Kampfjet-Fiasko der USA: Senkrechtstarter XFV-12 konnte einfach nicht abheben

Die skurrilsten Flugzeuge der Welt: Rockwell XFV-12
Der Senkrechtstarter, der nicht abheben konnte

ArtikeldatumVeröffentlicht am 01.11.2025
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Zu Beginn der 70er Jahre schien der große Hype um senkrecht startende Flugzeuge etwas abgeebbt zu sein. Trotzdem ließ sich die US Navy vom Konzept eines überschallschnellen V/STOL-Jägers (Vertical/Short Take-off and Landing) überzeugen, der auf einer neuen Klasse von kleineren Flugzeugträgern eingesetzt werden sollte. Im Oktober 1972 erhielt Rockwell den Auftrag zum Bau von zwei entsprechenden Versuchsflugzeugen, die sich das Konzept einer "schubverstärkten" Tragfläche zu eigen machten.

Hier lenkte ein spezielles Leitungssystem die Triebwerksabgase in schwenkbare Elemente – den so genannten "Augmentors" – des Flügels und der großen Canards. Der so geschaffene Unterdruck erzeugte in der Theorie einen Sog, der den Luftfluss über die Auftriebsflächen erhöhte und so den Schub steigerte. Das Öffnen oder Schließen der einzelnen Augmentor-Klappen ermöglichte die Steuerung im Schwebeflug. Wie gesagt, in der Theorie. In der Praxis sollte das Ganze fatalerweise anders aussehen.

Rockwell XFV-12 in der Halle von der Seite
Rockwell

Teile von anderen Flugzeugen verwendet

Um die Kosten so niedrig wie möglich zu halten, kamen Komponenten bestehender Muster zum Einsatz wie der vordere Rumpf und das Fahrwerk der A-4 Skyhawk und die Lufteinläufe sowie der Flügelkasten der F-4 Phantom. Als Antrieb diente das sich in der Entwicklung für die Grumman F-14 Tomcat befindliche F401 von Pratt & Whitney, im Wesentlichen ein F100 mit größerem Bläser. Die Fertigstellung der zweiten Maschine sowie die Erprobung im konventionellen Flug fielen aber dem Rotstift der Marine zum Opfer, die sich aufgrund von Budgetüberschreitungen und Programmverspätungen nur noch auf die Erprobung im Senkrechtflug fokussierte.

Rockwell XFV-12 auf Gestell mit Triebwerksabgasen
Rockwell

Jet hebt einfach nicht ab

Schon vor dem Roll-out am 26. August 1977 in Columbus, Ohio, hatten erste Versuche darauf hingewiesen, dass sich das prognostizierte Schubniveau in der aktuellen Konfiguration nicht erreichen ließ. Trotzdem begannen Anfang 1978 die Fesselflugtests am 73 Meter hohen Gerüst der NASA in Langley. Aber die XFV-12A hob sich nur mit Hilfe eines Krans in die Luft. Für ein eigenständiges Aufsteigen reichte der Schub einfach nicht aus. Das Augmentor-System an sich funktionierte zwar, aber die Verluste in den Leitungen erwiesen sich als zu hoch. Daraufhin gab die US Navy das Projekt auf. Das gleiche Schicksal ereilte übrigens auch das F401-Triebwerk.

Technische Daten

Typ: Senkrechtstarter
Erstflug: -
Produktion: ein Exemplar
Verbleib: Cockpitsektion bei der NASA in Ohio eingelagert
Besatzung: 1
Antrieb: ein Pratt & Whitney F401-PW-400 mit 130 kN Schub
Länge: 13,39 m
Spannweite: 8,69 m
Höhe: 3,15 m
Leermasse: 6260 kg
Max. Startmasse: 11000 kg
Höchstgeschwindigkeit: Mach 2.2 (geplant)
Bewaffnung: M61-Kanone, AIM-7- und AIM-9-Flugkörper (geplant)

Titelbild "Die skurrilsten Flugzeuge der Welt"
Motorbuch Verlag

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