In den 70er Jahren gewann die Idee von Stadtflughäfen immer mehr Anhänger. Doch für den Einsatz inmitten von Metropolen musste eine neue Klasse von strahlgetriebenen Verkehrsflugzeugen her, die sowohl leise im Betrieb als auch fähig zu kurzen Starts und Landungen sind. Viele Konstrukteure sahen die Lösung in der Nutzung des sogenannten Coanda-Effekts. Dieser besagt, dass der Gasstrom an der gekrümmten Flügelfläche anliegend bleibt und sich weitgehend verlustfrei über die Wölbung des Flügels fortsetzende Klappen ablenken lässt. So sorgt er für eine Beschleunigung der Strömung und höheren Auftrieb. Um dies zu erreichen, blies der Abgasstrahl der auf der Tragfläche angeordneten Triebwerke die Oberseite der Klappen an. Zusätzlich sollte die Beeinflussung der Grenzschicht an der Tragflächenvorderkanten und den Querrudern Strömungsabrisse bei höheren Anstellwinkeln verhindern. Das System wurde im Inneren der Triebwerksgondeln mit Zapfluft gespeist.

Die Grundlage für den Forschungsjet bildete die zweistrahlige Kawasaki C-1.
Militärtransporter als Basis
Natürlich machten sich die Forscher in den Supermächten an das Konzept: In den USA modifizierte die NASA im QSRA-Programm eine de Havilland Canada Buffalo, und Boeing baute die YC-14. In der Sowjetunion entwickelte Antonow die An-72. Aber auch Japan nahm ein ehrgeiziges Projekt in Angriff, um ein QSTOL-Forschungsflugzeug zu bauen (Quiet Short Take Off and Landing). Unter der Leitung des National Aerospace Laboratory (NAL) begann Ende der 70er Jahre die Entwicklung eines entsprechenden Entwurfs. Als Basis diente der komplett in Japan entstandene Jettransporter C-1 von Kawasaki. Er erhielt statt der bisherigen zwei JT8D von Pratt & Whitney vier ebenfalls aus dem Land der aufgehenden Sonne stammende Turbofans. Die Entwicklung des FJR710/600S hatte Anfang der 70er Jahre ebenfalls im Auftrag des NAL bei mehreren japanischen Firmen begonnen. Das Aggregat besaß ein Nebenstromverhältnis von 6.0:1 und wurde 1984 im Flug an einer C-1 der Japan Air Self-Defense Force getestet.
Nur 133 km/h im Anflug
Die Triebwerke waren jeweils versetzt auf der Tragfläche angeordnet. Die neugestalteten, angeblasenen Landeklappen und Grenzschichtbeeinflussung in Verbindung mit der digitalen Fly-by-Wire-Flugsteuerung sollten einen Anflugwinkel von sechs Grad und eine Anfluggeschwindigkeit von 133 km/h ermöglichen. Anfang April 1985 war die Endmontage bei Kawasaki Heavy Industries in Gifu abgeschlossen. Am 28. Oktober 1985 startete dann die nach einem antiken Vogel benannte "Asuka" (in manchen Dokumenten auch Aska genannt) in Gifu-Kamihara zu ihrem Jungfernflug. Nach 13 Flügen zur Feststellung der grundlegenden Flugtüchtigkeit übergab der Flugzeugbauer die Maschine an das NAL. Allerdings machten die neuen Triebwerke Probleme, sodass der Jet acht Monate am Boden bleiben musste. Das Brennkammer-Gehäuse wies kritische Risse auf. Erst am 3. Dezember 1986 konnte die Erprobung wieder beginnen. Aus Sicherheitsgründen durften die Besatzungen jedoch die Grenzschichtbeeinflussung nicht nutzen. Das System zapfte nämlich Luft aus dem Verdichter ab und sorgte für eine stärkere Beanspruchung der Antriebe.

Die Flugerprobung der Asuka begann am 28. Oktober 1985.
Messung mit Wattebäuschen
Erst nach einer entsprechenden Modifikation konnte der STOL-Betrieb beginnen. Der erste Einsatz dieser Art erfolgte am 25. März 1988 mit einer Startstrecke von 509 Metern auf eine Höhe von 15 Metern (Bodenstrecke 320 Meter). Die Landestrecke betrug 430 Meter (aus 15 Metern Höhe; reine Bodenstrecke 320 Meter). Zur Vermessung der Strömungen brachten die Techniker Wattebäusche auf der Tragfläche auf, die im Flug aus einem BK-117-Hubschrauber gefilmt wurden. Auch NASA-Testpiloten aus den USA nahmen am Steuer der Asuka Platz. Sie lobten dabei unter anderem die gute Längs- und Seitenstabilität in allen Flugzuständen. Die Flugerprobung endete im März 1989 nach 97 Flügen und 167 Flugstunden. Anschließend fand das Flugzeug einen würdigen Platz im Luftfahrtmuseum von Kakamigahara in Gifu. Von allen Flugzeugen dieser Art sollte es damit nur die An-72-Familie von Antonow zur Serienreife schaffen.

Die Asuka steht heute im Kakamigahara-Museum am Flugtestzentrum in Gifu.
Technische Daten
Antrieb: vier Ishikawajima-Harima FJR710/600S mit je 42,17 kN Schub
Länge: 29 m (ohne Bugsonde)
Spannweite: 30,6 m
Höhe: 10,3 m
Flügelfläche: 120,5 m²
Startmasse: 38700 kg
Max. Startmasse: 45000 kg
Landemasse: 38600 kg
Reisegeschwindigkeit: 480 km/h
Anfluggeschwindigkeit: 133 km/h
Reichweite: 1295 km