraussetzungen erfüllt sind, um zeitnah in den Anfangsflugbetrieb überzugehen“, so das Ministerium.

Nach der Übernahme wurde der Hubschrauber nach Nordholz überführt. Für die anschließende Wartung wurde die sogenannte „Interaktive Elektronische Technische Dokumentation (IETD)“ genutzt und dabei zugleich in der Tiefe überprüft. Eine Technische Dokumentation umfasst alle Informationen, die ein Waffensystem beschreiben und zu seiner Nutzung, Wartung und Reparatur anleiten. Sie stellt die Informationen systematisiert bereit und strukturiert sie so, dass der reibungslose Betrieb handhabungssicher ermöglicht wird. Die Technische Dokumentation ist damit essentiell für den sicheren Betrieb des Luftfahrzeuges.

Im Rahmen der Überprüfung ergaben sich laut Bundeswehr „bisher in deutlich mehr als 150 Positionen Unregelmäßigkeiten. In der Summe handelt es sich hierbei um erhebliche Fehler, die einen sicheren Flugbetrieb des Hubschraubers zunächst nicht erlauben“.

Beispiele für festgestellten Mängel sind:
# Fehlende Informationen zu dem in der Wartung notwendigen Abschmieren beweglicher Bauteile. Hier fehlen die Angaben zu der Art des Fetts, das verwendet werden muss, und wie oft dieser Vorgang durchzuführen ist.
#Unregelmäßigkeiten in der elektronischen Abbildung. Hier sind Verlinkungen in der Dokumentation nicht hinterlegt. Da Folgeschritte nach einzelnen Maßnahmen nicht angezeigt werden, ist eine folgerichtige Bearbeitung einzelner Wartungsschritte nur möglich, wenn die gesamte Dokumentation durchsucht wird.

Generell sei damit der „hohe Sicherheits- und Qualitätsstandard“ der Bundeswehr „durch den Hersteller noch nicht erfüllt“. Man sei zwar grundsätzlich von der Leistungsfähigkeit des Hubschraubers NH90 Sea Lion überzeugt, verzichte aber „auf einen vorschnellen Beginn des Ausbildungsflugbetriebes noch in diesem Jahr“, heisst es.

Der Hersteller hat zugesagt, die noch erheblichen Fehler in der Dokumentation schnellstmöglich zu beheben. Diese Verzögerung hat aber aktuell keine Auswirkungen auf die Herstellung der vollen Einsatzreife des Hubschraubers, die ab 2023 vorgesehen ist, so das Ministerium.