Wie die Luftfahrt CO2 einsparen will

Berlin Aviation Summit
SAF und neue Flugzeuge schonen das Klima am besten

Zuletzt aktualisiert am 04.06.2024
SAF und neue Flugzeuge schonen das Klima am besten
Foto: Steinke

Die unter anderem vom Wirtschaftsministerium, dem Verkehrsministerium, der EU und dem ILA-Mitveranstalter BDLI ausgerichtete Konferenz fand am 4. Juni im "Axica"-Konferenzzentrum am Brandenburger Tor statt. Dort sprachen unter anderem Wirtschaftsminister Habeck, Verkehrsminister Wissing, Airbus-Konzernchef Guillaume Faury, Boeing-Konzernchef David Calhoun und das Führungspersonal von DLR, Onera, EASA, Safran und weiteren Organisationen, Behörden und Unternehmen. Unser Foto zeigt eine der Berliner Diskussionsrunden, die in rascher Folge als moderierte Podiumsgespräche stattfanden.

Nach einer Eröffnung durch den Potsdamer Klimaforscher Johan Rockström, der wegen befürchteter Klimafolgen eine "mindestens dreistellige Carbonstrafe" für die Luftfahrt vorschlug, räumte Wirtschaftsminister Habeck ein, dass Fliegen auch "Freiheit" bedeute und ein "Menschheitstraum" sei. Dennoch müssten die Emissionen in der Luftfahrt gesenkt werden, etwa durch den Verzicht auf "unnötige" Flüge, zu denen Habeck Strecken wie München-Stuttgart oder Frankfurt-Berlin rechnete.

BDLI-Präsident Schöllhorn entgegnete, der Wechsel finde bereits statt. Man dürfe beim Fliegen nicht, wie zuvor beim Thema Sicherheitslage, den Fehler machen, Veränderungen zu spät zu erkennen. Durch eine Verjüngung der weltweiten Flugzeugflotte mit den neuesten Flugzeugmustern könnte man den Flotten-Kerosinverbrauch sofort um 25 Prozent senken. Schöllhorn warnte, dass neue Umweltregeln derzeit zu schnell erlassen würden. Dies bewirke eine Überregulierung in Europa, deren, wie er sagte, unerträgliches Tempo zum einseitigen Wettbewerbsnachteil für Europa werde. Schöllhorn sagte aber auch: "Investitionen in Nachhaltigkeit stärken unsere Branche."

Modernisierte Flotte fliegt bereits sauberer

Christian Scherer, Chef der Airbus-Verkehrsflugzeugsparte, erinnerte an 19 Millionen Arbeitsplätze, die weltweit an der Luftfahrtbranche hingen. Diese erwirtschafte außerdem 4,1 Prozent des globalen Bruttosozialproduktes. Erst ein Drittel der weltweiten Flotte sei "modern", hier könne man mit neuesten Flugzeugen schnelle CO2-Einsparungen bewirken. Ende 2023 habe das weltweite Flugaufkommen das Niveau vor Corona wieder erreicht, aber man habe bei gleicher Verkehrsleistung sieben Prozent weniger CO2 emittiert, als 2019, weil moderne Flugzeuge das Aufkommen umweltfreundlicher bewältigten. Zudem werde weniger Treibstoff verbraucht. Mit einer optimierten Flugsicherung und dem Einsatz von SAF (nachhaltigem Kerosin) könne man die CO2-Werte nochmals senken. Bei optimaler Herstellung könne man mit SAF künftig sogar 80 Prozent der bisherigen CO2-Emissionen in der Luftfahrt vermeiden, so Scherer.

Airbus baut Wasserstoffjet und A320-Nachfolger

Airbus-Konzernchef Faury kündigte an, das bis 2035 bei Airbus ein Verkehrsflugzeug mit Wasserstoffantrieb entwickelt werde. In der zweiten Hälfte dieser Dekade (2035 bis 2040) sei dann auch ein A320-Nachfolger an der Reihe. Hierzu untersuche und vergleiche man derzeit unterschiedliche Konfigurationen und Antriebsvarianten, habe sich aber noch nicht entschieden. Bis 2026 steige die Produktionsrate der A320-Familie auf 75 Flugzeug im Monat. Beim Wachstumstempo dorthin orientiere man sich am Wachstumsvermögen der Zulieferer. Der Ratenhochlauf erzeuge höhere Einnahmen, die Airbus in Forschung und Entwicklung stecke. Airbus wolle nicht das Fliegen reduzieren, sondern dessen Emissionen, so der Konzernchef. Die Hälfte der möglichen Verbesserungen bis zum klimaneutralen Luftverkehr entfalle auf neue Flugzeuge, die weniger verbrauchten, die andere Hälfte auf Treibstoffe, die weniger CO2-Belastungen erzeugten.

Boeing-Chef mahnt freien Handel an

Boeing-Konzernchef David Calhoun machte auf dem Rückweg von einem Besuch in Polen an der ukrainischen Grenze in Berlin Station. Er räumte die Probleme seines Unternehmens unumwunden ein. Transparenz sei der Schlüssel für die Verbesserungen. Boeing habe außerdem das Führungspersonal ausgetauscht, bis hin zum Aufsichtsratsvorsitz, die Produktion zeitweise angehalten und ein internes Sicherheitsbüro neu aufgebaut. Man verbessere die Lage aus eigenem Antrieb und nicht auf Anweisung der Behörden, die alle angestoßenen Änderungen aber anschließend prüften und genehmigten. Für neue Programme wolle sich Boeing Zeit nehmen. Mit Wisk untersuche und lerne man bereits, wie sich elektrische Luftfahrzeuge, hier in kleinerem Maßstab, zulassen ließen. Am Ende seiner Rede plädierte der Boeing-Chef für freien Welthandel. Dieser entwickele sich "in die falsche Richtung", so Calhoun. Das Thema Nachhaltigkeit müsse seitens der Politik in Vorschriften gefasst werden.

Safran-Chef Olivier Andriès sagte, er halte 30 Prozent Kraftstoffeinsparung bei der nächsten Flugzeuggeneration für möglich. Alleine das neue Triebwerk "Rise" erreiche ab dem Jahr 2025 schon 20 Prozent Verbesserung.