Den bevorstehenden Goldregen deutete Irans Verkehrsminister Abbas Akhoundi erstmals Mitte Januar gegenüber iranischen Medien an: Sein Land wolle nach der Aufhebung der UN-Sanktionen bei Airbus schon kurzfristig über 100 Flugzeuge bestellen. Man habe bereits seit Monaten mit westlichen Herstellern verhandelt und wolle auch Flugzeuge im Westen leasen. Der Iran hat seinen Bedarf an neuen Airlinern mit etwa 400 bis 500 Stück in den nächsten zehn Jahren umrissen. Die heutige Bestandsflotte von 250 Flugzeugen ist veraltet und zu klein. Etwa 100 davon stehen wegen Ersatzteilmangel zudem tatenlos am Boden. Entsprechend dringend sind Neubeschaffungen.
Airbus-Chef sagt Unterstützung zu

Schon am 28. Januar machte Irans Präsident Hassan Rouhani bei einem Staatsbesuch in Paris Nägel mit Köpfen: Die Gäste aus dem Iran unterzeichneten, in Anwesenheit von Frankreichs Präsident François Hollande, einen Vertrag mit Airbus, der die Beschaffung von 45 Standardrumpfflugzeugen und 73 Großraumflugzeugen vorsieht. Darunter sind 21 Airbus A320ceo, 24 Airbus A320-neo, 27 Airbus 330ceo, 18 Airbus A330neo, 16 Airbus A350-1000 und zwölf Airbus A380.
„Der Himmel ist für iranische Flugreisende wieder offen. Airbus ist stolz darauf, die iranische Zivilluftfahrt wieder im Kreise der internationalen Luftfahrtgemeinschaft willkommen zu heißen. Heute hat das Land einen wichtigen Schritt zur Erneuerung und Modernisierung der Zivilluftfahrt getan. Airbus steht bereit, den Iran auf diesem Weg zu unterstützen“, sagte Fabrice Brégier, President und CEO von Airbus.
Auch Boeing darf sich Hoffnungen machen

Noch führt Airbus den angekündigten Auftrag nicht in den Auftragslisten. Dass die Iraner die Flugzeuge tatsächlich abnehmen wollen und diese auch bezahlen können, steht aber fest. Denn mit dem Ende der Sanktionen sind auch gesperrte iranische Konten im Westen freigegeben worden, auf denen dreistellige Milliardenbeträge in harter Währung lagern. Der jüngste Airbus-Auftrag über 118 Flugzeuge käme nach Listenpreis auf einen Wert von 27 Milliarden Dollar.
Außerdem bedachten die Iraner den Regionalflugzeughersteller ATR mit einem Großauftrag: Hier wurden 20 Flugzeuge bestellt und 20 Optionen erteilt. Listenwert: eine Milliarde Euro.

Als dritte Säule ihrer ersten Auftragswelle vereinbarten die Iraner die Schulung von Piloten und Wartungspersonal sowie Unterstützung bei der Indienststellung und beim effizienten Betrieb der neuen Flugzeuge. Außerdem unterzeichnete der iranische Minister für Verkehrs- und Stadtentwicklung einen Kooperationsvertrag zur Modernisierung der Flugsicherung, der Flughäfen und des Flugbetriebs, zur Harmonisierung der Luftverkehrsvorschriften, zur technischen und theoretischen Ausbildung, zu Wartung, Instandsetzung und industrieller Zusammenarbeit. Natürlich kann sich auch Boeing Hoffnungen machen, den Iran bald wieder mit Verkehrsflugzeugen beliefern zu dürfen. Doch die USA halten noch nationale Sanktionen aufrecht. Immerhin erteilte die US-Regierung Boeing Ende Februar eine Verhandlungserlaubnis mit dem Iran. Für den eigentlichen Flugzeugverkauf bräuchte Boeing aber noch eine gesonderte Lizenz der US-Regierung.
Eine weitergehende Entspannung im lange verhärteten Verhältnis zwischen den USA und dem Iran halten Beobachter frühestens in der Amtsperiode des nächsten Präsidenten für wahrscheinlich.
FLUG REVUE Ausgabe 04/2016