"Wir sind betriebsbereit", sagte Nürnbergs Flughafenchef Dr. Michael Hupe bereits beim Gespräch mit der FLUG REVUE am 1. April. Zweimal am Tag brachten Do 328 und Learjets zu dieser Zeit Corona-Patienten aus Italien. Außerdem nutzten Piloten der Luftwaffe den nahezu verwaisten Flughafen für Anflüge mit einem Airbus A350 der Lufthansa aus München. Drei A350 hat die Flugbereitschaft bestellt, die Lufthansa stellt ihren Jet fürs Type Rating der Piloten zur Verfügung.
Der Linienbetrieb ruht
Ansonsten ist in Nürnberg nicht allzu viel los. Und das gilt noch immer. Seit April sind die meisten der 1088 Mitarbeiter in Kurzarbeit. Der Linienbetrieb ruhte bis Ende Mai sogar ganz. Aber für dringende Fracht- und Lazarettflüge seien Verkehrsleitung und Feuerwehr auch davor ständig besetzt gewesen, so Michael Hupe. Und auch die wichtigsten Vorfelddienste seien bereitgestanden. "Für Bayern, Franken und die Region Nürnberg alle dringenden Transportaufgaben jederzeit sicher durchführen zu können", sei im April und Mai die Hauptaufgabe des Airports gewesen. Im Juni begannen dann immerhin Wizzair und KLM wieder mit regulären Flügen, ab Juli will auch Ryanair wieder starten.

Auch Wachstumsmotor Ryanair schließt fränkische Basis
Die bedrückende Corona-Lage verdeckt in Nürnberg die Tatsache, wie gut sich der Flughafen aktuell geschlagen hatte. Musste der doch nach der Air-Berlin-Pleite, für die man einen maßgeschneiderten Drehkreuzbetrieb eingerichtet hatte, auch das Aus von Germania verdauen, die man sich mit geplanten 500000 Passagieren im Jahr als Nachrücker hatte aufbauen wollen. Zu guter Letzt kündigte auch noch Wachstumsmotor Ryanair die Schließung seiner fränkischen Basis an, wegen Flugzeugknappheit durch die MAX-Verspätung. "Die erste Streichungsrunde bei Ryanair hatten wir noch überstanden", erinnert sich Hupe. "Aber bei der zweiten waren wir dann leider auch dabei, wie Stockholm und einige andere."

TUIfly und Corendon
Gleich im Herbst 2019 hatte sich "NUE", so der Flughafencode, mit der türkischen Corendon einen neuen Kunden mit stationiertem Flugzeug gesucht. Und auch TUIfly hat jetzt ein eigenes Flugzeug in Nürnberg basiert. Wie Corendon wollen auch die Hannoveraner ihre fränkische Flotte bereits auf zwei Jets verdoppeln – sobald die Corona-Sperren aufgehoben sind. Mit noch über 4,1 Millionen Passagieren – trotz der Germania-Insolvenz – und einem Gewinn nach Steuern von immerhin drei Millionen Euro war Nürnberg gerade wieder aus dem Gröbsten raus.
Blue Ocean Strategie
Mit ihrer sogenannten "Blue Ocean Strategie" wollen sich die Franken über Gebührenerleichterungen gezielt Airlines angeln, die für sie interessante Märkte im Direktverkehr anbinden, Rom oder Madrid etwa. Interessant sei primär die Strecke und nicht so sehr die Frage, ob Low Cost oder Legacy, sagt Hupe. Dem promovierten Wirtschaftsingenieur merkt man an, dass er seine zahlreichen Märkte und Wunschrouten en détail im Blick hat. Mindestens einmal im Jahr fährt er sogar in die Hauptquartiere der Airlines, um den Kontakt zu halten. "Ich versuche, mit allen relevanten Playern ein gutes Verhältnis zu haben", erläutert Hupe seine Strategie. Als Nürnbergs Route nach Wien wegen ungünstiger Flugzeiten bei Eurowings schwächelte, schaffte er es durch Verhandlungen, stattdessen Austrian zu gewinnen, die bessere Flugzeiten und gute Anschlüsse mitbringt. Franken behielt seinen Anschluss an das österreichische Drehkreuz.
Neue Verkehrsrechte und exportstarke Region
Neue Verkehrsrechte hat Nürnberg seit 2020 für Moskau. Hier sucht Hupe gerade die passende Partner-Airline. Weiterer Wunschkandidat wäre Lissabon, wo es aber keine passenden Slots gebe. Hupe vergleicht den Markt Nürnberg – eine strukturell "extrem exportstarke" Region mit großen Standorten wie beispielsweise Siemens (alleine 40000 Mitarbeiter), Adidas oder Puma und mit zahlreichen Messen – mit dem doppelt so großen und kaufkräftigen Raum Stuttgart.

Verbesserte Anbindung
Durch die verbesserte A73-Autobahnanbindung reiche das Einzugsgebiet mittlerweile bis Erfurt und Suhl, wo man bereits gezielt werbe. Dagegen sei im nahen Tschechien, im Gegensatz zu Dresden, der grenznahe Raum nicht dicht genug besiedelt, um eigene Passagierströme aus dem Nachbarland beizusteuern. Dafür seien Amerikaner eine interessante Zielgruppe für die Franken, die bisher in Form großer Seniorengruppen zu Donau-Flusskreuzfahrten via Amsterdam anreisten. Hier träumt der in den USA geborene Hupe bereits vom Airbus A321LR. Der könnte von Nürnbergs relativ kurzer 2700-Meter-Piste nonstop und rentabel an die US-Ostküste pendeln, sofern man einen dortigen Drehkreuzflughafen als Ausgangsbasis fände, etwa Boston, JFK oder Philadelphia.

Flughafen Nürnberg
IATA-Code: NUE
ICAO-Code: EDDN
Eigentümer: Freistaat Bayern: 50 Prozent, Stadt Nürnberg: 50 Prozent
Umsatz 2019: 103 Mio. Euro
Passagiere 2019: 4,11 Mio
Luftfracht 2019: 7180 t
Flugbewegungen 2019: 61500
Start und Landebahn: 10/28; 2700 m × 45 m
Terminal: vier Gates mit Fluggastbrücken, drei Gates zum Vorfeldboarding
Basen/Werften: Aero-Dienst Nürnberg, FAI
Betriebserlaubnis: 24 Stunden, reguläre Abfertigung bis Boeing 747
Eröffnung: 1955
Im Netz: www.airport-nuernberg.de