Auf dem Sprung: Australiens Qantas wächst wieder

Auf dem Sprung
Wie Qantas die große Wende schafft

Veröffentlicht am 06.05.2023

Alan Joyce, in Irland geborener Vorstandschef von Qantas, konnte am 23. Februar in Sydney triumphale Halbjahreszahlen vorlegen: "Nach insgesamt sieben Milliarden australischen Dollar Verlust (4,39 Mrd. Euro) in den drei Jahren der Pandemie macht der Qantas-Konzern wieder Gewinn: In der ersten Hälfte des Geschäftsjahres 2023 liegt er vor Steuern bei 1,4 Mrd. A. Dollar (880 Mio. Euro) – nach 1,3 Mrd. A. Dollar Verlust (820 Mio. Euro) im gleichen Vorjahreszeitraum", verkündete Joyce. Drei Gründe machte der Vorstandschef für die geglückte Erholung verantwortlich: die weiterhin stabile Reisenachfrage, die trotz steigender Zinsen und Inflation vor allem im Feriensegment hoch bleibe und in der Priorität vieler Verbraucher eher noch nach vorne rücke. Dann die gestiegenen Durchschnittserlöse, in einem Markt, an dem die volle Kapazität bei vielen Fluggesellschaften noch nicht wieder erreicht sei. Und schließlich das bereits vor drei Jahren eingeleitete Restrukturierungsprogramm bei Qantas, dank dessen das Unternehmen jährlich fast einen Dollar-Milliardenbetrag einspare, die Pandemie überlebt und sich schneller wieder erholt habe. Angesichts der Coronaflaute hatte der Vorstandschef im Mai 2019 sogar auf seine Bezahlung für den Rest des Jahres verzichtet.

Gestiegene Kosten

Einige Kosten seien aber auch gestiegen, räumte Joyce ein. So halte man derzeit noch zusätzliche Flugzeuge in Reserve und mehr Besatzungen in Bereitschaft, um jederzeit einen zuverlässigen Betrieb zu gewährleisten. In diesem Jahr koste die Vorsorge noch 125 Mio. Euro, um danach schrittweise zurückzugehen. Heute lägen die Flugpreise in Australien, vor allem wegen der um 65 Prozent gestiegenen Kerosinkosten, rund 20 Prozent über denen von 2021 vor der Pandemie, bedauerte Joyce. Vor allem bei kurzfristiger Buchung und an Spitzentagen sei das Fliegen teuer. Mit der Rückkehr des Angebotes sänken die Ticketpreise wieder. Qantas steigere ihre eigene Kapazität seit Januar deutlich und jetzt noch einmal im März. Bei längerer Vorbuchungsfrist könne man bereits wieder günstiger fliegen. Qantas biete gerade zwei Millionen Inlandsflüge zu Preisen unter 125 Euro an, ihre Niedrigpreistochter Jetstar sogar zehn Millionen Tickets für die Hälfte.

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Große Vorhaben

Mittels einer vorgezogenen, gigantischen Flottenerneuerung will Joyce die Kundenzufriedenheit verbessern, das Netzwerk stärken und strenge Umweltschutzziele schneller erreichen. Mit 299 neuen A220 und A320neo soll die Inlandsflotte ausgetauscht werden. Alleine in den nächsten drei Jahren übernimmt Qantas alle drei Wochen einen neuen Jet. Am 04. Mai erhielt Qantas seinen zwölften 787-9 Dreamliner, es ist die erste Auslieferung eines neuen Flugzeuges an den australischen Flag Carrier, seit drei Jahren. Laut Qantas sollen zwei weitere brandneue Dreamliner in Kürze folgen, sodass die Airline ihr internationales Netzwerk weiter ausbauen könne, beginnend mit Sydney nach San Francisco in diesem Monat und Sydney nach New York über Auckland im Juni. Ende 2025 werden dann auch die berühmten zwölf Airbus A350-1000ULR für das "Project Sunrise" geliefert. Nonstop soll diese Flotte Ziele wie New York und London ab Perth mit Australien verbinden, Flugzeit bis zu zwanzig Stunden

"Project Sunrise"-A350

Ende Februar stellte Qantas die Kabinenkonfiguration dieser 73,79 Meter langen Marathon-Twins vor: Statt sonst rund 300 Sitzen installieren die Australier nur 238 Sitze. Sechs Suiten der Ersten Klasse mit separatem Bett und 32-Zoll-Bildschirm in der fürstlichen Anordnung 1-1-1 bilden das Top-Angebot in diesen Widebodies. Dahinter folgen 52 Suiten der Business Class mit 18-Zoll-Bildschirm, deren Sessel sich in zwei Meter lange Betten verwandeln lassen, in der Anordnung 1-2-1. Danach beginnt das Abteil der Premium Economy Class mit 40 Sitzen in der Anordnung 2-4-2 und schließlich folgen noch 140 Sitze der Economy Class (Anordnung 3-3-3). Alle Passagiere können ohne Zuschlag ein schnelles Internet mit drahtloser Bluetooth-Anbindung nutzen, verspricht Qantas. Bewegungswillige Fluggäste der Economy Class können eine "Wohlfühlzone" aufsuchen, um dort Lockerungsübungen zu absolvieren, ohne andere zu stören. Außerdem gibt es ein Imbiss-Buffet.

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Personal gesucht

Bevor es soweit ist, muss Alan Joyce noch seinen eigenen Personalabbau aus der Coronazeit wieder rückgängig machen: 6000 Stellen waren gestrichen worden und 2500 Gepäckverlader wurden ausgeflaggt. Jetzt braucht Qantas für ihre neue Flotte wieder Mitarbeiter und will binnen zehn Jahren 8500 neue Stellen schaffen, darunter 1600 für Piloten, 800 für Mechaniker, 4500 für Flugbegleiter und 1600 am Boden. Von heute 23 500 Mitarbeitern soll der Konzern bis zum Jahr 2033 auf 32 000 Beschäftigte wachsen, keine leichte Aufgabe, denn Australiens Arbeitsmarkt ist leergefegt. Qantas will ihr Fachpersonal deshalb ab 2025 an der neuen "Qantas Group Engineering Academy" selbst ausbilden. Bis zu 300 Flugzeugmechaniker pro Jahr können dort lernen. Als Ersatz für altersbedingte Abgänge und zum Wachsen braucht die Gruppe in den nächsten zehn Jahren 200 Absolventen pro Jahr. Die erste Ausbildungsstufe dauert ein Jahr. Voll ausgebildete Wartungsingenieure brauchen insgesamt fünf Jahre bis zum Abschluss. "Wenn Sie Lust haben, in der Luftfahrt zu arbeiten oder sogar bei der nationalen Airline, wäre jetzt eine gute Zeit zum Einstieg", wirbt der Vorstandschef Alan Joyce bereits.

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Neue Chefin

Auch auf Führungsebene wird es eine Veränderung geben. Alan Joyce wird voraussichtlich im November 2023 nach 15 Jahren Führung in den Ruhestand gehen und seine Position an die Finanzvorständin Vanessa Hudson abgeben. Sie wäre damit die erste Chefin in der Konzerngeschichte. Alan Joyce wollte ursprünglich schon länger seinen Ruhestand antreten, blieb aber auf Bitte des Vorstandes noch länger, um als erfahrener Chef Qantas aus der Covid-Krise zu begleiten.

N509FZ (CC BY-SA 4.0)

Infos Qantas Airways Ltd.

Gründung: 1920 als Queensland and Northern Territory Aerial Services
ICAO-Code: QFA/ IATA-Code: QF
Allianz: Oneworld
Ziele: 85
wichtigste Drehkreuze: Brisbane, Melbourne, Sydney
Passagiere 2022: 21,25 Millionen
durch Flugunfälle getötete Passagiere: keine seit 1946
Umsatz: 5,73 Mrd. Euro (2022); 11,32 Mrd. (vor Corona, 2019)
Flotte*:
Qantas, QantasLink und Network Aviation: A380: 10, A330: 28, 737-800: 75, 787-9: 12, 717: 20, Q200/300/400: 50, F100: 18, A220: 11, E190: 12;
Jetstar Group: A320ceo/A321ceo: 65, 787-8: 11;
Qantas Freight: 737-300/400SF: 5, 767-300F: 1, A321-200P2F: 3, 747-8F: 2;
Konzern gesamt: 322 (*laut Geschäftsbericht 2022)