Am vergangenen Sonnabend absolvierte das mit einer Druckkabine ausgestattete, zweisitzige Rekordflugzeug Perlan 2 bereits seinen 13. Testflug. Bei diesem wetterbedingt nur kurzen Aufstieg war ausnahmsweise Airbus-Konzernchef Tom Enders als Gast an Bord. Unter anderem Airbus fördert das -mit Flugzeug- insgesamt sieben Millionen Dollar teure Projekt. Es will einen neuen Höhenweltrekord für Flächenflugzeuge aufstellen und höher fliegen, als die militärischen Höhenflugzeuge U-2 und SR-71 mit Strahlantrieb jemals im Horizontalflug gekommen sind.
Als Antrieb für ihren Höhenrekord wollen die Segelflieger den sogenannten Wellenflug nutzen, der sich nur über bestimmten Gebirgen, in bestimmten Jahreszeiten, bei besonderen Großwetter- und Windlagen bildet. Dabei wird Wind über der Erdoberfläche nach oben abgelenkt und bildet weit in die Höhe reichende, in wellenförmigen Schichten verlaufende Auf- und Abwindfelder. Gefürchtet sind dabei allerdings extreme Luftwirbel mit Turbulenzen und sogenannte "brechende Wellen", die Flugzeuge durch strukturelle Überlastung zerstören können.
Airbus verspricht sich von den auch als Forschungsflüge mit Datenaufzeichnung angelegten Rekordversuchen neue Erkenntnisse über die obere Atmosphäre, wo künftiger Hyperschall-Flug stattfinden würde. Auf 27430 Metern Höhe kommt die extrem dünne Atmosphäre der Erde physikalisch bereits der Marsatmosphäre nahe. Deshalb ergeben sich durch Perlan 2 auch für Marsflüge nutzbare Erkenntnisse.
Rekordversuche starten in Argentinien
Die Perlan-2-Rekordflüge sollen ab dem Spätsommer über Argentinien stattfinden. Die Nähe zur Polkappe und das Winterhalbjahr auf der Südhalbkugel sollen dann für Wellenaufwinde sorgen, die für Flüge oberhalb aller bisher erreichten Höhen ausreichen. Dabei soll das Flugzeug aus der Troposphäre durch die Tropopause in die Stratosphäre aufsteigen. Erst seit wenigen Jahren ist wissenschaftlich bekannt, dass auch dort oben überhaupt noch Wellenaufwinde auftreten können.
Die auf extreme Festigkeit und Beschleunigungswerte von plus sechs g und minus vier g ausgelegte Perlan 2 besteht aus Kohlefaser-Verbundwerkstoff. Ihre Piloten liegen in einer Druckkabine und atmen Sauerstoff aus sogenannten "Rebreather"-Geräten, die stundenlange Flüge ermöglichen. Aus Platzgründen wird in der sehr engen Rumpfröhre auf Astronautenanzüge verzichtet. Um in der dünnen Höhenluft noch genug Auftrieb zu erzielen, muss das Segelflugzeug mit der sehr hohen Geschwindigkeit von 644 km/h fliegen. Dazu nutzt die zehn Meter lange Perlan 2 einen speziell entwickelten Flügel mit natürlichem Laminarprofil und 25,6 Metern Spannweite.
Im Notfall kann das Flugzeug einen kleinen Stabilisierungsschirm am Heck auswerfen und im steilen Sturzflug in sichere Höhen absteigen. Falls keine normale Landung mehr möglich ist, kann hier noch ein zweiter, ballistischer Rettungsschirm ausgestoßen werden, an dem das gesamte Flugzeug mitsamt seinen Insassen auf die Erde sinken würde.