Keine Flüge, keine Passagiere: Was bislang in Berlin vor allem vom neuen Flughafen BER bekannt war, ist dank der Corona-Pandemie auch im Berliner Westen am Flughafen Tegel ein gewohntes Bild geworden. Der umtriebige Airport, nach dem Flugpionier Otto Lilienthal benannt und 1948 eröffnet, ist durch die Krise zum Geisterflughafen mutiert. Wo zuletzt jährlich 22 Millionen Passagiere sich durch überfüllte Terminals schoben, herrscht jetzt gähnende Leere. Auf dem Vorfeld parken reihenweise Flugzeuge der britischen Easyjet, die Triebwerke sind abgedeckt, Dutzende Vorfeldfahrzeuge stehen in Reih und Glied unterm Vordach.

Nur noch 17000 Passagiere
Eigentlich war die Schließung Tegels erst im November geplant – vorausgesetzt, der BER öffnet nach knapp einem Jahrzehnt Verspätung tatsächlich Ende Oktober seine Tore. Nun jedoch könnte die Corona-Krise das Ende vorwegnehmen: "Mit großer Mehrheit" hat der Aufsichtsrat der Berliner Flughäfen am Mittwoch beschlossen, den Flughafen Tegel spätestens zum 1. Juni, vorzugsweise aber noch im Mai, zu schließen. Zwar ist dabei zunächst nur von zwei Monaten Zwangspause die Rede, doch ob der Airport bis zur Öffnung des neuen Hauptstadtflughafens vor den Toren Berlins tatsächlich noch einmal benötigt wird, ist fraglich. In den ersten drei Aprilwochen fertigten die beiden Flughäfen Tegel und Schönefeld zusammen nur noch rund 17000 Passagiere ab. 2019 waren es im selben Zeitraum noch zwei Millionen gewesen. Dass sich an der Lage kurzfristig gravierend etwas ändert, glauben nicht einmal mehr die Optimisten. Gut möglich also, dass die Ära des Flughafens Tegel bald unrühmlich zu Ende geht – ein halbes Jahr früher als angedacht.
Schließung spart Steuergelder
Den Antrag auf Aussetzung der Betriebspflicht hat die FBB jedenfalls schon ans Luftfahrtbundesamt abgeschickt. Die Bundesregierung und die Landesregierungen von Brandenburg und Berlin hatten als Flughafeneigentümer dem Vorschlag des Aufsichtsrats zuvor zugestimmt. Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup betonte, es sei ihm schwer gefallen, die Schließung des Flughafens anzustreben. In seiner Verantwortung als Geschäftsführer sehe auch er jedoch keinen anderen Weg: "Mir geht es nicht darum, Tegel zu schließen, sondern den Steuerzahlern Kosten zu ersparen", machte Lütke Daldrup klar. Die Offenhaltung Tegels kostet laut FBB jeden Monat rund zehn Millionen Euro. Die Einstellung des Betriebs würde die monatlichen Kosten auf etwa drei Millionen Euro senken. Dieser Betrag fiele dafür an, den Airport weiter in Schuss zu halten. Ganz abschreiben möchte Lütke Daldrup Tegel nämlich noch nicht: "Wenn im Juni der Flugverkehr wieder zunimmt und der Flughafen gebraucht wird, gibt es natürlich keine Schließung."