Das 78-seitige Papier des KNKT fasst die bisherigen Erkenntnisse der Ermittler aus dem Flugdatenschreiber, dem Funkverkehr, der Trümmersuche und sonstigen Auwertungen zusammen. Demnach war vor dem Unglücksflug ein Anstellwinkelgeber ausgetauscht worden, nachdem beim Flug zuvor eine Störung der Geschwindigkeitsanzeige aufgetreten war. Vor dem Start wurden die linke Staudrucksonde und die Sonde für den statischen Druck geprüft. Die Reinigung eines Steckkontaktes für den Höhenruderdruck-Computer schien das Problem beseitigt zu haben, ergab ein Bodentest.
Der Unglücksflug startete am 29. Oktober um 6.20 Uhr Ortszeit in Jakarta. Dabei registrierte der Datenschreiber einen Unterschied der Anstellwinkelmessung auf beiden Seiten von 20 Grad. Schon beim Abheben ging der linke "Stick Shaker" los, ein Warnrüttler am Steuerhorn, der vor gefährlich niedriger Fahrt warnt. Diese Warnung lief über die meiste Zeit des Fluges weiter. Der Kapitän erbat im Funk eine Geschwindigkeits- und Höhenmessung seitens der Flugsicherung und meldete Probleme mit der Steuerung. Nach dem Einfahren der Landeklappen registrierte der Datenschreiber wiederholte automatische Trimmkommandos in Richtung "buglastig", auf die manuelle Trimmeingaben der Crew in gegenläufiger Richtung "hecklastig" folgten. Die Crew setzte daraufhin fünf Grad Klappen, woraufhin die automatischen Trimmkommandos endeten. Nachdem die Crew die Klappen wieder einfuhr, begann die Trimmautomatik, bis zum Absturz, erneut "buglastig" zu trimmen. Der Stimmenrekorder konnte noch nicht gefunden werden.
Die ersten Sicherheitsempfehlungen des KNKT lauten, den Flug sofort abzubrechen, wenn mechanische, elektrische oder strukturelle Störungen auftreten. Mit dem Anspringen des Stick Shakers schon beim Abheben sei hier ein solches Abbruchkriterium erfüllt gewesen. Das Flugzeug sei mit dieser Störung nicht lufttüchtig. Die Betriebshandbücher sollten verschärft werden und die Piloten bei dieser Entscheidungsfindung unterstützen.
Außerdem ermittelte das KNKT, dass das Weight-and-Balance-Sheet, also die Ladepapiere, fünf Flugbegleiter und 181 Passagiere, ein Kind und zwei Kleinkinder an Bord verzeichneten, während tatsächlich sechs Flugbegleiter an Bord gewesen seien. Dies deute auf eine nicht dem tatsächlichen Flug entsprechende Berechnung hin. Alle Unterlagen müssten genau geführt und dokumentiert werden, so das KNKT.
Boeing reagierte auf die Veröffentlichung mit der Feststellung, es sei unklar, ob die Piloten die vorgeschriebene Checkliste für "Runaway Trim Stabilizer" abgearbeitet hätten, wie ihre Kollegen auf dem vorherigen Flug. Zu dieser Checkliste gehört das komplette Abschalten der automatischen Trimmung an zwei Schaltern auf der Mittelkonsole, so dass dann nur noch eine manuelle Trimmung mit mechanischen Handrädern verbleibt.
Boeing hatte bei der 737 MAX ein neues Trimm-Hilfssystem "MCAS" eingeführt, das für ein exakt gleiches Handling der 737 MAX wie bei einer 737 NG sorgen soll. Es greift im Hintergrund automatisch im manuellen Langsamflug ein, um bei drohendem Strömungsabriss die Nase des Flugzeugs durch starkes, automatisches Abwärtstrimmen nach unten zu bringen. Durch die Störung des Anstellwinkelgebers könnte das System hier irrtümlich angesprungen sein, ohne dass tatsächlich eine zu geringe Geschwindigkeit vorlag. Die Piloten hätten das System dennoch gemeinsam mit dem Abschalten jeglicher automatischer Trimmung abschalten können. Mehrere US-Pilotenverbände hatten sich beschwert, sie seien über das mit der MAX eingeführte, neue System MCAS nicht informiert gewesen.
Nach neuesten Informationen der FLUG REVUE arbeitet Boeing bereits an einer verbesserten Software des Systems MCAS. Dann soll das Anspringen der Automatik noch strenger mit anderen Sensoren abgeglichen werden, so dass MCAS nur noch im Langsamflug direkt vor einem drohenden Strömungsabriss anspringt, wenn es unmittelbar erforderlich ist. Für das komplett im Hintergrund arbeitende, automatische System sei kein extra Training nötig, so Boeing.
Die Kräfte, die man braucht, um die Nase einer manuell extrem langsam fliegenden 737 MAX beim Gasgeben nach unten zu bringen sind so groß, dass Boeing hier keinen automatischen "Stick Pusher" einsetzt, der nur über die Höhenruderflosse wirkt, sondern einen automatischen Trimmimpuls, der über das gesamte Höhenleitwerk wirkt und damit deutlich stärker ausfällt.




