„Gefährdet Menschenleben!“
Russen und Ukrainer streiten um Hubschrauber-Wartung

Veröffentlicht am 10.12.2020

Russlands staatlicher Hubschrauberhersteller will, dass ukrainische Mechaniker die Finger von Afghanistans Mi-17 lassen. Was auf den ersten Blick klingt wie der Plot einer ziemlich stumpfen Seifenoper, birgt inhaltlich gehörig Sprengstoff. Konkret geht es bei dem Zwist um zwei Mi-17V-5 der afghanischen Luftwaffe. Die erhielt Afghanistan im Jahr 2014 zusammen mit 58 weiteren Exemplaren der modernisierten Mi-17-Variante. Bestellt wurden die Helikopter übrigens 2011 vom US Department of Defence – aber das nur der Vollständigkeit halber.

Modernisierte Mi-17-Variante

Besagte zwei Mi-17V-5 weilen seit Kurzem zur Wartung in der Ukraine. Eine ging zu Motor Sich nach Saporischschja, die zweite kam bei Aviakon in Konotop unter. Beide Betriebe sind durchaus erfahren beim Überholen diverser Mil-Hubschrauber und warten selbige unter anderem für das heimische Militär. Russian Helicopters spricht ihnen dennoch die Befähigung ab, die Mi-17V-5 der Afghanen ordnungsgemäß zu betreuen: "Die Überholung dieser Hubschrauber wird in Unternehmen durchgeführt, die die Überholung dieses Hubschraubertyps nicht in der vorgeschriebenen Weise beherrschen, da keine aktualisierte Reparatur- und Konstruktionsdokumentation, Ersatzteile oder Reparaturgruppensätze an diese Flugzeugreparaturbetriebe geliefert wurden", heißt es aus Russland.

"Unrechtmäßig"

Man komme nicht umhin, die Wartung der Helikopter in der Ukraine als "unrechtmäßig" anzusehen, "da sie ohne Beteiligung des Entwicklers (Mil & Kamow) und des Herstellers (Kazan Helicopters JSC) durchgeführt" würde. Dieses unzulässige Handeln gefährde "das Leben der amerikanischen und afghanischen Soldaten, die diese Hubschrauber bedienen", warnt Russian Helicopters. Man lehne deshalb künftig "jede Verantwortung für den weiteren sicheren Betrieb der genannten Hubschrauber ab" und werde "Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Wartung dieser Hubschrauber" verweigern.

Mi-17 in Afghanistan ein Auslaufmodell

Aus der Ukraine war zu den Vorwürfen bislang nichts zu hören. Auch ist unklar, ob Afghanistan die Wartung der Hubschrauber trotzdem wie geplant vornehmen lässt. Allerdings sollen die afghanischen Mi-17 ohnehin in den kommenden Jahren komplett durch Sikorsky UH-60 Blackhawk und Boeing CH-47 Chinook aus US-Beständen ersetzt werden. Spätestens dann dürfte sich das Problem also ohnehin erledigt haben – zumindest in dieser speziellen Angelegenheit, denn Russian Helicopters hat angekündigt, sowohl Motor Sich als auch Aviakon in die Liste derjenigen Unternehmen aufzunehmen, die ohne Authorisierung Wartungsarbeiten an russischen Hubschraubern vollführen.