American Airlines Group, nach Passagieraufkommen der größte Airlinekonzern der Welt, Betreiber von 1414 Flugzeugen und Arbeitgeber von rund 120 000 Menschen, bestellt Ende März eine neue Führung: Der langjährige Vorstandsvorsitzende, Finanzexperte Doug Parker, wird durch den Ingenieur Robert Isom abgelöst, bisher Vorstand für den Flugbetrieb und ebenfalls mit langjähriger American-Erfahrung. Doug Parker wechselt an die Spitze des Aufsichtsrates und hat dann nicht mehr mit dem Tagesgeschäft zu tun.
Der charismatische Parker, einst schon Chef von America West und US Airways, steuerte bei American Airlines (AA) nicht nur komplizierte Übernahmen, sondern verjüngte zuletzt deren Flotte zur mit Abstand jüngsten aller US-Branchenriesen. Dafür drücken nun allerdings hohe Schulden auf die Bilanz. Erst recht nach der Covid-Branchenflaute, die möglicherweise auch das bislang lukrative Geschäftsreisesegment für alle Linienairlines zugunsten mehr Privatreisender langfristig durcheinanderwirbelt.
Alternative Wege in der Krise
Im Vergleich mit der Konkurrenz, darunter Erzrivale Delta, fiel Amercian bei Börsenkurs und betrieblicher Zuverlässigkeit zurück. In den letzten fünf Jahren sank der Aktienwert um über 65 Prozent. Immerhin legte er 2021 aber schon wieder um beachtliche 19 Prozent zu.
In einem Kraftakt hatte Doug Parker American auch während der Covid-Nachfrageeinbrüche eine Beibehaltung ihres Drehkreuzverkehrs verordnet. Anders als die Konkurrenten, die ihre Netze in der Corona-Flaute oft "mit der Heckenschere" ausdünnten und pauschal Flüge strichen, behielt American an ihren Drehkreuzen gezielt mehrere "Banks", also Wellen, in denen Flüge nahezu zeitgleich eintreffen und abfliegen, bei. Dadurch konnte American mehr Passagieren Umsteigeverbindungen anbieten. Kehrseite war, dass American für ihre Umsteigewellen jeweils viel Personal zugleich an den Drehkreuzen vorhalten musste. Dies sorgte, mitten in der Flaute, für vergleichsweise höhere Personalkosten bei der Fluggesellschaft.

Schlankere Flotte durch effizientere Flugzeuge
Bei der Flotte entschied sich American dagegen früh für einen deutlichen Schrumpfkurs: Schon bei Beginn der Covid-Pandemie musterte American neun Airbus A330-300 und ihre 17 letzten Boeing 767-300ER aus. Im Oktober 2020 folgten dann auch alle 15 Airbus A330-200. Damit schrumpfte der aktive Bestand an Großraumjets schlagartig um 41 Flugzeuge. Auch im Standardrumpfbereich kürzte man empfindlich und musterte 34 ältere Boeing 757-200 aus, obwohl diese, dank ihrer hohen Reichweite, während der Covid-Flaute viele Langstrecken als wertvolle Lückenfüller bedient hatten. Als Ersatz sind auch hier fabrikneue Flugzeuge geplant: Für 46 Boeing 787 und 50 Airbus A321XLR (Lieferung ab 2023) hatte American im Frühjahr 2020 Bestellungen offen. Doch Boeing konnte von zwölf für das Jahr 2021 geplanten 787-8 nur drei an American ausliefern. Grund sind die bekannten, nur sehr zeitaufwendig zu reparierenden Dreamliner-Probleme wegen nicht maßgenau gefertigter Titan-Zulieferteile aus Italien. Auch die 737-MAX-Krise verspätete fest eingeplante Flugzeuglieferungen. Ohne Boeing 767 und Airbus A330 bleibt das Langstreckenaufkommen an der verbliebenen Großraumjet-Bestandsflotte hängen: an 67 Boeing 777 und schon zuvor übernommenen 46 Boeing 787.
Trotz Netzwerkkürzungen im Asien-Verkehr reichte diese Flotte nicht mehr ganz für das ab Sommer 2021 geplante Verkehrsaufkommen, das wieder stieg. Wie auch bei anderen US-Netzwerkairlines kam es schon in der jüngsten Hochsaison um Weihnachten deshalb zu empfindlichen Störungen und zahlreichen Flugausfällen. Dennoch sollen die abgestellten Flotten-Oldies nicht reaktiviert werden, sind ihre Piloten doch schon auf neue Muster umgeschult oder pensioniert. Auch das Dienstalter der Piloten dürfte eine Rolle spielen: Die altgedienten Crews sind naturgemäß teurer, sie stehen höher in der Hierarchie, während neu ausgebildete Piloten für den Arbeitgeber zunächst kostengünstiger sind. So verdient laut der US-Website "Airline Pilot Central" ein Erster Offizier auf der A320-Familieim ersten Dienstjahr neben seinem Grundgehalt einen Flugstundensatz von 90 Dollar, im zwölften Dienstjahr aber 190 Dollar.

Große Einstellungsoffensive
American sucht fliegendes Personal und spricht dabei auch gezielt Frauen, Veteranen, ethnische Minderheiten und finanziell schwächer gestellte Bewerber an. Auf einer eigenen Website, ähnlich wie bei Southwest und FedEx, können AA-Bewerber ihre Flugerfahrung und ihren Ausbildungsstand vermerken und aktualisiert halten, um bei den nächsten Einstellungswellen möglichst chancenreich berücksichtigt zu werden. Auch ab initio ist eine Ausbildung möglich. Sie wird an der American Airlines Cadet Academy erteilt und führt erfolgreiche Bewerber, die in der kostspieligen Ausbildung mit Krediten unterstützt werden, nach dem Abschluss zunächst in die Cockpits der American- Regionaltöchter Envoy, Piedmont und PSA, bevor die Beförderung ins große AA-Liniencockpit winkt.
Laut "Airline Pilot Central" braucht American, schon wegen anstehender Pensionierungen, allein im Jahr 2022 gut 600 neue Piloten, 2023 bereits gut 800 und 2024 und 2025 sogar je über 900, bevor der Ersatzbedarf danach wieder leicht sinkt. Rund 15.000 Piloten fliegen insgesamt für American.
Noch vor seinem Amtsantritt umriss der künftige Vorstandschef Robert Isom seine Zielrichtung für 2022: hohe Pünktlichkeit und Rückkehr zur operationellen Profitabilität, wenn alles gut geht, schon ab dem Frühjahr. Die Gesamt-strategie von American soll sich laut Isom aber nicht grundsätzlich ändern. Die Lösung der betrieblichen Probleme und der Finanzlage sei allein eine "Führungsaufgabe", für die er um Zeit und Unterstützung bitte.
Trotz einer Nachfrageabschwächung im Herbst sei das Jahr 2021 für AA relativ gut gelaufen. Der eher stille Isom gilt als Pünktlichkeitsfanatiker, der bei Schneesturm auch schon mal nachts bei der Gepäckverladung hilft, während der Coronapandemie die Mitarbeiter aufmuntert und schon bei einem früheren Job bei US Airways deren Pünktlichkeitsstatisik vom letzten Platz in die Spitzengruppe hievte.
In der Spitzengruppe ist American bereits beim Kabinenkomfort in ihren 17 Airbus A321, die für die hart umkämpften "Transcontinental"-Flüge von der US-Ost- an die US-Westküste mit einer spektakulären Ersten Klasse ausgerüstet sind. Die 17 Jets in dieser Sonderausführung "A321T" sind mit nur 102 Sitzen in drei Klassen luftig bestuhlt. Die vorderen zehn Passagiere thronen hier in luxuriösen Einzel-"Pods".