Diese Landung am 2. Dezember 2016 auf dem Flughafen Paris-Charles de Gaulle markierte einen gleich dreifachen Meilenstein: den ersten Dreamliner im Bestand von Air France, den 50. Dreamliner im Eigentum der Leasingfirma AerCap und den 500. bei Boeing gebauten Dreamliner, sofern man die Prototypen mitrechnet.
„Die Boeing 787 markiert eine neue Stufe bei unserer Flottenmodernisierung, und sie wird unseren Kunden das Beste aus unserem Angebot offerieren“, schwärmte der neue Air-France-Vorstandschef Franck Terner von seinem geleasten Neuzugang. Für die Gruppe Air France KLM ist es bereits die neunte 787 im Gesamtbestand. Die Fluggesellschaft hat ihren neuesten Langstreckenjet, wie heute tpyisch, mit Wi-Fi an Bord, aber ohne Erste Klasse konfigurieren lassen. Die Business Class im Bug ist mit 30 Mini-Suiten und diagonal platzierten Schlafsesseln sehr komfortabel; 21 Sitze gibt es in der Premium Economy Class und 225 in der Economy Class. Ab dem 9. Januar wird der Dreamliner regulär zwischen Paris und Kairo eingesetzt werden. Im April 2017 folgt das nächste Flugzeug, welches ab Mai die Route von Paris nach Montreal bedienen wird. Die Gruppe Air France KLM hat insgesamt 18 Boeing 787-9 und sieben 787-10 fest bestellt und least weitere zwölf 787-9, darunter das aktuelle Flugzeug, über AerCap. Das niederländische Unternehmen ist mit 83 Bestellungen der größte Kunde der Boeing 787 in der gesamten Leasingbranche.
„Wir sind stolz, dass Air France dieses Meilenstein-Flugzeug einsetzen wird. Wir gratulieren aber auch AerCap zur 50. Boeing 787 und bedanken uns für das anhaltende Vertrauen in den Dreamliner“, sagte Boeing Vice-Chairman Ray Conner zur Übergabe. Conner hat entscheidenden Anteil daran, dass sich Boeings Langstreckenflugzeug heute endlich in ruhigem Fahrwasser bewegt. Gegenüber der Zeitung „Puget Sound Business Journal“ aus Seattle erinnerte er sich: „In Sachen 787 waren wir 2008 am Höhepunkt der Probleme angelangt. Wir sollten im Mai liefern und hatten immer noch Produktionsprobleme.
Meine neue Aufgabe war es, das Programm wieder auf Kurs zu bringen und mit allen Lieferanten Klartext zu reden.“ Conner bewies beim Umgang mit den Zulieferern, die vorher auf zahlreiche technische, Boeing-seitige Änderungen in letzter Sekunde Rücksicht nehmen mussten, viel Fingerspitzengefühl. Auch 2013 rettete Conner, nun als neuer Chef der Boeing-Zivilflugsparte, die Situation, als in kurzer Folge die Bordakkus japanischer Dreamliner überhitzten. In einer Serie von Konferenzen mit den Boeing-Ingenieuren zauberte er Änderungen an den Stromspeichern und eine feuerfeste Stahlbox mit „Überlauf“ ins Freie aus dem Ärmel. Die pragmatisch-rustikale Lösung überzeugte Kunden und Zulassungsbehörden. Der Dreamliner entging einem längeren Grounding.
Sparsamer und leiser

Boeings Hightech-Programm 787, mit 1210 festen Bestellungen nach Stück-zahl schon heute ein glänzender Verkaufserfolg, hat eine schwierige Kindheit hinter sich: Der Hersteller plante nach Abschluss des internen Forschungsprojekts „Yellowstone“ (Bernstein) den Schwenk hin zu leichteren und wirtschaftlicheren Zweistrahlern aus Kohlefaserverbundwerkstoff. Weil aber die komplette Umstellung der Fabriken und die Umschulung des Personals zu teuer geworden wären, suchte man sich externe Risikopartner als wesentliche Zulieferer, darunter die größten japanischen Industriekonzerne, aber auch viel kleinere und weniger erfahrene Partner. Ein enges Vertragskorsett sollte die Einhaltung des ehrgeizig kurz geplanten Programmhochlaufs mit Hilfe dieses globalen Liefernetzwerks erzwingen.
Doch schon beim gehetzten Roll-out des ersten, innen noch unvollständig ausgestatteten Prototyps am 8. Juli 2007 (US-Schreibweise: 7-8-7) wurde deutlich, dass sich der ambitionierte Zeitplan des auch im Hinblick auf die elektrische Systemarchitektur revolutionären Flugzeugs nicht würde halten lassen. Auch der Serienanlauf verspätete sich wegen zahlreicher Änderungen und unvollständiger Zulieferungen. Erst mit der gestreckten und verbesserten 787-9 fand Boeing endlich das erhoffte Erfolgsmodell. Kehrseite der Medaille sind die hohen Anlaufkosten des Programms, die sich angeblich auf 29 Milliarden Dollar summieren. Bei einer projektierten Absatzmenge von 1300 Flugzeugen müsste jeder dieser Jets mit einem relativ hohen Gewinn von 30 Millionen Dollar verkauft werden, um die Kosten einzuspielen. Anderenfalls müsste Boeing mehr Flugzeuge verkaufen.
Die Chancen dafür steigen: Gerade hat die Endmontage der ersten, nochmals gestreckten Version 787-10 in Charleston begonnen, und in Seattle startete bereits die erste Test-787-8 mit den Trent-1000-TEN-Triebwerken der 787-10. Boeing versucht, die enormen Investitionen auf eine ganze Familie umzulegen, und nutzt das Flügeldesign des Dreamliners sogar noch – angepasst – bei der neuen 777X mit. Auf lange Sicht geht der Hersteller beim 787-Programm deshalb von einer Rentabilität im üblichen Bereich aus. Dazu soll auch der aktuelle Produktionshochlauf auf zunächst 12 und dann 14 Flugzeuge im Monat beitragen, wobei Boeing anteilig immer mehr große Versionen verkaufen will, die margenstärker sind.
FLUG REVUE Ausgabe 02/2017