Es läuft nicht rund bei Boeing. Gerade erst hat der Airbus-Konkurrent die Auslieferungen der 787 auf Geheiß der US-Luftfahrtaufsicht FAA zum dritten Mal angehalten. Nach Informationen von "Leeham News" und des "Airfinance Journal" drohen Boeing nun weitere Verzögerungen. Grund ist demnach ein Fehler in einem Programm, mit dem sich an Bord installierte Softwareprogramme neu aufsetzen lassen. Das Problem betrifft offenbar die Boeing-Modelle 737 MAX und 787 und ist nach Einschätzung der FAA in dem Moment sicherheitsrelevant, wenn ein Flugzeug nicht an den ursprünglichen Besteller ausgeliefert wird und für einen nachrückenden Betreiber umkonfiguriert werden muss.
Option Selection Software
Die sogenannte Option Selection Software (OSS) identifiziert dabei alle Stellen im System, die ein Update erfordern – beispielsweise, wenn für einen neuen Betreiber Cockpitsysteme geändert werden und hierfür an mehreren Punkten neue Dateien aufgespielt werden müssen. Die erforderlichen Informationen sind demnach nirgendwo anders dokumentiert. "Aus den Astdiagrammen der Boeing-Produktion gehen zwar alle im Flugzeug verlegten Kabelstränge und Speichergeräte hervor, aber nicht, welche Software installiert wurde", fasst "Leeham News" das Problem zusammen.

Pfadfinder im Versionsdschungel
Das OSS ist eine Art Pfadfinder, der Techniker bei Modifikationen durch den Versionsdschungel dirigiert. Möglicherweise verirrt sich die Rekonfigurationshilfe aber manchmal selbst im Dickicht der Software – und identifiziert nicht alle Programme, die aktualisiert werden müssen, heißt es in dem Bericht.
Boeing hatte aus der Groundphase der 737 MAX Ende 2022 noch 220 737 MAX 8 und 737 MAX 9 sowie 30 737 MAX 7 und 10 im Bestand, die noch nicht zugelassen sind. Hinzu kommen rund 100 787, die sich in Lieferpausen seit 2020 bei Boeing aufgestaut haben. Bis Ende 2024 will Boeing das Flotteninventar auflösen – und vermarktet Flugzeuge neu. Lufthansa rückte bei ersten 787-9 etwa für Hainan Airlines und Vistara nach, auch in den 737 MAX-Beständen buchte Boeing bereits Dutzende Flugzeuge auf neue Kunden um. Weil Airlines dabei im Regelfall auch Optionen ändern, werden Softwareupdates nötig.
"Jegliches Vertrauen verloren"
Das OSS-Problem wirft Auslieferungen dieser Flugzeuge laut "Leeham News" um bis zu ein Jahr zurück. Boeing räumte gegenüber "Leeham News" zwar "Verzögerungen bei der Umsetzung bestimmter Modifikationen" ein, nannte aber keinen Zeitplan. Das Problem dürfte das ohnehin angespannte Verhältnis zwischen Boeing und FAA weiter belasten. "Die FAA hat jegliches Vertrauen in Boeing verloren", sagte ein Insider "Leeham News" und dem "Airfinance Journal"