Jahresbilanz des BDLI
Luft- und Raumfahrtindustrie wächst acht Prozent

Mit einem Wachstum von acht Prozent kletterte der Umsatz der Luft- und Raumfahrtfirmen in Deutschland 2015 auf ein Allzeithoch von 34,7 Milliarden Euro. Selbst der militärische Bereich blieb stabil.

Luft- und Raumfahrtindustrie wächst acht Prozent

Laut der heute vom BDLI (Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie) vorgelegten Jahresbilanz verzeichnete die Gesamtbeschäftigtenzahl ein leichtes Plus von 1% und erreichte mit 106800 direkt in der Luft- und Raumfahrt Beschäftigten ebenfalls einen Höchststand.

Der Exportanteil lag, gemessen am Umsatz der Gesamtbranche, bei 70%. Die Zivilluftfahrt ist das weiter an Bedeutung zunehmende, größte Einzelsegment der Branche. Global steigende Bestell- und Auslieferungszahlen führten zu einem Umsatzwachstum von rund 11 Prozent auf 25,3 Mrd. Euro. Der Personalanstieg betrug hingegen nur ein Prozent. 75.000 Menschen arbeiten in diesem Segment.

Eine Stabilisierung verzeichnete die Militärische Luftfahrt mit einem Umsatzplus von 3 Prozent. Der Umsatz stieg auf 6,8 Mrd. Euro. Die Beschäftigtenzahl erhöhte sich um ein Prozent auf 23000 Mitarbeiter. In der Raumfahrt betrug der Umsatz wie im Vorjahr 2,5 Mrd. Euro, die Zahl der Arbeitskräfte lag ebenfalls konstant bei 8500 Beschäftigten.

Die industrieeigenen Ausgaben für Forschung und Entwicklung liegen laut BDLI weiterhin auf sehr hohem Niveau. Sie umfassen ein Volumen von 4,2 Mrd. Euro; diese Zahl entspricht einem Anteil von 12 Prozent des Branchenumsatzes.

Unsere Highlights

Dollarkurs begünstigt Entwicklung im zivilen Bereich

Die Steigerung der Airbus-Produktionsraten gibt der Industrie insgesamt Schub (Foto: Airbus).

Weltweiter Mobilitätsbedarf und der Ersatz von älteren Flugzeuggenerationen mit hohem Kerosinverbrauch sind wesentliche Wachstumstreiber im Zivilflugzeugbau. Die positive Entwicklung des Dollarkurses begünstigte laut BDLI die hervorragende Entwicklung noch. Der Umsatz stieg im Vergleich zum Vorjahr um 11 Prozent auf 25,3 Mrd. Euro (Vorjahr: 23 Mrd. Euro).

Die globalen Marktprognosen, die bis 2030 eine Verdoppelung des weltweiten Flugzeugbedarfs bei einem durchschnittlichen jährlichen Luftverkehrswachstum von rund 5 Prozent sehen, geben den großen Zivilflugzeugherstellern und auch ihren Zulieferunternehmen eine langfristige Auslastungsperspektive. Die Netto-Auftragseingänge beliefen sich bei Airbus am Ende des zurückliegenden Geschäftsjahres auf 1.080 Flugzeuge. Der Auftragsbestand von 6.831 Flugzeugen (Stand 31. Dezember 2015) entspricht einer Auslastung von fast einem Jahrzehnt. Das Auftragsvolumen umfasst ca. 950 Mrd. Euro.

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Zulieferindustrie profitiert vom Hochlauf der Programme

Die zivile Zulieferindustrie verzeichnete 2015 eine Wachstumsquote von 8,5 Prozent, so dass die gesamte Umsatzzahl auf 10,6 Mrd. Euro (Vorjahr: 9,83 Mrd. Euro) stieg. BDLI-Präsident Gerwert sieht den Umsatzzuwachs von ca. 800 Millionen Euro „auch darin begründet, dass diese mittelständisch geprägte Industrie zunehmend Programmbeteiligungen auch außereuropäischer Flugzeughersteller gewinnt. Heute ist unsere Industrie an jedem der jährlich ca. 1700 weltweit ausgelieferten Verkehrsflugzeuge mit Komponenten beteiligt. Den weltweiten Erfolg erzielen unsere im Hochlohnland Deutschland angesiedelten Unternehmen in einem harten internationalen Wettbewerb, in dem sie sich aufgrund ihrer starken Marktstellung in Technologie, Qualität und Zuverlässigkeit bewähren. Diese Wettbewerbsvorteile gilt es zu erhalten und gezielt auszubauen, auch durch das Luftfahrtforschungsprogramm.“

Hoffnung auf die Militärische Luftfahrtstrategie

Mit Blick auf die militärische Luftfahrtindustrie führte Gerwert aus: „Nach den zurückliegenden Jahren, die durch Rückgang bei Umsatz und Beschäftigung in diesem strategisch wichtigen Branchensegment gekennzeichnet waren, haben sich die Zahlen in der militärischen Luftfahrtindustrie im letzten Geschäftsjahr stabilisiert. Diese positive Entwicklung ist sicherlich auch dem verstärkten Bedarf bei Instandsetzung und Systembetreuung der fliegenden Waffensysteme geschuldet. In diesem Bereich besteht nach Beendigung des  Beauftragungs-Stopps durch das BMVg im Jahre 2010 ein großer Aufholbedarf.“

Gerwert warnte: „Nichtsdestotrotz bleibt die militärische Luftfahrtindustrie das Sorgenkind unserer Branche. Die Situation bei unseren etwa 100 Mitgliedsunternehmen dieses Segments ist weiterhin angespannt. Auslaufende Großprogramme und fehlende Entwicklungsprogramme bedrohen die in den letzten Jahrzehnten aufgebaute Entwicklungs- und Systemfähigkeit, mit der eine Gefährdung unserer Wettbewerbsposition und internationalen Kooperationsfähigkeit einhergeht. Vor diesem Hintergrund begrüßen wir ausdrücklich die im Januar 2016 veröffentlichte Militärische Luftfahrtstrategie des BMVg. Sie ist wichtiges Bekenntnis zur militärischen Luftfahrtindustrie in Deutschland und zeigt unseren Unternehmen den dringend benötigten klaren Handlungsrahmen mit langfristiger Planungssicherheit auf. Jetzt gilt es, diese Strategie mit Leben zu füllen und budgetär zu hinterlegen.“

Schlüsselprogramm Ariane 6

Die in Entwicklung befindliche Ariane 6 ist das Schlüsselprogramm in der Raumfahrt.

Die Europäische Weltraumorganisation ESA hat mit der deutschen Industrie Mitte 2015 einen Vertrag über die Entwicklung und Industrialisierung der zwei Versionen der Ariane 6 – Ariane 62 und Ariane 64 – unterzeichnet. Ziel sind der Erstflug der Ariane 6 im Jahr 2020 und die volle Einsatzfähigkeit ab dem Jahr 2023. Die Industrie übernimmt dabei die Verantwortung für die Konstruktion und die Vermarktung. 

Gerwert sagte: „Die rund 200 mittelständisch geprägten Zulieferunternehmen ebenso wie der industrielle Hauptauftragnehmer profitieren von diesem Entwicklungsschritt unmittelbar: Hochwertige Arbeitspakete für die deutsche Raumfahrtindustrie sowie für die deutsche Forschung und Wissenschaft entstehen im Rahmen der Entwicklung und des Baus der Ariane 62/64. Der europäische unabhängige Zugang zum Weltraum ist damit auch langfristig gesichert, die internationale Wettbewerbsfähigkeit wird weiter ausgebaut.“ Der BDLI setzt auf die Fortsetzung des wichtigen strategischen Dialogs über die langfristige Ausrichtung der deutschen Raumfahrtpolitik. Es gilt insbesondere, gemeinsam den neuen Herausforderungen zu begegnen, die sich durch die sich wandelnde Raumfahrtlandschaft weltweit stellen. Durch US-amerikanische Wettbewerber und neue Akteure wird in Deutschland und Europa unter dem Schlagwort „New Space“ verstärkt die Kommerzialisierung in der Raumfahrt diskutiert.

„Auf Basis der zur Kommerzialisierung in der Raumfahrt seitens des BMWi in Auftrag gegebenen Studie müssen gemeinsame Lösungsansätze gefunden werden mit dem Ziel, die deutsche Raumfahrt weiterhin wettbewerbsfähig aufzustellen“, erklärte Gerwert. „Die Industrie hat mit der Gründung des Unternehmens Airbus Safran Launcher und der Beteiligung an OneWeb wichtige Schritte hin zu mehr Kommerzialisierung unternommen. Entscheidend ist nun, entsprechende politische und rechtliche Rahmenbedingungen zu schaffen und gemeinsam Strukturen, Beschaffungsprozesse, Genehmigungsverfahren, Standards und Qualitätsanforderungen auf den Prüfstand zu stellen.“ 

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FLUGREVUE 06 / 2023

Erscheinungsdatum 05.05.2023