Neue Software für die 737 MAX soll irrtümliches Auslösen von MCAS verhindern

Trimmautomatik MCAS wird entschärft
Boeing erläutert 737 MAX-Verbesserungen

Veröffentlicht am 27.03.2019
Boeing erläutert 737 MAX-Verbesserungen
Foto: Boeing

Boeing präsentierte die neue Software am Mittwoch in Seattle vor 200 Vertretern von Kundenairlines, Zulassungbehörden und Regierungen, teilte Boeing-Produktentwicklungsvorstand Mike Sinnett bei einer Telefonkonferenz mit, an der auch die FLUG REVUE teilnahm. Für die Vorführung wurde die neue Software in einem Entwicklungssimulator installiert, der bei einem virtuellen Flug die Wirkungsweise demonstierte.

Neu ist ein Vergleich der Werte beider Anstellwinkelgeber an den Cockpitseiten miteinander. Falls die beiden Sensoren länger als zehn Sekunden mehr als 5,5 Grad voneinander abweichen, sperrt der Computer das MCAS-System für den Rest des Fluges. Damit soll jede irrtümliche Auslösung der MCAS-Trimmautomatik verhindert werden, die, nur beim besonders langsamen Flug ohne Klappen und Autopilot, durch akzentuiertes Eingreifen über die Höhenrudertrimmung die Nase des Flugzeugs automatisch herabsteuert. MCAS verhindert im Langsamflug einen drohenden Strömungsabriß.

Außerdem begrenzt Boeing beim Eingreifen der MCAS-Automatik deren Ausschlag, so dass die Piloten jederzeit die Wirkung der MCAS-Trimmung manuell durch Ziehen an der Steuersäule übersteuern können. Zudem wird MCAS höchstens ein einziges Mal pro Flug aktiv.

Falls die Anstellwinkelgeber unterschiedliche Werte zeigen sollten, erscheint im Primary Flight Display am unteren Rand rechts eine gelbe Warnanzeige „AoA disagree“ (Uneinheitliche Anstellwinkelmessung). Unser Foto zeigt diesen Zustand.

Auf Wunsch der Kunden können im Cockpit auch noch Anstellwinkelanzeigen eingeblendet werden (Blaues Viereck oben). Sie haben aber keine direkte Funktion für Cockpitverfahren und dienen nur der zusätzlichen Information. Nur etwa 20 Prozent der Kunden lassen sich diese Anstellwinkeldaten noch einmal extra einblenden.

Außerdem will Boeing das Pilotentraining verbessern und die Arbeitsweise von MCAS, das zum sogenannten „Speed Trim System“ der 737 MAX gehört, beim Umschulungstraining zwischen 737 NG und MAX sowohl im Computertraining als auch in mereren Technik-Handbüchern (CBT, FCOM bulletin, FOTB) ausführlich behandeln. Nur Piloten, die dieses aktualisierte Training durchlaufen haben, sollen wieder MAX fliegen dürfen, schlägt Boeing vor. Das Aufspielen der neuen Bord-Software in die Flugzeuge dauert etwa eine Stunde.

Nach der Präsentation seitens des Herstellers entscheiden allerdings unabhängig die Luftfahrtbehörden, darunter FAA und EASA, ob ihnen die Verbesserungen, die auf ersten Erkenntnissen aus dem Lion Air-Absturz in Indonesien beruhen, reichen. Zur Zeit ist die 737 MAX weltweit gegroundet. Flüge sind nur ohne Passagiere gestattet.

Laut Boeing ist das Flugverhalten der 737 MAX dem der 737 NG derartig ähnlich, dass die meisten Piloten keinerlei Unterschied in der Handhabung spüren würden. Änderungen der Anstellwinkelgeber seien nicht geplant, teilte Boeing auf Nachfrage der FLUG REVUE mit. Deren Bauart habe sich bewährt. Durch den neu eingeführten Vergleich der beiden Anstellwinkelgeber ändere man aber die Datenverarbeitung von diesen beiden Sensoren.