Als in der Nacht von Sonntag aus Montag die letzte Stunde für den traditionsreichen Thomas Cook-Konzern schlug, befand sich Flug MT2643 gerade mitten über dem Atlantik. Um kurz nach 8:33 Ortszeit landete der Airbus A330, aus Orlando kommend, auf dem Flughafen Manchester. Es war der letzte reguläre Flug einer Maschine der Thomas Cook Airlines. Seitdem ruht der Betrieb der Fluggesellschaft ebenso wie der aller britischer Marken des Unternehmens. Die britische Zivilluftfahrtbehörde CAA hat die Lizenz der Thomas Cook Airlines mit sofortiger Wirkung eingefroren.
Finanzhilfen blieben aus
Auch letzte Gespräche mit Investoren hatten am Sonntagabend nicht mehr gefruchtet: Die benötigte zusätzliche Finanzierung in Höhe von 200 Millionen Pfund (226 Millionen Euro) blieb aus. Die britische Regierung hatte eine Finanzierungsbitte über rund 170 Millionen Euro ebenfalls abgeschmettert, wie Premierminister Boris Johnson persönlich bekanntgab. Damit sahen die Verantwortlichen keine andere Möglichkeit, als bei Gericht den Insolvenzantrag für den 21000 Mitarbeiter starken Reisekonzern einzureichen. Thomas Cook-Chef Peter Fankhauser reagierte enttäuscht auf das Scheitern der Gespräche und sprach von einem „tieftraurigen Tag“. Auch der chinesische Geldgeber Fosun Travel missbilligte das Scheitern der Verhandlungen: Man sei enttäuscht, „dass die Thomas Cook-Gruppe nicht in der Lage war, eine praktikable Lösung für ihre vorgeschlagene Rekapitalisierung mit anderen Partnern, wichtigen Kreditgebern, führenden Investoren und zusätzlich beteiligten Parteien zu finden.“ Fosun hatte zuletzt damit geliebäugelt, seine Anteile am Thomas Cook-Konzern drastisch aufzustocken – von derzeit 18 auf 75 Prozent. Das Airline-Geschäft wollten die Chinesen zu 25 Prozent unter ihre Fittiche bringen.
Größte Rückholaktion in Friedenszeiten
Daraus wird nun erst einmal nichts. Stattdessen startet nach der Insolvenz die größte Touristen-Rückholaktion der britischen Geschichte: Unter dem Codenamen „Matterhorn“ hat die CAA zahlreiche Flugzeuge bereitgestellt, um rund 150000 gestrandete britische Urlauber aus diversen Ländern zurück nach Hause zu fliegen. Die ersten Maschinen sind laut CAA-Angaben noch in der Nacht zu ihrer Mission aufgebrochen. Für Briten, die derzeit im Ausland Urlaub machen und mit Thomas Cook gebucht hatten, wurde die Webseite www.thomascook.caa.uk geschaltet. Während bei Pauschalreisen im Insolvenzfall des Veranstalters ein Versicherer einspringt, ist in Großbritannien der Staat für die Rückholung von Urlaubern aus dem Ausland zuständig.

Deutsche Töchter im Notbetrieb
Die deutschen Tochterunternehmen der Thomas Cook-Gruppe sind zwar nicht direkt von der Insolvenz der Muttergesellschaft betroffen, sehen sich aber trotzdem zu drastischen Maßnahmen gezwungen. Die Thomas Cook GmbH stelle angesichts der aktuellen Umstände auf Notgeschäftsordnung um, heißt es auf der Webseite des Unternehmens. Und weiter: „Die Durchführung von Reisen mit Abreisedatum 23. und 24. September kann nicht gewährleistet werden. Jeglicher Verkauf von Reisen ist gestoppt.“ Aktuell würden letzte Optionen ausgelotet, um einen eigenständigen Weiterbetrieb zu ermöglichen. „Sollten diese scheitern, sehen wir uns gezwungen, für die Thomas Cook GmbH, Thomas Cook Touristik GmbH und Bucher Reisen & Öger Tours GmbH und möglicherweise auch weiterer Gesellschaften Insolvenzantrag zu stellen.“ Gäste, die planmäßig heute oder morgen in ihren Urlaub starten sollten, würden von der Thomas Cook GmbH „baldmöglichst“ kontaktiert.
Wie geht es bei Condor weiter?
Für den deutschen Ferienflieger Condor, ebenfalls Teil der Thomas Cook-Gruppe, brechen derweil harte Zeiten an. Zwar beeilte sich Condor am Montagmorgen mit der Bekanntgabe, dass sie den Flugbetrieb aufrechterhalte, „obwohl die Muttergesellschaft Thomas Cook Group plc Insolvenz eingereicht hat.“ Gleichwohl benötigt die Airline zur Vermeidung von Liquiditätsengpässen einen staatlich verbürgten Überbrückungskredit in Höhe von 200 Millionen Euro. Ein entsprechender Antrag sei bereits an die Bundesregierung gegangen, hieß es seitens Condor. Der Flugbetrieb werde derweil „ganz regulär“ fortgeführt. Ob die Bundesregierung dem Condor-Antrag stattgibt, war am Montagvormittag noch nicht klar. Wie die Bild-Zeitung schreibt, soll es jedoch eher eine ablehnende Tendenz dazu geben. Sollte dem tatsächlich so sein, wäre auch das Schicksal der Condor wohl recht schnell besiegelt. Insider gehen davon aus, dass die Airline bei einer Verweigerung des Überbrückungskredits noch heute Abend ebenfalls den Flugbetrieb einstellen wird.