Airbus ZEROe: Wie geht es weiter mit dem Wasserstoff-Airliner?

Airbus ZEROe Programm
Wie geht es weiter mit dem Wasserstoff-Airliner?

Veröffentlicht am 21.04.2025
Airbus A380 Propeller ZEROe Fuel-Cell-Engine-Demonstrator
Foto: Airbus

Vor fünf Jahren stellte Airbus drei Konzeptflugzeuge für emissionsfreies Fliegen vor, die bis 2035 in Dienst gestellt werden können. Doch daraus wird nichts, zumindest vorerst. "Das Wasserstoff-Ökosystem braucht mehr Zeit, um sich zu entwickeln", sagte Airbus-CEO Guillaume Faury im Februar. Faury spricht von einer Verspätung von fünf bis zehn Jahren. Dabei geht es um die Herstellung und Verteilung von grünem Wasserstoff, die nötige Infrastruktur am Boden und die regulatorischen Rahmenbedingungen. Technisch sei ein Wasserstoff-Flugzeug machbar, aber man müsse an der Wirtschaftlichkeit arbeiten. Man wolle keine "Concorde des Wasserstoffs", bekräftigte Faury Ende März beim Airbus Summit. Airbus will sich aber nicht komplett von Wasserstoff verabschieden. In den vergangenen Jahren hat sich ein vollelektrisches Flugzeug mit Brennstoffzellenantrieb als vielversprechendste Konfiguration erwiesen, darauf will der Flugzeughersteller nun seinen Fokus legen. Die mit der A380 MSN1 geplanten Flugtests mit einem Brennstoffzellenantrieb wurden allerdings gestrichen. Das Team, das an dem Thema arbeitet, wird verkleinert und das Budget gekürzt. Immerhin: Für 2027 sind Bodentests mit einem kompletten Brennstoffzellenantrieb inklusive Tank und Verteilungssytem geplant.

Airbus A380 Propeller ZEROe Fuel-Cell-Engine-Demonstrator
Airbus

Ende für H2-Forschung?

Was mit den von Airbus und CFM International im Februar 2022 angekündigten Testflügen eines für die Verbrennung von Wasserstoff modifizierten Passport-Triebwerks von GE Aerospace an einer A380 passiert, ist unklar. Airbus antwortete nicht auf eine Anfrage der FLUG REVUE. Ein CFM-Sprecher teilte mit: "CFM International arbeitet weiter an der Entwicklung von Technologien für ein Flugzeugtriebwerk mit Wasserstoffverbrennung." Es sei eine von mehreren Technologien, die im Rahmen des RISE-Programms (Revolutionary Innovation for Sustainable Engines) entwickelt würden. Dazu gehören auch neue Triebwerksarchitekturen wie der Open Fan, hybrid-elektrische Systeme und die Kompatibilität mit nachhaltigem Flugkraftstoff. Vor dem Hintergrund von Airbus’ künftigem Schwerpunkt auf Brennstoffzellen muss man davon ausgehen, dass die Passport-Testflüge nicht stattfinden.

Das europäische Luftfahrtforschungsprogramm Clean Aviation fördert mehrere Projekte im Rahmen der Phase 1 seiner Wasserstoff-Flugzeugforschungs-Säule. Eines davon ist CAVENDISH (Consortium for the advent of aero-engine demonstration and aircraft integration strategy with hydrogen), das von Rolls-Royce geleitet wird und an dem unter anderem das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) mitarbeitet. Ziel des Projekts ist es, ein wasserstoffbetriebenes Triebwerk am Boden zu demonstrieren und später Flugtests durchzuführen. Zu CAVENDISH gehört auch die Entwicklung eines Dual-Fuel-Verbrennungssystems, das flüssige Kraftstoffe wie (synthetisches) Kerosin und Wasserstoff nutzen kann. 2025 begann für Clean Aviation die Phase 2, die der Ausreifung von Technologien durch integrierte Demonstration dient. In der jüngsten Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen im Februar war Wasserstoff nur in geringem Umfang vertreten, für spätere Calls war aber durchaus mehr geplant. Ob es dabei bleiben wird, ist ungewiss. "Clean Aviation setzt die Umsetzung seiner Strategischen Forschungs- und Innovationsagenda (SRIA) fort, einschließlich der Elemente, die sich auf H2-getriebene Flugzeuge beziehen. Die Festlegung des detaillierten Inhalts unserer künftigen Aufforderungen 4 (März 2026) und 5 (März 2027) wird in den kommenden Monaten in enger Zusammenarbeit mit unseren Mitgliedern fortgesetzt", sagte eine Clean-Aviation-Sprecherin auf Anfrage der FLUG REVUE.

Rolls-Royce hat sich in den vergangenen Jahren auch außerhalb von Clean Aviation mit Wasserstoff beschäftigt. Auf der Farnborough International Airshow 2022 kündigte der britische Triebwerkshersteller zusammen mit EasyJet ein Wasserstoffprogramm an, das mehrere Prüfstands- und Triebwerkstest umfasst. Im Herbst 2022 wurde ein umgebautes AE-2100A-Turboproptriebwerk erfolgreich auf einem Außenprüfstand des britischen Verteidigungsministeriums in Boscombe Down mit Wasserstoff betrieben.

Konzept eines Lufttaxis mit Brennstoffzellen-Antrieb von Joby Aviation
Joby Aviation

Fokus auf SAF?

Geplant sind Ende dieses Jahres Tests mit einem modifizierten Pearl-15-Business-Jet-Triebwerk in Stennis, Mississippi. "Wir setzen unsere Arbeit zur Entwicklung wasserstoffkompatibler Technologien mit EasyJet dieses Jahr fort. Dies ist Teil unserer umfassenderen Energiewende-Strategie. Unsere Priorität bleibt es, unsere Triebwerke so effizient wie möglich zu machen und nachhaltige Flugkraftstoffe zu unterstützen", so ein Unternehmenssprecher gegenüber der FLUG REVUE. "Die Schaffung einer Infrastruktur für die Erzeugung und Verteilung von Wasserstoff war schon immer eine der größten Herausforderungen für diesen Kraftstoff", sagt Michael Winter, Chefwissenschaftler bei RTX, der Muttergesellschaft von Pratt & Whitney. Der US-Konzern will aber auch in Zukunft an alternativen Treibstoffquellen wie Wasserstoff forschen. "Während Konzepte wie HySIITE [ein revolutionärer Wasserstoff-Turbofan mit Wasserdampfeinspritzung; d. Red.] längerfristig angelegt sind, erforschen wir auch Lösungen für die Zwischenzeit, die als Sprungbrett für die Entwicklung der wasserstoffbetriebenen Luftfahrt dienen könnten. So konzentriert sich beispielsweise das HyADES-Projekt von Pratt & Whitney Canada auf regionale Turboprop-Anwendungen."

Wasserstofftest von Rolls-Royce in Boscombe
Rolls-Royce

Brennstoffzellen-Power

Für MTU Aero Engines ist Airbus’ Fokus auf Brennstoffzellenantriebe möglicherweise vorteilhaft. Denn der Münchner Triebwerkshersteller arbeitet seit einigen Jahren selbst an einer fliegenden Brennstoffzelle, unter anderem auch im Clean-Aviation-Projekt HEROPS (Hydrogen-Electric Zero Emission Propulsion System). "Wir sehen uns mit unserer Entwicklung der Flying Fuel Cell auf gutem Wege", sagt der MTU-Vorstandsvorsitzende Lars Wagner, der im Lauf des Jahres als Chef der Verkehrsflugzeugsparte zu Airbus wechselt. Gleichwohl werde man den Markt beobachten. Wagner sieht Wasserstoff jedoch als unabdingbar, um den CO2-Ausstoß der Luftfahrt zu verringern, ob als Treibstoff selbst oder für die Herstellung von synthetischem Kerosin. MTU hat nach eigenen Angaben mit der Brennstoffzelle alle Meilensteine für 2024 erreicht. Dazu gehörten mehrwöchige Tests mit dem Treibstoffsystem mit flüssigem Wasserstoff im Herbst. "Wir haben zum ersten Mal das Ziel, 2026 einen sogenannten FullSystem Demonstrator zu erproben." MTU hat im vergangenen Jahr von geplanten Flugtests eines 500-kW-Brennstoffzellenantriebs an einer Dornier 228 des DLR abgesehen. Stattdessen soll der Demonstrator an einem Fahrzeug am Boden erprobt werden.

Neben den etablierten Triebwerksherstellern arbeiten weltweit auch einige Start-ups an Brennstoffzellenantrieben. Dazu gehört das deutsche Unternehmen H2FLY, eine Tochterfirma der US-amerikanischen Joby Aviation, die senkrecht startende und landende Elektroflugzeuge entwickelt. Im Sommer 2024 flog ein mit einem H2FLY-Brennstoffzellenantrieb ausgestatteter Lufftaxi-Demonstrator ferngesteuert über eine Strecke von 840 Kilometern. "Wir setzen unsere Aktivitäten im Bereich wasserstoffelektrischer Antriebssysteme konsequent fort und konzentrieren uns in diesem Jahr auf die Weiterentwicklung der nächsten Generation unseres H2F-175-Brennstoffzellensystems mit dem Ziel der Marktreife", sagt der H2FLY-CEO Ralph Müller. Der Fokus liege zunächst auf kleineren Flugzeuganwendungen. "Aus unserer Sicht erfordern wasserstoffelektrische Antriebe für Großraumflugzeuge neue Flugzeugkonzepte wie das Blended-Wing-Body-Design, um eine optimale Integration des neuen Antriebssystems zu ermöglichen", so Müller. Es sei nachvollziehbar, dass die Entwicklung solcher Konzepte aufgrund der vielen Neuerungen mehr Zeit in Anspruch nehme. "Dies führt zu Verzögerungen, ändert aber nichts am übergeordneten Ziel einer nachhaltigeren Luftfahrt. Entscheidend wird sein, dass die Branche ihre Transformation weiterhin konsequent vorantreibt – auch wenn einzelne Zeitpläne angepasst werden müssen."

Airbus ZEROe Brennstoffzellenflugzeug mit 4 Pods
Airbus

Übernächste Generation

Auch beim DLR sieht man Wasserstoff als Treibstoff für zivile Passagierflugzeuge erst ab Mitte des Jahrhunderts als realistische Option. "Wir sind nicht so schnell in der Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff. Es fehlt an ausreichenden Mengen und einem Verteilnetz, das bis zu den Flughäfen reicht. In der Zwischenzeit ist es wichtig, weiter intensive Forschungsarbeit zu leisten, um Wasserstoff in kleineren Flugzeugen zu testen, etwa für regionale Flüge, um die Anwendungsmöglichkeiten dann auf größere Flugzeuge zu erweitern", sagt der DLR-Bereichsvorstand Luftfahrt Dr. Markus Fischer. Das DLR will entsprechend seiner Strategie für die klimaverträgliche Luftfahrt weiter intensiv an diesen Themen forschen. Fischer ist überzeugt, dass die nächste Flugzeuggeneration von alternativen nachhaltigen Kraftstoffen angetrieben wird, in der übernächsten Generation werde es dann Wasserstoff-Flugzeuge geben. "Die Nachhaltigkeitsbemühungen der Branche sind weiter groß. Beide Pfade führen uns in diese Richtung", sagt Fischer.