Ersatzteilmangel: Aeroflot will 737-Frachter zum Ausschlachten kaufen

Akuter Teilemangel
Aeroflot will 737-Frachter zum Ausschlachten kaufen

Zuletzt aktualisiert am 10.12.2024

Die Aeroflot-Gruppe ist Russlands größter Airliner-Konzern. Neben dem Flag Carrier Aeroflot als Muttergesellschaft gehören zu diesem Konzern auch die auf Inlands- und Charterflüge spezialisierte Rossija sowie die Billig-Airline Pobeda. Letztere fliegt mit einer reinen Boeing-Flotte, bestehend aus 42 Boeing 737-800. Die 42 US-Flugzeuge dauerhaft in Schuss zu halten, fällt Pobeda offenbar zunehmend schwer, angesichts der seit Ende Februar 2022 geltenden Sanktionen, durch die russische Fluglinien komplett von technischem Support und Ersatzteilversorgung durch westliche Hersteller abgeschnitten sind – zumindest auf legalem Weg.

Volga Dnepr Group // Atran Airlines

Frachter von Atran

Um dem entgegenzuwirken, hat Aeroflot für Pobeda einen Plan ausgeheckt. Wie die russische Zeitung Kommersant berichtet, plant der Konzern, fünf 737-800-Umbaufrachter zu besorgen – und diese als Teilespender auszuschlachten. Konkret hat Aeroflot dafür ein 737-Quintett der Cargo-Airline Atran im Auge, die wiederum eine Tochter der Volga-Dnepr-Gruppe ist. Atran flog vor dem Ukraine-Krieg mit bis zu zehn 737-Frachtern, musste die Flugzeuge nach Russlands Angriff auf das Nachbarland allerdings abstellen und sattelte 2023 notgedrungen auf Antonow An-12 um. Sechs der zehn Atran-737 sind Umbaufrachter der Version -800 – fünf davon will Aeroflot jetzt kannibalisieren. Vor allem Triebwerke, Fahrwerke, Avionik "und andere Komponenten" habe man dabei im Auge, zitiert Kommersant einen Insider. Zuvor hatte laut der Zeitung bereits die private S7 Airlines Interesse an den Flugzeugen gezeigt, es sei jedoch keine Einigung erfolgt.

Westlicher Leasinggeber

Tatsächlich muss sich auch Aeroflot formell erst mit dem Eigentümer der Maschinen einig werden. Und dieser heißt weder Atran noch Volga-Dnepr, sondern AerCap – und sitzt in Irland. Laut Kommersant beabsichtigt Aeroflot, von Volga-Dnepr den bestehenden Vertrag mit dem irischen Leasinggeber zu übernehmen und sich auf dieser Grundlage dann mit AerCap auf eine Ablöse der Jets zu einigen. Für AerCap wäre das vermutlich gar kein schlechter Deal: Die Atran-737 sind im Schnitt rund 22 Jahre alt und einfach "herausgeben" würde Russland die Flugzeuge wohl kaum, nachdem man sie über zwei Jahre einbehalten hat. Ein Verkauf an Aeroflot brächte immerhin noch ein wenig Geld, wenngleich die Summe wohl geringer ausfallen wird, als der Ende 2022 geschätzte Marktwert der fünf 737-800. Der betrug laut Kommersant zwischen 1,4 und 1,9 Milliarden Rubel pro Stück (13 bis 18 Millionen Euro). "Dies könnte die erste derartige Transaktion für den russischen Markt sein", so die Zeitung weiter.