Genau zwei Jahre ist es her, dass MTU Aero Engines und Safran Helicopter Engines auf der Paris Air Show 2023 ihre Zusammenarbeit bei der Entwicklung eines neuen, vollständig europäischen Triebwerks für die nächste europäische Militärhubschraubergeneration (European Next Generation Helicopter Engine, ENGHE) bekanntgaben. Im vergangenen Jahr gründeten die beiden Triebwerkshersteller ein Joint-Venture namens EURA (European Military Rotorcraft Engine Alliance). Auf der Pariser Luftfahrtmesse wurde nun eine neue Partnerschaft verkündet: die italienische GE-Tochter Avio Aero wird dritter Partner im EURA-Bunde. Am Mittwoch setzten Michael Schreyögg, Programmvorstand bei der MTU Aero Engines, Cédric Goubet, CEO von Safran Helicopter Engines, und Riccardo Procacci, Chef von Avio Aero, ihre Unterschriften unter die Kooperationsvereinbarung.

Cédric Goubet, CEO von Safran Helicopter Engines, Riccardo Procacci, CEO von Avio Aero, und Michael Schreyögg, Programmvorstand bei der MTU Aero Engines, bei der Unterzeichnung der Kooperationsvereinbarung.
Noch gibt es keinen entsprechenden Drehflügler für das anvisierte Triebwerk. Konzepte dafür entstehen im Rahmen des vom Europäischen Verteidigungsfonds (EDF) mit fast 100 Millionen Euro geförderten Projekts "European Next Generation Rotorcraft Technologies" (ENGRT). Untersucht werden in der sogenannten Phase II von Airbus Helicopters und Leonardo drei verschiedene Entwürfe: ein konventioneller Hubschrauber, ein Verbundhubschrauber mit (Stummel-)Flügeln und zusätzlichen Propellern sowie ein Kippflügler. Die Entwicklung eines leistungsstarken und effizienten Triebwerks durch EURA wird in einer ersten Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen ebenfalls vom EDF mit zunächst 25 Millionen Euro unterstützt.
Stärkstes europäisches Hubschraubertriebwerk
Auf der Paris Air Show zeigten die MTU und Safran erstmals ein Mockup des neuen Triebwerks. In der Ausschreibung des Europäischen Verteidigungsfonds ist die Rede von mindestens 3000 Wellen-PS. EURA bereitet sich aber auf eine geforderte Leistung zwischen 4000 und 5500 Wellen-PS vor. So stark ist bisher kein in Europa entwickeltes Hubschraubertriebwerk.
Auch sonst muss ein solches Triebwerk einiges können. Der Bedarf an elektrischer Leistung wird nach Einschätzung von EURA höher sein als bisher. Denn Rechner an Bord, Funkverbindungen zu Drohnen und zu anderen Datenquellen sowie künftige Energiewaffen sind wahre Stromfresser. Ein oder eventuell sogar zwei große Generatoren werden einen Teil der mechanischen Energie des Triebwerks in elektrische umwandeln. Und auch die Anforderungen an die Kühlleistung werden wegen der steigenden Zahl an Verbrauchern an Bord zunehmen.
Aktuell finden Konzeptstudien und die Triebwerksvorauslegung auf analytischer Ebene statt. Dabei werden verschiedene Architekturen betrachtet und schließlich miteinander verglichen. "Außerdem tauschen wir uns intensiv mit Plattformherstellern und den Kunden aus", sagt Wolfgang Gärtner, EURA-Geschäftsführer und MTU-Programmleiter für zukünftige Hubschrauberantriebe. Denn die Detailanforderungen des neuen Triebwerks sind noch nicht bekannt.
Nach den ersten, vom EDF finanziell unterstützten Konzeptstudien will EURA die nächste Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen vorantreiben. Bis 2032/33 soll ein Demonstrator auf dem Prüfstand getestet werden, um das Zusammenspiel der verschiedenen Neuerungen auszuprobieren und die Technologiereife zu belegen. Ab 2033 könnte dann ein Entwicklungsprogramm folgen. Zulassung und Indienststellung sind nach 2040 angedacht.