Irre Pläne für die Lockheed
Deshalb wird Elvis Presleys JetStar nie wieder fliegen

Nach Jahrzehnten in der Wüste New Mexicos fand Elvis Presleys ehemaliger Privatjet auf einer Auktion einen neuen Besitzer. Der ist Youtube-Star und hat ausgefallene Pläne für die Lockheed JetStar des King of Rock'n'Roll.

Deshalb wird Elvis Presleys JetStar nie wieder fliegen
Foto: Mecum Auctions (Matt Avery)

Zugegeben, die Lockheed JetStar ist in wirklich keinem guten Zustand mehr: Sämtliche Reifen platt, die orangefarbene Lackierung ausgeblichen oder abgeblättert. Schläuche und Leitungen hängen links und rechts aus dem Rumpf, wo einst vier Pratt & Whitney JT-12 für Vorschub sorgten. Aber egal, Elvis Presley hatte einst dieses Flugzeug besessen, das belegt die eigenhändige Unterschrift des King of Rock'n'Roll auf einem Originaldokument. Wohl deshalb sind die Bieter kaum zu bremsen, als der Business Jet kürzlich in Roswell, New Mexico zur Versteigerung kommt. Bis auf 260.000 US-Dollar klettern die Gebote, bis der Hammer entgültig fällt.

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Bieter bekommt kalte Füße

Viel Geld für die Überreste eines Flugzeugs, das seit 40 Jahren auf einem Vorfeld in der Wüste vor sich – sagen wir es ehrlich – dahingammelte. Der Höchstbieter jedenfalls, ein anonyme Interessent am Telefon, scheint kalte Füße zu bekommen, nachdem die erste Aufregung des Bieterwettstreits verflogen ist. Ihm sei gar nicht bewusst gewesen, dass er so viel geboten habe und schon gleich gar nicht, dass auf den Preis nochmals zehn Prozent Gebühr für das Auktionshaus hinzukommen würden. Und überhaupt.

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Das jedenfalls ist die Geschichte, die ein Auktionsmitarbeiter erzählt, als er bei James Webb anruft. Der 49-Jährige ist eine Youtube-Persönlichkeit, und weil er lieber Jimmy als James genannt wird, heißt sein Kanal folglich "Jimmys World". Dort erzählt er von seiner Jagd nach aufgegebenen Flugzeugen, wie er diese wieder lufttüchtig macht und den Abenteuern, die er dabei erlebt.

Auch bei der JetStar mit dem prominenten Vorbesitzer hat Jimmy mitgeboten, bis 230.000 US-Dollar ist er mitgegangen, viel mehr Geld, als er ursprünglich vorhatte zu investieren. Ob er als dritthöchster Bieter den Jet nun nicht doch haben wolle, bettelt der Auktionsmitarbeiter am Telefon, denn auch der zweithöchste habe bereits abgewunken. Schließlich einigt man sich auf 234.000 Dollar, inklusive aller Gebühren – Jimmy ist Besitzer des Jets von Elvis Presley!

Reparaturkosten: 5,7 Millionen Dollar

Vermutlich weiß der Youtuber bereits zu diesem Zeitpunkt, dass er mit der Restaurierung der JetStar an seine Grenzen kommen würde. Der 49-Jährige will es trotzdem genau wissen: Er beauftragt ein Wartungsunternehmen mit einer groben Kostenschätzung für die Reparatur der Lockheed. Die Instandhaltungsspezialisten nehmen die JetStar ganz genau unter die Lupe und rechnen zusammen. Um es gleich vorwegzunehmen: Die Preise sind nichts für jemanden, der nicht daran gewöhnt ist, was Luftfahrt kosten kann: 100.000 Dollar allein für eine eingehendere Bestandsaufnahme. Eine neue Lackierung: 120.000 Dollar. 75.000 Dollar, um offensichtliche Korrosion zu beseitigen. Alles noch ein Klacks im Vergleich zu den wirklich ernstzunehmenden Posten: Die Überholung des Hilfstriebwerks (180.000,-) und des Fahrwerks (360.000,-), verpflichtende Inspektionen und Instandhaltungen (450.000,-), neue Avionik samt Verkabelung (1,5 Millionen Dollar) und schließlich die vier fehlenden JT-12-Triebwerke 550.000 Dollar. Pro Stück! 2,2 Millionen US-Dollar insgesamt. Viel Geld, aber das eigentliche Problem mit den Motoren ist ein ganz anderes: Es ist nahezu unmöglich, noch vier der alten Jettriebwerke aufzutreiben – zumindest nicht lufttüchtig und mit sämtlichen nötigen Dokumenten.

"Wenn man nach dem Preis fragen muss, kann man ihn sich nicht leisten. Und ganz ehrlich: Ich muss bei jedem einzelnen dieser Preise nachfragen", sagt Jimmy. Und was würde die JetStar am Ende dann kosten? Die Wartungsspezialisten kommen auf 5,7 Millionen US-Dollar. Netto, zuzüglich Steuern, aber das ist nun wirklich egal.

Das Problem mit dem Lärm

Doch am Ende würde kein Geld der Welt das Flugzeug des King of Rock'n'Roll wieder in die Luft bekommen: Denn dann ist da noch der Paragraph 91.801 der US-Luftfahrtregularien. Der beschreibt die Lärmgrenzwerte, die Jets erfüllen müssen, um in den USA zugelassen und betrieben werden zu dürfen. Nach der 1990 beschlossenen Vorschrift müssen Luftfahrzeuge seit dem Jahr 2000 mindestens die darin definierte Stufe 3 erfüllen. Viele ältere Jets hat diese Vorschrift seinerzeit für immer gegroundet, und auch die Jetstar mit ihren vier am Heck montierten JT-12 erfüllt diese Anforderung nicht. Schlimmer noch: Ein "Hush Kit", ein Schalldämpfer an den Triebwerksauslässen, dessen Nachrüstung einigen Jet-Mustern den Weiterbetrieb ermöglichte, wurde für die JetStar nie entwickelt. Im Klartext: Selbst wenn Jimmy das Geld für die Restaurierung des Flugzeugs hätte und ausgeben wollte – legal betreiben dürfte er die JetStar nie wieder.

Was für ein Glück, dass Jimmy ohnehin andere Pläne mit dem Flugzeug des King of Rock'n'Roll hat: Zuerst spielt der Youtuber mit dem Gedanken, das Flugzeug zum Airbnb-Apartment zu machen. Am Ende ist das dem Luftfahrt-Freak wohl nicht ausgefallen genug. Denn jetzt soll die JetStar ein Wohnmobil werden! Am besten mit dem Lenkrad an der Stelle, wo bisher das Steuerhorn aus dem Panel ragte. Den Lockheed-Rumpf auf Räder zu stellen – eine irre Idee! Aber viel realistischer als ein Wiederaufbau des Jets. Die Kabinenausstattung mit ihrer tiefroten Veloursausstattung und den unzähligen goldglänzenden Messingbeschlägen ist in einem für ihr Alter ausgezeichneten Zustand.

Jimmys World / Youtube
Mit schwerem Gerät wurde die JetStar in Roswell zerlegt.

Für den Umbau und den Transport nach Florida lässt Jimmy die JetStar vor Ort in Roswell, New Mexico, zerlegen. Überhaupt nicht luftfahrtgerecht rücken die Arbeiter dem Flugzeug mit einem Motortrennschleifer zu Leibe, um Rumpfheck, Leitwerk und Tragflächen abzutrennen. Fliegen ist damit endgültig passé. Aber Reisen wie der King? Auf alle Fälle, sobald Jimmy erstmal sein Projekt vollendet hat.

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