Im Ben-T.-Zinn-Verbrennungslabor des Georgia Institute of Technology in Atlanta, Georgia, hat Boom Supersonic kürzlich eine Einspritzdüse seines in der Entwicklung befindlichen Symphony-Triebwerks erstmals getestet. In den kommenden Monaten sollen wöchentlich Tests mit der Einspritzdüse unter verschiedenen simulierten Flugbedingungen durchgeführt werden. Die dabei gewonnenen Daten sollen helfen, das Brennkammerdesign zu validieren, so Boom Supersonic in einem Blogbeitrag. Das alles dient der Vorbereitung für den ersten Bodenlauf des Kerntriebwerks im kommenden Jahr.
Die Herausforderung liege darin, dass der Brenner unter den unterschiedlichsten Bedingungen – vom Leerlauf bis zum Überschallflug – in Betrieb bleiben und dabei so sauber arbeiten muss, dass er die Leistungsanforderungen und Emissionsstandards erfüllt. "Wir beginnen im Grunde genommen bei Null mit der Konstruktion einer Einspritzdüse und einer Brennkammer", so Dr. Nishant Jain, leitender Triebwerksingenieur bei Boom.
Für die Tests in Atlanta taten sich Boom-Ingenieure mit Forschern der Georgia Tech zusammen, um ein spezielles Test-Rig für die einzelne, 3D-gedruckte Einspritzdüse und die Brennkammer aufzubauen. Dass man nur eine einzelne Einspritzdüse nimmt, hilft den Ingenieuren nach Angaben von Boom dabei, Details zu untersuchen, die in einem kompletten Triebwerk kaum sichtbar seien. "Isolierte Testläufe wie der Test mit einer einzigen Kraftstoffdüse ermöglichen es uns, mehr Messgeräte und fortschrittliche optische Diagnosetechniken einzusetzen, um Einblicke in Bereiche zu gewinnen, die wir bei Tests mit vollständigen Triebwerken nicht ohne Weiteres untersuchen können", so Kevin Song, Leiter der "Hot Section" (Brennkammer, Turbine, Düse) bei Boom. Interessant für die Ingenieure sind beispielsweise die Flammenform, Emissionen und die Zündung. Bereits im Juni 2024 hatte Boom mitgeteilt, dass man mit Rig-Tests begonnen habe. Zunächst stand die Aerodynamik der Brennkammer im Fokus.
Kein Triebwerkshersteller will mitmachen
2026 will Boom das Symphony-Kerntriebwerk am Colorado Air and Space Port in Watkins erstmals am Boden testen. Es umfasst die Hochdruckwelle, auf der Turbine und Verdichter sitzen, sowie die Brennkammer. Das Kerntriebwerk ist nach Angaben von Boom 3,66 Meter lang und hat einen Durchmesser von 1,22 Metern.
Der Einstieg in die Triebwerksentwicklung ergab sich für Boom Supersonic aus der Not heraus. Das US-Unternehmen fand keinen Triebwerkshersteller, der sich am geplanten Überschalljet Overture beteiligen wollte. 2020 hatten Boom und Rolls-Royce zunächst vereinbart, bei der Suche nach einem geeigneten Antrieb zusammenzuarbeiten, doch der britische Triebwerkshersteller zog sich zwei Jahre später zurück. Schließlich gab Boom 2022 bekannt, dass man zusammen mit den Zulieferern Florida Turbine Technologies (FTT, ein Geschäftsbereich von Kratos), GE Additive und StandardAero gemeinsam einen eigenen Turbofan entwickeln wolle. Symphony soll keinen Nachbrenner haben. Geplant ist ein mittleres Nebenstromverhältnis und ein Startschub von rund 178 kN.
Boom Supersonic will mit der Overture einen verkleinerten Concorde-Nachfolger entwickeln. Der Überschalljet soll mit einer Reisegeschwindigkeit von Mach 1,7 unterwegs sein und eine Reichweite von rund 7800 Kilometern haben. 60 bis 80 Passagiere sollen in der Overture Platz finden.
Als Baustein in der Entwicklung hat Boom den kleinen, einsitzigen Demonstrator XB-1 aufgebaut. Er ist im März 2024 erstmals geflogen und hat bei späteren Flügen als erstes Zivilflugzeug seit der Concorde die Schallmauer durchbrochen. Nach 13 Testflügen stellte Boom die XB-1, auch "Baby Boom" genannt, im Februar 2025 außer Dienst.





