ATR – Erfolg mit Sparkonzept

Europäische Turboprop-Kooperation
ATR – Erfolg mit Sparkonzept

Veröffentlicht am 14.07.2017
ATR – Erfolg mit Sparkonzept

Die niedrigen Betriebskosten der ATR werden uns helfen, ein großes Regionalflugnetz mit niedrigen Flugpreisen aufzubauen“, sagte IndiGo-Präsident Aditya Ghosh am 9. Mai bei der Bekanntgabe eines Rahmenabkommens zum Kauf von 50 ATR 72-600 für seine indische Fluggesellschaft. Mit einem Fluggastaufkommen von 100 Millionen im Jahr 2016 und einem jähr­lichen Wachstum von 20 Prozent wächst Indien bis 2020 zum weltweit drittwichtigsten Luftverkehrsmarkt.

„Unser Flugzeug ist genau das richtige Werkzeug, um Gemeinden miteinander zu verbinden und um das Geschäft in ganz Indien auszubauen“, ergänzte ATR-Chef Christian Scherer. Im März 2018 wollen die Inder ihre ersten sieben europäischen Turboprops aus der Bestellung im Gesamtwert von 1,3 Milliarden Dollar im Einsatz haben.

Bis Ende 2018 erhält auch Iran Air ihre 20 fest bestellten ATR72-600, von denen die ersten vier bei einer Feier in Toulouse am 16. Mai übergeben wurden.  Nach einer Grundsatzentscheidung für das europäische Muster hatten sich die Verhandlungen über Details des Auftrags (Wert nach Listenpreis ca. 500 Millionen Euro) monatelang hingezogen. Ein Problem waren wohl die Exportlizenzen für die kanadischen Triebwerke. Obwohl in Toulouse schon lackierte Maschinen zu sehen waren, erfolgte die finale Vertragsunterzeichnung erst Mitte April. Der wichtige Auftrag umfasst auch 20 Optionen.

Die neuen Geschäfte festigen die Posi­tion von ATR als führendem Hersteller von Regionalflugzeugen mit Turboprop-Antrieb, nachdem im letzten Jahr der Auftragseingang mit 36 Festbestellungen (34 ATR 72-600s and 2 ATR 42-600s) weit unter den Erwartungen geblieben war. Bei einer Produktionsrate von rund 80 Flugzeugen im Jahr reicht der aktuelle Auftragsbestand von 200 Flugzeugen noch über zwei Jahre. Über 1500 Flugzeuge hat ATR bisher verkauft und seit 2010 den Marktanteil im Bereich der 50- bis 90-Sitzer stets über 35 Prozent gehalten. 200 Airlines in 100 Staaten betreiben die kleinen Zweimots aus Toulouse.

Mit anziehenden Kerosinpreisen hofft man bei ATR, dass sich die Nachfrage nach den sparsamen Turboprops   wieder erhöht. Für ATR scheint es nur eine Frage der Zeit zu sein, bis ein größeres Schwestermodell die Palette nach oben abrundet. Die nächste Veränderung scheint aber am unteren Rand der Kapazität bevorzustehen, für das der Hersteller mit einfachen Änderungen eine kurzlande- und kurzstartfähige Version seiner ATR 42 ins Gespräch brachte.

ATR wirbt damit, dass die hauseigenen Turboprops auf einer typischen, 460 Kilometer langen Beispielstrecke nach verbrauchter Kerosinmenge  konkurrenzlos günstig flögen. Andere Turbo­props benötigten 41 Prozent mehr Kerosin, Regionaljets mit 90 Sitzen gar 89 Prozent mehr, und auch modernste 90-Sitzer lägen noch 70 Prozent über den Toulouser Turboprops.

Wirtschaftlicher Zubringer auch auf längeren Routen

Im Reiseflug rinnen insgesamt nur 762 Kilogramm Kerosin pro Stunde durch die beiden ATR-Triebwerke. Sparsamkeit, Einfachheit und Zuverlässigkeit sind das Erfolgsrezept des 1981 gegründeten Kooperationsprojekts ATR, das Airbus und Leonardo zu je 50 Prozent gehört. Die rustikalen Schulterdecker liegen mit einer Einsatzzuverlässigkeit von 99,7 Prozent gleichauf mit den besten Standardrumpfjetsit einem Rumpfdurchmesser von 2,57 Metern bietet die ATR bei typischer 2+2-Sitzanordnung relativ viel Raum und übergroße Handgepäckfächer.

FLUG REVUE Ausgabe 07/2017