Die Entschlossenheit steht Peter Kielhorn ins Gesicht geschrieben. Auch nach acht Jahren hat sich daran nichts geändert, der Traum lebt weiter: die Do X soll wieder auferstehen. Und langsam aber sicher nimmt die Vision tatsächlich Gestalt an. Der Beweis dafür besteht aus Aluminium, ist satte sechs Meter hoch und 4,6 Meter breit. Es ist der erste Spant für den Nachbau des einst größten Flugboots der Welt – der Dornier Do X.
Damit erlebt das Projekt, die Gigantin vom Bodensee neu erstehen zu lassen, einen zentralen Meilenstein – ist dieser Spant doch die erste Frucht jahrelanger Vorarbeit: 2014 begannen Kielhorn und eine Handvoll Studenten der Dualen Hochschule Ravensburg damit, den detailgenauen Nachbau einer Dornier Do X vorzubereiten. Eine Mammutaufgabe im doppelten Sinne, denn das gigantische Flugboot war zu seiner Zeit nicht nur das größte Flugzeug der Welt. Es gab auch keine Baupläne mehr, die solch einen Nachbau ermöglicht hätten. In mühevoller Arbeit wühlten sich Kielhorn und seine Studenten durch Archive, suchten nach Fotos der originalen Do X, anhand derer sich das Flugboot rekonstruieren ließe – nicht nur als bloße Hülle, sondern so wie einst, Spant für Spant.

Ein Schatz aus St. Gallen
Im Staatsarchiv St. Gallen wurden sie fündig. Hier stießen sie auf fast 1.000 Fotos aus den 20er-Jahren, die den Bau der ersten Do X in Altenrhein am Bodensee bis ins Detail dokumentierten. Nun galt es, aus diesen Fotos Konstruktionsunterlagen zu errechnen. In all den Jahren kamen dabei mehr als 33.600 Arbeitsstunden zusammen, die insgesamt 112 Studenten der Dualen Hochschulen Ravensburg, Mosbach und Lörrach als freiwillige Projektarbeit neben ihrem Hauptstudium ableisteten. Unterdessen gründeten Kielhorn und weitere Do X-Fans einen eigenen Verein, der den Nachbau der Do X auf Basis der neu erstellten Pläne auch finanziell absichern soll. Der erste Spant, gefertigt bei der Firma Ali Storiche 57 in Ungarn, bildet nun den Startpunkt und den Grundstein dafür.

Der erste Spant – ein Meilenstein
Bei dem sechs Meter hohen Bauteil handelt es sich um Spant 44, den hinteren Abschluss des Vorschiffs. Er zeigt nicht nur eindrucksvoll die Dimensionen der Do X, sondern besitzt für Kielhorn und seinen Verein auch symbolisch einen hohen Wert – beweist er doch, dass ein 1:1-Nachbau des riesigen Flugboots dank der jahrelangen Vorarbeit tatsächlich möglich ist. "Das Bauteil entspricht zu 99 Prozent dem ursprünglichen Spant der Do X" unterstreicht Kielhorn. "Abweichungen werden nur durch Ungenauigkeiten in der Messung der genutzten Übersichtszeichnung und Bilder verursacht."
Es geht ums Geld
Spant 44 wird vorerst im Dornier Museum in Friedrichshafen ausgestellt. Er soll den Do X-Freunden dabei helfen, Gelder einzusammeln, damit der langgehegte Traum vom kompletten Nachbau wirklich wahr werden kann. Denn nun hängt es vor allem am Finanziellen, ob die Do X als begehbares Replikat wiederauferstehen wird. Deshalb haben Kielhorn und sein Team für ihr weiteres Vorgehen einen mehrstufigen Plan entwickelt. "Das Ergebnis der ersten Bauphase wird das Vorschiff der Do X sein", erklärt Kielhorn. "Es umfasst die Spanten 44 bis 58 und einen Anteil des Mittellängsträgers. Das ist das Rückgrat der Maschine." Als nächste Komponenten sollen Spant 55 und der Mittellängsträger des Vorschiffs gebaut werden. Die Zusammensetzung der Teile stellt sich der 66-jährige Diplom-Ingenieur in Form einer "gläsernen Werkstatt" vor, in der Interessierte sich über alle Baufortschritte informieren können.

Man muss es nur wollen...
Oberstes Ziel bleibt der begehbare Komplettnachbau der Do X – im Idealfall fertiggestellt bis zum 100. Jahrestag des Erstflugs der Gigantin am 12. Juli 1929. Dass das klappen kann, daran glaubt Peter Kielhorn nach wie vor – und holt sich zum Mutmachen Inspiration aus der Vergangenheit: "Wie sagte Graf Zeppelin einst? Man muss es nur wollen und daran glauben, dann wird es gelingen. Und ich will es unbedingt!"