Wenn das kein Luxus ist: Für nur sechs First-Class-Passagiere ist der gesamte Bugraum in der Boeing 747-8I von Korean Air ausgelegt. Sie sitzen hier in neuen, mit 24-Zoll-HD-Monitoren ausgestatteten Suiten („Kosmo Suite 2.0“), die durch Trennwände und Schiebetüren auf Wunsch blickdicht von den Sitznachbarn abgeschottet werden können. Eine Auslegung, bei der vor allem die langen Transpazifikstrecken von Korean Air in die USA – diese sind der Hauptmarkt der Drehkreuzairline aus Seoul – eine Rolle gespielt haben dürften. Ebenfalls in den Genuss von Suiten kommen die 48 Passagiere der „Prestige“ Business Class. Die Fluggäste sitzen im Oberdeck (Anordnung: 2+2) und im mittleren Hauptdeck (Anordnung 2+2+2) an berührungsempfindlichen 18-Zoll-Monitoren mit Fernbedienung. Durch die versetzte Anordnung der Suiten erhält jedes Abteil direkten Zugang zum Gang. Ob der Sitznachbar gerade seinen Sessel zum flachen Bett heruntergefahren hat und schläft, spielt also keine Rolle mehr, wenn man zum Beispiel einmal mitten in der Nacht zur Toilette gehen möchte oder sich in den auffällig breiten Gängen die Füße vertreten will. Selbst die Gangplätze haben jeweils ein eigenes Fenster, das durch eine Art Lichtschacht den ungestörten Blick auf Himmel und Horizont ermöglicht, ohne dass der Lichtschein schlafende oder fernsehende Nachbarn behelligt.
Im hinteren Hauptdeck befindet sich, ohne gesonderte Premium Economy Class davor, das Abteil der regulären Economy Class mit 314 Sitzen (Anordnung 3+4+3) und berührungsempfindlichen Monitoren. Mit insgesamt nur 368 Sitzen hat sich Korean Air, wie auch schon bei ihrer A380 mit nur 407 Sitzen, für eine betont großzügige Konfiguration entschieden. Mit zehn Airbus A380-800 und zehn bestellten Boeing 747-8 Intercontinental gehört Korean Air, wie Lufthansa, zu den wenigen Parallelbetreibern der beiden weltgrößten Passagierflugzeuge. Auch sechs 747-8-Frachter gehören bereits zum Bestand.
Die 1962 gegründete Airline wurde 1969 privatisiert und gehört seitdem dem koreanischen Logistikkonzern Hanjin Group. Heute macht das Skyteam-Mitglied rund zehn Milliarden Dollar Umsatz im Jahr und gehört zu den weltgrößten Luftfrachtairlines. Im Passagierverkehr ist sie weltweit die Nummer 13. „Wir haben unsere Flotte verdoppelt, aber unsere Ziele vervierfacht“, berichtet Korean-Manager Park Jae Yun bei einem FLUG-REVUE-Besuch der Korean-Verwaltungszentrale in Seoul, Mitte Oktober, stolz. Alleine in den vergangenen zwölf Monaten sei die Passagiernachfrage um 14 Prozent gestiegen. Der Gesamtmarkt Korea wachse jährlich um zehn Prozent und erwarte für das Jahr 2015 rund 34 Millionen Passagiere. Bis 2018 rechnet Korea wegen der dann hier stattfindenden Winterolympiade mit nochmaligen Wachstumsschüben. Deshalb wird der moderne Drehkreuzflughafen Seoul-Incheon bereits durch ein zweites Terminal in seiner Kapazität verdoppelt.
Erst wenige Passagiere kommen aus Europa
Nach den jetzt auszuliefernden, sehr großen Jets sind bei Korean Air in den Jahren 2019 bis 2025 vor allem Lieferungen mittelgroßer Flugzeuge geplant, darunter 51 Boeing 737 MAX 8, 50 Airbus A321neo und drei Boeing 777-300ER. Die ersten beiden Boeing 747-8 pendeln zurzeit zwischen Seoul und Frankfurt sowie nach Singapur. Mit den nächsten Jumbo-Auslieferungen im November folgen die Ziele San Francisco und Hongkong. Die Airbus A380 bedienen dann im Winter unter anderem die Route nach Sydney täglich.
„Die First Class wird sicher bleiben“, sagt der Manager zum heutigen Dreiklassenangebot an Bord. Höchstens eine zusätzliche Klasse, die Economy Plus, als Ergänzung der schon vergleichsweise komfortablen Economy Class hält er noch für denkbar. Erst 58 000 Deutsche fliegen im Jahr mit Korean Air von Deutschland nach Korea, dagegen kommen 228 000 Gäste pro Jahr aus Korea, vor allem Geschäftsleute, mit der Airline nach Deutschland.
Um die Nachfrage aus Europa anzukurbeln, will Korean Air durch Stopover-Programme mit kostenlosen Hotelübernachtungen in Seoul ihren auswärtigen Passagieren das Umsteigen in der Hauptstadt versüßen und extreme Langstrecken, etwa aus Europa nach Australien oder Neuseeland, durch die Pause entschärfen.
In Europa zielt man stark auf Individualreisende. Dabei werden auch die aktuelle Popmusik aus Korea („K-Pop“) und die Einkaufsmöglichkeiten in Seoul beworben. In der modebegeisterten Zehn-Millionen-Stadt und ihrem Umland lebt fast die Hälfte der Bevölkerung (Süd-)Koreas. Im restlichen Asien, vor allem in China und Japan, sowie in Nahost wirbt Korean dagegen stärker um Medizintouristen und um Kunden von Schönheitsoperationen. Nach den zehn bestellten und jetzt noch acht nach Korea auszuliefernden Boeing 747-8 Intercontinental könnte mittelfristig noch ein weiteres Exemplar hinzukommen: Als Ersatz für ihren 747-400-VIP-Jumbo – das Präsidentenflugzeug stammt aus dem Bestand von Korean Air und wird auch von deren Piloten gesteuert – liebäugele die koreanische Regierung mit der Bestellung einer weiteren Boeing 747-8, heißt es in Seoul.
FLUG REVUE Ausgabe 12/2015




