Geboren am 1. August 1907 in Spandau, wuchs Marga von Etzdorf (eigtl. Margarete Wolf, von Etzdorf war der Mädchenname der Mutter) in einer wohlhabenden preußischen Offiziersfamilie auf. Im Alter von nur vier Jahren wurde Marga Vollwaise, als ihre Eltern bei einem Unfall ums Leben kamen. Fortan wuchsen sie und ihre Schwester Ursula bei den Großeltern in Gehrden in der Niederlausitz auf. Ihr Großvater war der 1910 geadelte königlich preußische General der Infanterie Ulrich von Etzdorf. Seit 1920 führte sie offiziell den Namen von Etzdorf. Doch anstatt sich einem traditionellen Lebensweg zu widmen, zog es die sportliche Marga (sie ritt, focht und spielte Hockey) früh in die Luft. Schon als Kind begeisterte sie sich für die Fliegerei – ein Interesse, das in ihrer Familie auf Verständnis stieß. Ihr Großvater war Militärpilot gewesen, und auch sie wollte den Himmel erobern.

Als zweite Frau nach dem Ersten Weltkrieg erlangte Marga von Etzdorf 1927 ihre A2-Fluglizenz.
Die ersten Schritte einer Pionierin
In den 1920er Jahren gab es für Frauen nur wenige Möglichkeiten, eine Pilotenkarriere einzuschlagen. Dennoch setzte sich von Etzdorf durch. 1927 mit 19 Jahren begann sie ihre Ausbildung zur Pilotin und bestand nur vier Monate später im Dezember 1927 ihre Prüfung bei der Flugschule Bornemann in Berlin-Staaken. Nach Thea Rasche war sie die zweite Frau, die nach dem Ende des Ersten Weltkriegs die A2-Lizenz erhielt. Die B1-Lizenz und der Kunstflugschein folgten. Sie wurde wenig später die erste Frau, die als Berufspilotin bei der Deutschen Luft Hansa arbeitete. Allerdings durfte sie dort nur als Co-Pilotin fliegen, ohne Aussicht auf eine Kapitänsrolle. Dort kam sie das erste Mal mit der Firma Junkers in Berührung, als sie Routen wie Berlin–Breslau oder Berlin–Stuttgart–Basel auf der F13 flog. Den B2-Schein erwarb sie nach 10 000 bei der Luft Hansa und 5000 bei der Hamburger Luftverkehrsgesellschaft geflogenen Kilometern. Bei dem Erwerb wurde sie von Melitta Schiller unterstützt (spätere Melitta Schenk Gräfin von Stauffenberg), da Frauen bei der Deutschen Verkehrsfliegerschule nicht zugelassen waren. Natürlich bestand Marga die dreistündige mündliche Prüfung vor fünf Prüfern.

Mit ihrer robusten Konstruktion und guten Flugleistungen wurde die A50 zur idealen Maschine für Rekordflüge.
Die Junkers A50 Junior – Ein Flugzeug für Pioniere
Ihr Wunsch nach Unabhängigkeit wuchs. Sie beschloss daher 1930, ihre eigene Maschine zu erwerben, um neue Herausforderungen anzugehen. Ihre Wahl fiel auf die Junkers A50 Junior, ein revolutionäres Sport- und Reiseflugzeug, das 1928 von der Junkers Flugzeugwerk AG in Dessau entwickelt worden war und erstmals am 13. Februar 1929 flog. Das Besondere an diesem Flugzeug war seine moderne Ganzmetallbauweise – eine Seltenheit in einer Zeit, in der viele Leichtflugzeuge noch aus Holz bestanden und mit Stoff bespannt waren. Die Entwicklung der A50 wurde maßgeblich von Hermann Pohlmann (er war später auch für die Junkers Ju 87 zuständig) vorangetrieben, einem der talentiertesten Ingenieure bei Junkers. Pohlmann hatte bereits an der berühmten Junkers F13 mitgewirkt, dem ersten Ganzmetall-Verkehrsflugzeug der Welt. Mit der A50 wollte er ein leichtes, robustes und zugleich leistungsfähiges Flugzeug schaffen, das sich für Schulungs- und Rekordflüge eignete. Die ersten Versionen waren mit Armstrong-Siddeley-Genet-, Walter-, Genet-Major- oder Siemens-&-Halske-Sh-13-Motoren ausgerüstet. Die Tragflächen waren beiklappbar. Die Reichweite betrug rund 1000 Kilometer – beeindruckend für ein Flugzeug dieser Klasse. Die Steuerung war außergewöhnlich direkt, was das Flugzeug sowohl für Anfänger als auch für erfahrene Piloten attraktiv machte. Obwohl die A50 ursprünglich als Sportflugzeug für den Massenmarkt geplant war – Hugo Junkers wollte wie im Stil des Ford Model T ein echtes Volksflugzeug schaffen –wurden nur etwa 70 Exemplare gebaut. Gründe dafür waren der mit 16 200 Reichsmark relativ hohe Preis zum Beginn der Weltwirtschaftskrise und das aufziehende Dritte Reich. Hugo Junkers wurde 1933 von der NS-Regierung enteignet, da er Gegner des neuen Regimes war. Dennoch erlangte das Flugzeug durch die wagemutigen Flüge von Pionieren wie Marga von Etzdorf weltweite Bekanntheit.

Feierlicher Empfang in Tokio am 29. August 1931 – als erste Frau, die die Strecke allein meisterte, wurde Marga von Etzdorf als Heldin gefeiert.
Der Rekordflug nach Tokio – Ein Triumph mit Schattenseiten
Marga von Etzdorf war entschlossen, in die Luftfahrtgeschichte einzugehen. 1931 entschied sie sich für ein kühnes Unterfangen: einen Alleinflug von Berlin nach Tokio. Damit wollte sie sich nicht nur als Pilotin beweisen, sondern auch Sponsoren auf sich aufmerksam machen, um ihre weitere Karriere zu finanzieren. Die knallgelb lackierte Junkers A50 ce Junior (Genet-Major mit 74 kW) mit dem Namen "Kiek in die Welt" hatte die Werknummer 3519; das amtliche Kennzeichen D-1811 hatte sie bereits ein Jahr zuvor mit der Unterstützung ihrer Großeltern gekauft. Bevor Marga jedoch in die Welt starten sollte, führte sie Passagier- und Reklameflüge sowie verschiedene Langstreckenflüge in Europa durch. Die "Kiek in die Welt" erhielt schon zu diesem Zeitpunkt größere Tanks, um die Reichweite zu erhöhen. Am 18. August 1931 war es dann so weit: von Etzdorf startete ohne großes Aufsehen von Berlin-Staaken. Die Route führte sie über Osteuropa, die Türkei, Persien (den heutigen Iran), Britisch-Indien, Burma und China nach Japan. Es war eine immense Herausforderung – sowohl technisch als auch physisch. Während des Flugs hatte sie mit extremen Wetterbedingungen zu kämpfen. Sandstürme in der Wüste Irans, Monsunregen in Indien und unvorhersehbare Winde in China machten die Reise zu einem ständigen Kampf gegen die Elemente. Hinzu kamen Treibstoffprobleme und mechanische Defekte, die sie immer wieder zu Notlandungen zwangen. Doch trotz aller Hindernisse hielt sie an ihrem Plan fest. Nach 13 000 Kilometern und elf Flugtagen landete sie schließlich am 29. August 1931 in Tokio – als erste Frau der Welt, die diese Strecke allein bewältigt hatte. Die japanische Presse feierte sie als Heldin, und die Luftfahrtwelt war beeindruckt von ihrer Leistung. Doch die finanzielle Realität sah anders aus: Ihr Flug hatte ihre gesamten Ersparnisse aufgebraucht, und Sponsoren blieben aus. Sechs Wochen blieb sie in Japan, genoss den Ruhm, machte Sightseeing und bestieg Berge. Es schien alles perfekt zu sein und Marga war glücklich. Doch dieses Glück hielt nicht lang. Auf dem Rückflug von Japan steckte sie lange Zeit in China fest. Als sie weiterflog und nach einem Stopp in Bangkok wieder starten wollte, versagte in rund 80 Metern Höhe der Motor und sie stürzte ab. Die "Kiek in die Welt" wurde zerstört und Marga schwer verletzt. Ihr guter Ruf, dank des erfolgreichen Flugs nach Japan, war angekratzt. Sie fand keine neuen Sponsoren und brauchte dringend ein neues Flugzeug. Schließlich fand sie, nach 1933, doch einen Sponsor: den Waffenhersteller Haenel. Von Etzdorf wollte erneut hinaus in die Welt, diesmal nach Australien.

Marga von Etzdorf bahnte sich ihren Weg in einer von Männern dominierten Luftfahrt, ihre Erfolge bleiben unvergessen trotz ihres tragischen Endes.
Margas tragisches Ende
1933 startete sie mit einer Klemm KL 32 von Deutschland aus. Doch der Flug nahm eine tragische Wendung: Am 28. Mai 1933 landete sie in Aleppo, Syrien, und machte dabei leider erneut Bruch. Der Schaden war zwar ohne Zweifel reparabel, doch Marga ging in das Gästezimmer des Flughafengebäudes und erschoss sich. War es die Aussichtslosigkeit ihrer Lage? Der enorme Druck, sich immer wieder beweisen zu müssen? Oder die von den Franzosen (Syrien stand damals unter französischer Verwaltung) gefundene brisante Fracht – laut Recherche von Evelyn Crellin 2006 bestehend aus einer Maschinenpistole, Munition und Haenel-Waffenkatalogen – in ihrem Flugzeug? Margas tragisches Ende bleibt ein Rätsel, doch sie bleibt eine der großen Pionierinnen der Luftfahrt.
Zwei Legenden der Luftfahrt
Marga von Etzdorf war eine Ausnahmeerscheinung. In einer von Männern dominierten Luftfahrtwelt bewies sie Mut, Ausdauer und Können. Ihre Rekordflüge mit der Junkers A50 machten sie international bekannt, und ihr Tokio-Flug bleibt bis heute eine der großen Leistungen der frühen Luftfahrtgeschichte. Die Junkers A50, das Flugzeug, mit dem sie Geschichte schrieb, war ein herausragendes Werk deutscher Ingenieurskunst und diente vielen Piloten als Sprungbrett für wagemutige Abenteuer. Dank ihrer stabilen Konstruktion und ihrer ausgezeichneten Flugleistung konnte sie mehrere Weltrekorde aufstellen und half, die Sportfliegerei auf ein neues Niveau zu heben.