Bei Gullhyver vereint das Institut ONERA, Frankreichs Gegenstück zum Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR, gleich mehrere mögliche Zukunftstechnologien in einem Entwurf: An der Oberseite eines Breitbau-Rumpfes hängen lange, schmale, abgestrebte Tragflächen mit Open Rotor-Triebwerken – die wiederum mit Wasserstoff befeuert werden, dessen Tanks sich hinter der Passagierkabine im Rumpf befinden. Auf der Paris Air Show 2023 in Le Bourget präsentierte das Forschungsinstitut ein erstes Modell. Gullhyver soll vor allem mit seinem geringen CO2-Ausstoß punkten und besonders sparsam im Betrieb sein. Vor allem aber könnte das Projekt laut ONERA helfen, zukünftige Entwicklungen für die zivile Luftfahrt voranzutreiben.

Ungewöhnliches Aussehen
Die Gullhyver ist konzipiert als Mittelstreckenflugzeug, mit 200 Sitzplätzen und einer Reichweite von 4.000 Nautischen Meilen (7.400 Kilometer). Der Rumpf ist nach dem sogenannten "double-bubble"-Prinzip konstruiert und bietet Platz für acht Passagiere pro Reihe. Die Breitbau-Auslegung des Rumpfes gewährt im hinteren Teil des Flugzeuges ordentlich Platz für die Tanks. Der ungewöhnliche Querschnitt resultiert aus der Tatsache, dass sich die gesamte Passagierkabine vor der Tragfläche befindet. Ein konventioneller, runder Rumpf mit nur einem Kabinengang würde das Flugzeug laut ONERA zu lang machen.
Flügel mit hoher Streckung
Die Verlegung aller Kraftstofftanks in den Rumpf macht zugleich den Weg frei für eine völlig neue Konzeption der Tragflächen. Hier greifen die Franzosen die Idee des "Truss-Braced Wing" auf, die in den USA derzeit auch Boeing und die NASA in einem gemeinsamen Forschungsprojekt unter die Lupe nehmen. Die abgestrebten Flügel liegen an der Oberkante des Rumpfes auf und stechen außerdem wegen ihrer extrem hohen Streckung ins Auge. Das soll den Luftwiderstand reduzieren und sich zudem auf das Gewicht des Flugzeugs positiv auswirken.

Wasserstoffantrieb
Ein weiterer Schwerpunkt des Gullhyver-Projekts liegt auf dem Einsatz von Wasserstoff als Treibstoff. Wasserstoff gilt vielen als mögliche alternative Energiequelle für die Luftfahrt, da er bei der Verbrennung keine schädlichen Emissionen erzeugt. ONERA arbeitet nach eigenen Angaben selbst an Wasserstoffantrieben für die Luftfahrt. Die Konzentration auf das Open Rotor-Konzept, eine Mischung aus Turbofan und Turboprop, soll Gullhyver unabhängig davon besonders sparsam machen. Die zentrale Frage, woher der – möglichst "grüne" – Wasserstoff in einem künftigen Alltagsszenario einmal kommen soll, steht allerdings nicht im Zentrum des ONERA-Projekts.