Diese Ankündigung hatten nur wenige erwartet: Auf der Geschäftsluftfahrtmesse EBACE im Mai 2014 in Genf gab der französische Luftfahrtkonzern Dassault Aviation bekannt, dass er einen neuen Ultralangstreckenjet, die Dassault Falcon 8X, entwickelt. Die Überraschung war auch deswegen groß, weil der Hersteller bereits im Herbst letzten Jahres mit der Falcon 5X einen neuen Jet – mit allerdings deutlich geringerer Reichweite – angekündigt hatte.
Dassault arbeitet bereits seit 2008 an der Erweiterung seiner Modellpalette, die nun sechs Muster umfasst: Falcon 2000S, Falcon 2000LXS, Falcon 900LX, Falcon 5X, Falcon 7X und Falcon 8X. Nie zuvor hatte der Hersteller eine größere Mustervielfalt im Angebot. Eric Trappier, der Vorstandsvorsitzende von Dassault Aviation, sagte bei der Vorstellung der Falcon 8X in Genf: „Mit zwei neuen Mustern, der Falcon 5X und 8X, in der Entwicklung ist Dassault nun in der Lage, eine Familie von sechs Mustern anzubieten, die eine große Bandbreite von Bedürfnissen der Betreiber am oberen Ende des Business-Jet-Spektrums abdeckt.“
Eigentlich hätte die 8X viel früher vorgestellt werden sollen, aber der Einbruch der Nachfrage nach Geschäftsreisejets zwischen 2008 und heute hatte Dassault den offiziellen Programmstart des neuen Flaggschiffs immer wieder verschieben lassen. Mit der Falcon 8X geht Dassault in direkte Konkurrenz zu Gulfstream und Bombardier, die bereits heute Business Jets in dieser Klasse anbieten.
Die Falcon 8X wird der größte Business Jet, den Dassault jemals gebaut hat. Er löst die Falcon 7X als Flaggschiff im Portfolio des Herstellers ab.
Mit einer Länge von 24,46 m und einer Spannweite von 26,69 m ist die 8X nur 1,08 m länger als die Falcon 7X und übertrifft sie in der Spannweite gerade einmal um acht Zentimeter, aber in den Flugleistungen, vor allem bei der Reichweite, unterscheiden sich beide Muster deutlich. So haben die Dassault-Ingenieure für die Falcon 8X eine maximale Reichweite (mit acht Passagieren an Bord und NBAA-IFR-Reserven) von 6450 NM (11 945 km) errechnet, während die Falcon 7X „lediglich“ 5900 NM (11 020 km) ohne Zwischenlandung zu überbrücken vermag. Damit sind Nonstop-Flüge von Paris nach Kapstadt oder von Paris nach Tokio oder von London City nach New York möglich.
Damit sich die Insassen während der ultralangen Flüge an Bord auch wohlfühlen, wird die Falcon 8X mit der längsten Kabine ausgestattet, die Dassault jemals in einem Business Jet untergebracht hat. Sie misst von der Cockpittür bis zum hinteren Ende ganze 13 m in der Länge. Mit einer Höhe von 1,88 m und einer maximalen Breite von 2,34 m bietet sie ausreichend Platz für eine Vielzahl an Ausstattungsvarianten. Diese Kabinenbreite und -höhe haben die Falcon 8X und 7X gemeinsam. Dassault hat über 30 verschiedene Kabinenkonfigurationen im Katalog. Darunter sind auch drei Galleys mit unterschiedlichen Größen sowie zwei Crew-Rest-Compartments, damit die Besatzungen auf den langen Nonstop-Strecken auch zwischendurch ruhen können.
Angetrieben wird Dassaults neuester Jet von drei Turbofans aus dem Hause Pratt & Whitney Canada. Die in Montreal gefertigten Antriebe tragen die Bezeichnung PW307D und sind in der Lage, einen Startschub von je 29,9 kN (6722 lbs) zu entwickeln. Damit liefern sie rund fünf Prozent mehr Schub als die PW307A, die bei der Falcon 7X eingebaut sind. Im Vergleich zu den PW307A verspricht der Hersteller eine „signifikante Reduktion des Treibstoffverbrauchs sowie bei den Geräusch- und Abgasemissionen“, ohne diese allerdings derzeit zu quantifizieren.
Der Flügel der Falcon 7X diente den Konstrukteuren der 8X als Grundlage für ihre Arbeit. Sie überarbeiteten die Tragfläche sowohl aerodynamisch als auch strukturell. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Die Computersimulationen wie auch die Windkanaluntersuchungen in Frankreich und der Schweiz bestätigten deutliche Verbesserungen gegenüber dem Flügel der Falcon 7X. Neue Wing-lets aus Kohlefaserverbundwerkstoffen reduzieren den Widerstand. Die strukturellen Modifikationen machen den Flügel dabei sogar um über 280 kg leichter als den der Falcon 7X. Dassault fertigt die Tragflächen mit einem hohen Grad an Automation im eigenen Werk in Martignas in der Nähe von Bordeaux.
Die neue Falcon soll sich neben der großen Reichweite auch durch kurze Start- und Landestrecken auszeichnen. Nach ersten Berechnungen und Windkanaluntersuchungen geht Dassault davon aus, dass die 8X bei maximaler Abflugmasse nicht mehr als 1829 m Piste benötigen wird, um über ein 15-m-Hindernis zu steigen. Das ist für ein Flugzeug mit einer maximalen Abflugmasse von 33 113 kg eine beachtlich kurze Strecke.
Die hohe zulässige Landemasse von 28 304 kg erlaubt Betreibern nicht nur große Nonstop-Distanzen zu überbrücken, sondern ermöglicht auch sogenannte Multi-Hop-Flüge, bei denen ohne zu tanken mehrere Legs beflogen werden können. Die niedrige Anfluggeschwindigkeit von 106 kts (197 km/h) erlaubt der Falcon 8X auch Anflüge auf kurze und schwierige Pisten.
Die 8X profitiert von der Erfahrungen der Rafale
Den meisten Business Jets mit großen Kabinen ist der Zugang zu Flugplätzen wie London-City, Aspen, Colorado, oder Saanen in der Schweiz verwehrt, da sie nur einen 3°-Gleitpfad befliegen können und nicht für Steilanflüge zugelassen sind. Dassault will die Falcon 8X für Anflüge bis zu 6° zulassen, so dass die Nutzer der neuen Falcon auch die oben genannten Airports anfliegen können.
Das Cockpit der Falcon 8X wird mit der neuesten Version des von Honeywell Aerospace und Dassault gemeinsam entwickelten Avionikpakets EASy Flight Deck ausgerüstet. Es beinhaltet als Option ein neues Head-up-Display, in dem die Darstellung des Enhanced-Vision-System (EVS) und des Synthetic Vision System (SVS) miteinander verschmolzen werden. Das EVS zeigt die Bilder einer nach vorne gerichteten Kamera, die Nebel und Dunkelheit durchdringen kann, während das SVS aus der Position und der Lage des Flugzeugs ein virtuelles Bild der umgebenden Landschaft errechnet und dem Piloten zeigt. Eine neues 3D-Wetterradar von Honeywell, das in der Lage ist, auch hinter Gewitter zu schauen, erlaubt den Piloten einen bisher nicht gekannten Informationsstand bei schlechtem Wetter.
Natürlich wird die Falcon 8X eine digitale Flugsteuerung erhalten. Dies ist bei allen neuen Dassault-Mustern Standard. Das große Know-how des Herstellers bei dieser Technik – bedingt durch die Erfahrung bei der Entwicklung und den Bau der Rafale – zahlt sich für die Kunden aus. Die Endmontage der Falcon 8X erfolgt im Dassault-Werk am Flughafen Bordeaux-Mérignac. Auf der EBACE in Genf sprach Eric Trappier noch davon, die erste 8X befinde sich in einem „fortgeschrittenen Stadium der Endmontage“. Wie fortgeschritten die Produktion ist, zeigte sich jetzt: Der Hersteller hat die lange Vorlaufzeit bis zum offiziellen Programmstart gut genutzt, denn am 22. Juli gab Dassault bekannt, dass Rumpf, Tragflächen und die Triebwerke der ersten Falcon 8X bereits zusammengefügt worden seien und man sich auf die ersten Power-on-Tests an dem Flugzeug vorbereite.
„Der Produktionsaufbau und die Werkzeuge für die Fertigung unseres neuen Flaggschiffs profitieren stark von unserer jahrelangen Erfahrung mit dem Product Lifecycle Management. Dadurch können wir Qualität und Effizienz in der Fertigung garantieren. Die Arbeit geht exakt so voran, wie wir es erwartet haben“, sagte Olivier Villa, Senior Vice President für Zivilflugzeuge bei Dassault Aviation. Er ergänzte: „Wir sind sehr erfreut, dass die Endmontage so problemlos verlief, auch angesichts der Tatsache, dass die erste Falcon 5X der ersten Falcon 8X nur mit einem Abstand von wenigen Wochen folgt. Dies ist eine sehr außergewöhnliche Situation.“
Um für die Innenausrüstung der neuen Muster ausreichend Kapazität vorzuhalten, erweitert Dassault sein Werk in Little Rock im US-Bundesstaat Arkansas. Dorthin werden alle Falcon 5X und 8X als „grüne Flugzeuge“ geflogen, um ihre Kabinenausrüstung zu bekommen. Little Rock ist nach wie vor das größte Werk des Herstellers und beschäftigt die meisten Mitarbeiter innerhalb des Konzerns.
In Bordeaux soll die neue Super-Falcon Anfang 2015 zum Erstflug starten. Als Zulassungsdatum hat der Hersteller Mitte 2016 fest ins Auge gefasst. Die ersten Kunden könnten dann ihre neue 8X noch vor Jahresende 2016 übernehmen.
Technische Daten





Dassault Falcon 8X
Allgemeine Angaben
Hersteller: Dassault Aviation
Besatzung: 3
Bauweise: Ganzmetall
Anzahl Triebwerke: 3
Antrieb: PW307D
Startschub: 29,9 kN (6722 lbs)
Abmessungen
Länge: 24,46 m
Höhe: 7,81 m
Spannweite: 26,29 m
maximale Kabinenbreite: 2,34 m
Massen
Betriebsleermasse: 16 375 kg
maximale Abflugmasse: 33 313 kg
Flugleistungen
Reichweite: 6450 NM (11 945 km)
Startstrecke: 1829 m (6000 ft)
FLUG REVUE Ausgabe 09/2014