TP400-D6-Prüfstand in Ludwigsfelde
Wo das A400M-Triebwerk laufen lernt

Der weltweit einzige Prüfstand für TP400-D6-Serientriebwerke steht in Brandenburg. Dort wurde vor kurzem der 1000. Triebwerkstest absolviert.

Wo das A400M-Triebwerk laufen lernt
Foto: MTU Aero Engines

Bevor ein neues Exemplar des mit 8250 kW (mehr als 11.000 Wellen-PS) stärksten Turboprop-Triebwerks der westlichen Welt ausgeliefert wird, muss es sich auf dem Prüfstand in Ludwigsfelde bei MTU Maintenance Berlin-Brandenburg beweisen. Rund fünf Stunden lang wird das TP400-D6 auf Herz und Nieren getestet. Bei den Abnahmeläufen des dreiwelligen Kraftprotzes stehen Leistung, Treibstoffverbrauch und Funktionsfähigkeit im Vordergrund.

Die mächtige Propellerturbine sieht dabei weniger beeindruckend aus, als wenn sie unter dem Flügel des Militärtransporters Airbus A400M hängt. Denn sie wird ohne ihren riesigen Acht-Blatt-Propeller mit 5,33 Metern Durchmesser getestet. Deshalb ist der Prüfstand im Vergleich zu einem für Turbofans auch deutlich kleiner. Das hat Vorteile: Die Propellerturbine kann einfacher eingerüstet werden und die Lärmemissionen sind geringer.

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Den erforderlichen Widerstand erzeugt im Prüfstand eine Wasserwirbelbremse. Sie wandelt die Bewegungsenergie der Antriebswelle des Triebwerks in Wärmeenergie um. Die Leistung des Triebwerks wird im Test ermittelt, indem die Drehzahl an der Welle der Wasserbremse und die Kraft durch eine seitlich am Korpus der Wasserbremse angebrachten Kraftmessdose gemessen wird.

Endmontage und Tests an unterschiedlichen Orten

Die Serientriebwerke, die in Ludwigsfelde getestet werden, haben bereits eine Reise quer durch Deutschland hinter sich. Denn sämtliche A400-Propellerturbinen werden 550 Kilometer südlich bei MTU Aero Engines in München endmontiert. Lastwagen transportieren die Triebwerke nachts von Bayern nach Brandenburg.

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Ursprünglich war neben dem Teststand auch die Endmontage in Ludwigsfelde geplant. Die ersten TP400-D6 wurden auch dort gebaut. Allerdings hat sich nach Angaben der MTU gezeigt, dass die Montage in München hinsichtlich Ressourcenverfügbarkeit, Synergien mit anderen Programmen und wegen der räumlichen Nähe zum Entwicklungsbereich vorteilhaft ist. Also zog die Produktion 2011 nach München um. Der Teststand, der im August 2005 fertiggestellt wurde, blieb in Ludwigsfelde.

In München werden zudem alle TP400-D6 der Luftwaffe instandgesetzte. Wie die neu gebauten müssen auch die instandgehaltenen Turboprops vor der Übergabe an den Kunden in Ludwigsfelde geprüft werden. Allerdings stehen weniger Tests auf dem Plan, weshalb sich die reine Testzeit auf drei Stunden verkürzt. Wie bei den Abnahmeläufen der Serientriebwerke müssen drei weitere Stunden für den Aufbau des Aggregats in der Testzelle und die Vorbereitungen gerechnet werden.

In Europa gibt es weitere Prüfstände, auf denen instandgesetzte TP400-D6 getestet werden: in Bristol (England) bei Rolls-Royce, in Bordeaux (Frankreich) beim Atelier industriel de l’aéronautique (AIA) und in Madrid (Spanien) bei ITP.

Erstlauf vor 17 Jahren in Ludwigsfelde

Das Konsortium Europrop International (MTU Aero Engines, Safran Aircraft Engines, Rolls-Royce und ITP) begann Anfang der 2000erJahre die Entwicklung des TP400-D6 für den viermotorigen Airbus-Militärtransporter A400M. Nur das in der Sowjetunion entwickelte Kusnezow NK-12 (maximal 15.000 Wellen-PS) und das ukrainische Iwtschenko Progress D-27 (mehr als 14.000 Wellen-PS) sind stärker.

Der Erstlauf des TP400-D6 erfolgte am 28. Oktober 2005 in Ludwigsfelde, der erste Flug an einer modifizierten Lockheed C-130 fand am 17. Dezember 2008 statt. 2011 erhielt das Turboprop-Triebwerk die Zulassung durch die europäische Flugsicherheitsagentur EASA. Nach einigen Schwierigkeiten sowohl beim Triebwerk als auch beim Flugzeug befinden sich 115 A400M im Einsatz bei acht Nationen (Stand 31. Januar 2023).

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