Das Karlsruher Sicherheitsunternehmen Hensec hat ein Luftraumüberwachungssystem einer neuen Generation vorgestellt, das vollständig passiv arbeitet und damit ohne aktive Aussendungen oder Lizenzpflichten auskommt. Dessen Bauteile stammen aus der EU und unterliegen damit keinen relevanten Export- bzw. Import-Bestimmungen. Das neue System ist für Betreiber kritischer Infrastruktur, wie Flughäfen, Energieanlagen, Tanklager oder Forschungseinrichtungen gedacht und basiert auf einem mehrschichtigen Sensorprinzip. Erfasst und klassifiziert werden Flugobjekte aller Art in Echtzeit, darunter Drohnen, Ultraleichtflugzeuge, Helikopter und sogar große Vögel. Das System kann stationär installiert oder mobil betrieben werden.
Drei Sensorquellen ergeben ein Lagebild
Das Lagebild entsteht durch die Auswertung dreier unterschiedlicher Sensorquellen: Funkanalyse, passives Radar und Radiotelemetrie. Drei mobile Sensor-Einheiten werden dazu strategisch rund um das zu überwachende Gebiet, auf unserer Grafik einem stilisierten Flughafen, platziert. Ohne selbst Signale auszusenden, erfassen sie alles, was sich im Luftraum bewegt, seien es funkgesteuerte Drohnen, Segelflugzeuge oder Vogelschwärme. Die Daten aus Funk-, Radar- und Telemetriequellen werden in Echtzeit zu einem gemeinsamen Lagebild zusammengeführt, welches ein kontinuierliches Monitoring des unteren Luftraums ermöglicht.
"Diese Dreier-Kombination ist in dieser Form neu auf dem Markt", sagt Hensec-Firmengründer Kevin Heneka. Bei der Funkdetektion kooperiert Hensec eng mit dem deutschen Unternehmen Aaronia aus der Pfalz und beim passiven Radar mit Parasol aus Schleswig-Holstein. Die Radiotelemetrie kommt von Airsenso aus Niedersachsen. Rechenzentren in Hessen und Thüringen, sowie Lagezentren in Baden-Württemberg und in Bayern, böten "echte digitale Souveränität", wirbt Hensec. Alle beteiligten Partner seien in der EU ansässig.
Ergänzt wird das System durch eine GNSS-Schutzkomponente, die auf Sensorik des polnischen Herstellers GPSPatron basiert. Damit lassen sich gezielte Störmanöver wie GPS-Jamming oder Spoofing frühzeitig erkennen. Besonders im Umfeld sensibler Infrastrukturen, wo Präzision und Integrität satellitengestützter Navigation von hoher Bedeutung sind, gilt dies als entscheidender Sicherheitsvorteil.
Die von Hensec entwickelte Lösung verzichtet vollständig auf aktive Signale, was nicht nur regulatorische Vorteile bietet, sondern auch die Einsatzmöglichkeiten erheblich erweitert. Betreiber können das System beispielsweise temporär auf Veranstaltungen oder dauerhaft in Sicherheitszonen einsetzen, ohne mit Frequenzvergabe oder Genehmigungsverfahren konfrontiert zu werden. Da die gesamte Entwicklung und Fertigung in Europa erfolgt, unterliegt die Technologie keinen Exportbeschränkungen und ist rechtlich unproblematisch im Hinblick auf Datenschutz und Systemhoheit. Kevin Heneka sagt: "Wir sind wohl der einzige Anbieter auf dem Markt, der keinen ausländischen Konzern hinter sich hat oder wesentliche Komponenten von außerhalb der EU bezieht."
Einsatztest über Kraftwerken und Fabriken
Erprobt wurde und wird das System, laut Hensec, bereits an mehreren Standorten. Darunter in energieintensiven Produktionsanlagen sowie in Bereichen der kritischen Infrastruktur-Sektoren Verkehr und Energie. Dort konnten sowohl autorisierte, als auch nicht genehmigte, Drohnenflüge eindeutig klassifiziert und in Echtzeit dokumentiert werden. Eine Besonderheit ist die Möglichkeit zur automatisierten Unterscheidung zwischen genehmigten Einsätzen, etwa durch Rettungsdienste oder Presse, und potenziellen Bedrohungen, was die Luftraumkoordination erheblich vereinfacht. So werden beispielsweise bei einem Rettungseinsatz alle Multikopter der verschiedenen beteiligten Organisationen wie Polizei und Feuerwehr gemeinsam auf einem einheitlichen Lagebild visualisiert.
Im Kontext wachsender Bedrohungslagen durch Drohnen und gezielte Signalstörungen biete das neue System von Hensec einen Beitrag zur robusteren Absicherung des zivilen Luftraums. Immer häufiger würden Drohnen im zivilen Luftraum gesichtet, vor allem über Bereichen, die zur kritischen Infrastruktur zählten. Die jüngsten Vorfälle über Industrie- und Hafengeländen in Niedersachsen hätten Behörden alarmiert und eine Debatte über Luftraumsicherheit ausgelöst.
In Wilhelmshaven seien etwa im Mai und Juni mehrfach Drohnen über einem abgeschirmten Hafengelände beobachtet worden. Die Polizei ermittelte mehrere Hobbypiloten, die ihre Fluggeräte offenbar aus Unwissenheit oder Fahrlässigkeit über sensible Zonen steuerten. Auch an weiteren Standorten kam es in den vergangenen Monaten zu Zwischenfällen mit Drohnen, die sich unautorisiert in Lufträumen bewegten, obwohl diese die als sicherheitsrelevant gelten. So gab es in Rheinland-Pfalz nach offiziellen Angaben in den ersten sechs Monaten dieses Jahres bereits fast genauso viele Meldungen wie im gesamten Vorjahr.